Ein Wort zum Montag, dem 16. Januar 2023
VON CORNELIA SENG
Er war gerade Priester geworden. Jetzt war er auf dem Jakobs-Weg unterwegs. Von Wuppertal nach Altenberg wollte er und dann noch weiter. Ohne Geld und ohne Schuhe. Wie Jesus wollte er unterwegs sein. In Wermelskirchen fiel er auf, einer der barfuß unterwegs ist. Ich habe ihn eingeladen, bei uns im Pfarrhaus zu übernachten. Man konnte gut mit ihm reden, über die Bibel und über Jesus. Das Gleichnis “Vom verlorenen Sohn” zitierte er. Darin erzählt Jesus, wie der Vater zu seinem älteren, immer daheim gebliebenen Sohn sagt: “Alles, was mein ist, ist dein.” Er fühlte sich unendlich reich. Er durfte teilhaben an Gottes ganzer Schöpfung – welch ein Reichtum! Aus Gottes Fülle lebte er.
“Eine erfüllte Zeit”, hat uns jemand gewünscht, als wir im vergangenen Jahr zum Pfarrdienst im Kloster aufgebrochen sind. Seitdem denke ich darüber nach. Was ist e r f ü l l t e Zeit? Wenn es e r f ü l l t e Zeit gibt, – gibt es auch leere Zeit? “Wir bringen unsere Jahre zu wie ein Geschwätz”, heißt es in Psalm 90. Wie “leeres Geschwätz”?
Was macht eine Zeit erfüllt? Was macht ein Leben reich? Viel Geld macht nicht reich, und ein voller Terminkalender ist noch keine erfüllte Zeit, das wissen wir alle. Kann ich überhaupt meine Zeit selber füllen? Oder bekomme ich Fülle und Erfüllung geschenkt?
Der Apostel Paulus spricht von Erfüllung im Zusammenhang mit Freude, Erkenntnis und Trost. Das alles schenkt der Geist Gottes. Nichts davon kann man kaufen oder selber machen. Aber man kann Gott darum bitten. Und er gibt es gerne. Gott sei Dank.
Tief empfundene Freude, gute Gedanken, getröstet und zuversichtlich leben, das ist Reichtum, das ist Erfüllung. Wie auf der Hochzeit zu Kana: Plötzlich ist genug Wein da. Weil Jesus aus der Patsche hilft. Und das Fest kann weitergehen.
Das Leben feiern. Das mag uns Gott schenken!
“Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade” (Joh 1,16).