Ein Wort zum Montag, dem 3. April 2023
VON CORNELIA SENG
„Bitte komm in mein Haus“ – immer wieder drängt mich die junge Frau, sie endlich zu besuchen. Zum gemeinsamen Essen. Vor etwa einem Jahr ist sie mit ihrer Familie aus Afghanistan gekommen. Ich habe die „Patenschaft“ übernommen zusammen mit den anderen Frauen aus der Gruppe der „Omas gegen rechts“. Bis jetzt haben drei von uns abwechselnd die Betreuung übernommen. Aber die junge Frau möchte nicht nur Betreuung bei Behördengängen. Sie möchte Gemeinschaft mit uns haben. Auch Tischgemeinschaft.
Von Jesus wird erzählt, dass er Tischgemeinschaften häufig und gern gepflegt hat. Er mochte es, mit anderen zusammen zu essen und zu trinken. Noch am Abend vor seiner Gefangennahme hat er das Passamahl – das Fest der Freiheit – zusammen mit seinen Jüngern gefeiert. Sie haben zusammen gegessen und getrunken. Und er hat versprochen, immer unter ihnen zu sein, – in ihrer Gemeinschaft. Daraus wurde die Feier des Abendmahls – die Eucharistie – in den Kirchen. Am Gründonnerstag in dieser Woche denken wir daran. Es ist eine Feier der Gemeinschaft mit Jesus und untereinander. Man kann nicht Christ sein, ohne die Gemeinschaft mit anderen.
Kennen Sie Dorothy Day? In diesem Jahr würde sie hundert Jahre alt. Sie gilt als Begründerin der Catholic Worker-Bewegung in den USA. Zur Catholic Worker-Bewegung gehören echte Hausgemeinschaften. Etwa 160 davon gibt es in den USA und zirka zehn in Europa. Die Bewohner*innen teilen alles, was sie haben. Dorothy Day hat ihre Wohnung mit obdachlosen und unter die Räder gekommenen Menschen geteilt. Und sie hat sich auch politisch dafür eingesetzt, dass die Strukturen anders werden, die Menschen unter die Räder kommen lässt. „Das Geheimnis Dorothy Days war ihre Fähigkeit, ihre radikale soziale Haltung mit einer traditionellen und sogar konservativen Frömmigkeit zu verbinden.“ Im Rundbrief des „Hauses der Gastfreundschaft“ aus Hamburg lese ich einen langen Artikel über sie. Das „Haus der Gastfreundschaft“ in Hamburg nennt sich „Brot & Rosen“, eine diakonische Basisgemeinschaft. Hier finden geflüchtete Menschen ein Dach über dem Kopf. Wer immer Hilfe braucht, ist willkommen. Und jeden Donnerstag protestieren sie vor der Ausländerbehörde und machen auf das Leid geflüchteter Menschen aufmerksam.
In dieser Woche sind wir besonders eingeladen in die Gemeinschaft mit Jesus. An „seinen Tisch“, sagen wir. Und wir sind eingeladen in die Gemeinschaft untereinander.
Die Einladung der jungen Frau aus Afghanistan jedenfalls werden wir „Omas gegen rechts“ gerne annehmen. Ich freue mich darauf.