Alte Sprüche

Ein Wort zum Montag, dem 4. September 2023

VON CORNELIA SENG

Ehrlich: manche Bibelsprüche kommen selbst mir verstaubt vor. Ich kenne sie fast mein ganzes Leben lang. Sind sie heutzutage veraltet? Zum Beispiel der Spruch aus dem 1.Petrusbrief (5,5b): “Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade”. Was soll so ein Spruch uns heute noch sagen?

Hochmut und Demut sind Wörter, die im normalen Sprachgebrauch kaum noch vorkommen. Sind mit den Wörtern die Lebenshaltungen dahinter auch in Vergessenheit geraten? 

Jesus erklärt Hochmut und Demut mit einer Geschichte (Lk 18,9-14). Vielleicht würde er sie heute so erzählen:

‘Stellt Euch zwei Männer vor. Der eine ist von sich und seiner Lebensleistung überzeugt. Er hat etwas geschafft im Leben, hat sich was aufgebaut. Darauf ist er stolz. Es ging ihm immer gut. Obwohl er absolut nichts dafür kann. Er konnte sich nicht aussuchen, wo er geboren wurde und auch nicht wann. Er hat zwei gesunde Arme und Beine, auch dafür kann er nichts. Er hat eben Glück gehabt, sagt er dann. Und trotzdem verachtet er andere, denen es nicht so gut geht wie ihm. Dass ihm das Beste im Leben nur “zugefallen” ist, kommt ihm nicht in den Sinn. Schließlich hat er alles richtig gemacht!

Der andere Mann ist leise. Er ist froh, dass er jetzt in einem Land leben darf, in dem die Gesetze für alle gelten. Und er hat sogar Arbeit gefunden! Welch eine Glück! Zwar vermutet er, dass bei seiner Arbeit nicht immer alles sauber zugeht. Er hat nicht nachgefragt, was er da transportieren soll. Hat er es sich zu einfach gemacht? Er hätte “Nein” sagen können, wenigstens manchmal. Sein Gewissen schlägt. Lebt er auf Kosten von anderen? Er hätte fairer sein können. Aufmerksamer. Und freundlicher. Was ist, wenn er eines Tages doch Rechenschaft abgeben muss – Rechenschaft vor dem Leben – vor Gott? Hat er dann sein Leben verwirkt? Geht dann der Daumen nach unten? Nein, verdient hat er das Leben nicht.’ 

Vielleicht würde Jesus die Geschichte heute so erzählen. Das Leben ist ein Geschenk.

“Statt zu klagen, dass wir nicht alles haben, was wir wollen, sollten wir lieber dankbar sein, dass wir nicht alles bekommen, was wir verdienen.” 

Das hat der Kabarettist und Schauspieler Dieter Hildebrandt gesagt.  –  Dass wir nicht alles bekommen, was wir verdienen, das ist Gnade. Davon leben wir.

Skulptur an der Stiftskirche in Bad Hersfeld

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