Die bereits im November und Dezember 2022 von den Räten der Städte und Gemeinden Bergisch Gladbach, Rösrath, Overath, Odenthal und Kürten sowie dem Kreistag des Rheinisch-Bergischen Kreises auf den Weg gebrachte Übergabe der Trägerschaft der beiden Bergisch Gladbacher Berufskollegs an den Rheinisch-Bergischen Kreis zum 1. Januar 2024, nimmt jetzt konkrete Formen an.
Zum Hintergrund: Für die Trägerschaft der Berufskollegs hatten die Städte und Gemeinden Bergisch Gladbach, Rösrath, Overath, Odenthal und Kürten einen Berufsschulzweckverband (BSV) gegründet, der bislang diese Aufgabe übernommen hat. Im Herbst des vergangenen Jahres waren die fünf Bürgermeister mit dem Vorschlag an den Kreis herangetreten, die Trägerschaft der beiden Berufskollegs zu übernehmen. Es wurden Ende letzten Jahres in allen Räten die erforderlichen Entscheidungen für den Übergang der Trägerschaft getroffen. In Nordrhein-Westfalen ist es der gesetzliche Regelfall, dass Berufskollegs von den kreisfreien Städten und Kreisen getragen werden, durch den Berufsschulzweckverband bildete der Rheinisch-Bergische Kreis hier bisher eine Ausnahme.
Seit der Entscheidung über die Grundsatzbeschlüsse wurden gemeinsam mit den beteiligten Kommunen sowie den jeweiligen Schulleitungen die erforderlichen Prozessschritte für die Übergabe der Trägerschaft vereinbart und viele wichtige Fragen wie Personal IT Gebäude und Finanzen umfangreich geklärt.
Nun geht der Prozess der Übergabe der Schulträgerschaft der Berufskollegs in die Zuständigkeit des Rheinisch-Bergischen Kreises in die nächste Runde. Ab Ende August bis Ende Dezember werden in den beteiligten Gremien die erforderlichen Beschlüsse für die Übergabe zum 1. Januar 2024 getroffen. Formal bedarf es eines Auflösungsbeschlusses des BSV, sowie der Bestätigungsbeschlüsse der beteiligten Stadt- bzw. Gemeinderäte und des Kreistages. Diese Beschlüsse werden nunmehr in den nächsten Wochen herbeigeführt. Durch eine enge interkommunale Zusammenarbeit konnte die Verwaltung des Rheinisch-Bergischen Kreises sowie die bisherigen Träger des Berufsschulzweckverbandes Bergisch Gladbach, Rösrath, Overath, Odenthal und Kürten das gemeinsame Projekt bereits weit voranbringen.
Es geht aber nicht ausschließlich um den Wechsel einer Trägerschaft, sondern entscheidend für diese weitreichende Veränderung ist, dass ein den Bedürfnissen der Betriebe und Auszubildenden entsprechendes Angebot bereits aktuell spürbar beeinträchtigt ist und in den Strukturen des Berufsschulzweckverbandes zukünftig nicht sichergestellt werden kann. Die negativen Auswirkungen bis hin zur in letzter Sekunde vorläufig vermiedenen Schließung von Fachklassen wegen Schülermangels und die damit verbundenen Gefahren für die duale Ausbildung im Rheinisch-Bergischen Kreis, sind bereits heute unübersehbar. Hier wollen alle gemeinsam entgegenwirken. Entscheidend ist daher, die Schulen und die berufliche Bildung als Motor für die Fachkräftesicherung der gesamten Region aktiv zu stärken.
„Durch die Übernahme der Berufskollegs kommt der Rheinisch-Bergische Kreis seiner Bildungsverantwortung für die Jugendlichen in der Region nach. Das Angebot der Berufskollegs muss den Unternehmen der Region die Möglichkeit bieten, ihre Nachwuchsfachkräfte auch zukünftig über die duale Ausbildung zu gewinnen und damit zukunftsfähig im Wettbewerb um junge Menschen zu sein.“, sagt Landrat Stephan Santelmann und: „Wir möchten den Jugendlichen bestmögliche Ausbildungsbedingungen eröffnen, um erfolgreich zu lernen und die ersten Schritte in eine erfolgreiche berufliche Zukunft zu gehen.“
In den nächsten Wochen beschließen die Räte der den Berufsschulzweckverband tragenden Kommunen den Wechsel der Trägerschaft durch dessen Auflösung. Der Rheinisch-Bergische Kreis wird dann in direkter Rechtsnachfolge neuer Schulträger, das bedeutet einen nahtlosen Übergang aller Rechte und Pflichten auf den Kreis. Die notwendigen Schritte für einen möglichst reibungslosen Übergang wurden unterdessen von den Beteiligten gemeinsam und in engem Schulterschluss erarbeitet: „Es ist sinnvoll, dass der Rheinisch-Bergische Kreis diese wichtige Zukunftsaufgabe übernimmt, da er das Know-how dafür besitzt und für die gesamte Region das Berufskollegangebot weiterentwickeln kann“ erläutert Gladbachs Bürgermeister Frank Stein.
Bestehende Fachklassen sichern, neue gewinnen Der Rheinisch-Bergische Kreis will künftig das derzeit viel zu geringe Angebot an zukunftsweisenden Fachklassen an den beiden Berufskollegs in Bergisch Gladbach ausbauen und damit dem Bedarf der Unternehmen in der Region und dem Arbeitsmarkt Rechnung tragen. Dies ist von großer Bedeutung, da derzeit rund 80 Prozent der Berufseinsteigerinnen und -einsteiger, die eine duale Ausbildung absolvieren, an ein Berufskolleg im Umland auspendeln. Der Grund dafür ist das fehlende Angebot an den hiesigen Berufskollegs. Dies birgt die Gefahr, dass die neuen Fachkräfte nach ihrer Ausbildung nicht im Rheinisch-Bergischen Kreis bleiben und für die regionale Wirtschaft verloren gehen. Ebenso steht auf der Agenda, die vorhandenen wichtigen Fachklassen zu sichern.
Entwicklungsplanung für Berufskollegs legt Grundstein für die nächsten Jahre Die Basis für eine erfolgreiche sowie leistungsstarke Bildungslandschaft will der Rheinisch-Bergische Kreis durch eine Berufskolleg-Entwicklungsplanung legen. Diese soll im Rahmen eines breit aufgestellten dialogischen Prozesses erarbeitet werden. Ziel ist es, dadurch das Entwicklungspotenzial für die kommenden Jahre aufzuzeigen sowie fundierte Entscheidungsgrundlagen für weitere Planungsprozesse zu legen. Die Planung nimmt dabei das gesamte Kreisgebiet in den Fokus und geht über den Einzugsbereich der beiden Bergisch Gladbacher Berufskollegs hinaus. Zudem plant der Kreis, gemeinsam mit den Kommunen und der Politik in eine Leitziel-Entwicklungsplanung einzusteigen. Gemeinsam sollen im Rahmen des „Pakts für die berufliche Bildung“ Visionen und Leitplanken für die Ausgestaltung der beruflichen Bildung im Kreisgebiet erarbeitet werden.
Viele Weichen bereits gestellt – Veränderungsbedarfe identifiziert Für einen reibungslosen Übergang zu Beginn des Jahres 2024 wurden von allen Beteiligten gemeinsam schon viele Weichen gestellt. Das Personal des Berufskollegs wechselt zur Kreisverwaltung und bietet mit seiner Expertise eine gute Basis für einen erfolgreichen Neustart. Die Ausstattung an IT-Geräten, die im Unterricht eingesetzt werden, soll auf Basis einer aktuellen Medien-Entwicklungsplanung gemeinsam mit den Schulleitungen weiter verbessert werden. Die Gebäude der beiden Berufskollegs der Stadt Bergisch Gladbach weisen unterdessen große Mängel auf. Dieser Status Quo wurde gemeinsam von der Stadt Bergisch Gladbach und dem Rheinisch-Bergischen Kreis ermittelt. Das aktuell erarbeitete Brandschutzgutachten dient der Stadt Bergisch Gladbach als zukünftige Vermieterin der Gebäude an den Kreis nun als Grundlage dafür, einen Maßnahmenplan festzulegen, um bauliche und technische Mängel schnellstmöglich zu beheben. Nach räumlichen Alternativen soll zukünftig gesucht werden.
Keine zusätzlichen Kosten für die fünf beteiligten Kommunen Finanziell kommen auf die fünf beteiligten Kommunen durch den Trägerwechsel keine höheren Kosten zu. Bereits im Jahr 2026 fließen nach der diesjährigen Musterrechnung rund 1,1 Millionen Euro mehr in das Berufsschulsystem als dies derzeit der Fall ist. Dies liegt daran, dass der Übergang der Trägerschaft auf den Kreis finanzielle Vorteile bringt, da das Land in dieser Konstellation höhere Zuweisungen für die Schülerinnen und Schüler zahlt, als dies bei der Trägerschaft eines Zweckverbands der Fall ist. Ferner steigt für den Rheinisch-Bergischen Kreis künftig auch die Schulpauschale, die der Kreis vom Land erhält.
Für die Jahre 2024 und 2025 geht der Rheinisch-Bergische Kreis von Aufwendungen in Höhe von rund 5,8 und 5,6 Millionen Euro aus. Dem stehen – vor allem durch eine differenzierte Kreisumlage der fünf Kommunen – Erträge von rund 5,2 bzw. 5,1 Millionen Euro gegenüber. Um das Defizit von jeweils rund 500.000 Euro in den Jahren 2024 und 2025 zu schließen, geht der Kreis in Vorleistung. Durch erhöhte Schlüsselzuweisungen ab dem Jahr 2026 kann dieses aber wieder ausgeglichen werden. Der Rheinisch-Bergische Kreis ist derzeit in Gesprächen mit dem Land, um diese Lücke, die aufgrund der ausgewöhnlichen Situation des Schulträgerwechsels entsteht, gegebenenfalls noch zu schließen.
„Als Ausbildungskreis setzen wir in Zusammenarbeit mit unseren kreisangehörigen Kommunen allerhöchste Priorität in die Ausbildung vor Ort“, betont Landrat Stephan Santelmann.