Kinderarmut

VON WOLFGANG HORN

Finanzminister Christian Lindner rechnet fürs nächste Jahr mit Steuereinnahmen in der Rekordhöhe von über einer Billion Euro. Das zusätzliche Geld will er in Schienenwege und Straßen, die Bundeswehr sowie die „Modernisierung von Handwerk, Mittelstand und Industrie“, Wirtschaftsförderung also, stecken.

Für die Einführung einer erhöhten Kindergrundsicherung reiche es nicht, so Lindner. Schließlich habe man ja mit der Erhöhung des Kindergeldes schon einiges getan, das müsse genügen.

Finanzminister Lindner steht nicht vor finanziellen Zwängen, sondern lehnt die „Umverteilung von Geld bei der Armutsbekämpfung“ ab.

Im Koalitionsvertrag hat die Koalition für das Projekt der Kindergrundsicherung als Ziel ausgegeben, man wolle „mehr Kinder aus der Armut holen“. Christian Lindner will es indes bei organisatorischen Änderungen belassen, so daß mehr bedürftigen Familien dazu verholfen wird, die ihnen zustehenden Leistungen auch zu beantragen.

Inflation und Pandemie verstärken die soziale Kluft in Deutschland. 81 Prozent des Vermögens, das hier in den Jahren 2020 und 2021 erwirtschaftet wurde, landeten beim reichsten Prozent der Bevölkerung. Dabei hatten schon vor Corona 45 einzelne Deutsche so viel besessen wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung.

Knapp drei Millionen Kinder und Jugendliche sowie 1,5 Millionen junge Erwachsene sind in Deutschland armutsgefährdet. Verene Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK und Sprecherin des Bündnisses Kindergrundsicherung: “Wir brauchen jetzt ein starkes Signal aus der Koalition. Eine ausreichend finanzierte Kindergrundsicherung ist richtig und wichtig. Kinder aus armen Familien können nicht länger warten.” Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes: “Die Ampel vertagt die Zukunft der Kinder auf den Sankt Nimmerleinstag. Für eine umfassende Reform der Familienleistungen ist es damit schon fast zu spät. Wenn 2025 die Kindergrundsicherung ausgezahlt werden soll, braucht es umfassende Gesetzesänderungen. Das braucht Zeit. Deshalb darf niemand in der Koalition auf Zeit spielen, sonst wird die Einführung einer Kindergrundsicherung in dieser Legislatur nicht gelingen.” Darüber kann und darf eine sozialdemokratische Partei, die kein bloßer Kanzlerwahlverein sein will, nicht schweigen. Deutschland ist ein kinderarmes Land, wenn der Bundeskanzler aus machtpolitischen Gründen dem FDP-Chef zur Seite steht.

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