MARIA!

Ein Wort zum Montag, dem 28. November 2022

VON CORNELIA SENG 

Vor vielen Jahren habe ich einmal eine Egli-Figur gebastelt, eine biblische Erzählfigur. Eine Maria ist es geworden. Sie steht auf der Fensterbank vor meinem Schreibtisch, mit Sandalen an den Füßen, einem Tuch um den Hals und mit einer kleinen Tasche über der Schulter. Sie hat bewegliche Arme und Beine. Durch die Haltung, die ich ihr gebe, kann sie ausdrücken, wie ich mich gerade fühle. 

Nach dem Wegzug von Wermelskirchen saß sie etwas unbeteiligt in der Ecke, seit der Geburt unseres Enkels guckt sie wieder fröhlich in die Welt. Und manchmal drückt sie auch aus, wie ich mich gerne fühlen würde. 

Jetzt am Beginn der Adventszeit habe ich die alte russische Ikone wieder aus dem Schrank geholt. Sie zeigt die Verkündigung des Engels an Maria. Vor langer Zeit habe ich sie auf dem Basar erstanden. Und ich freue mich immer wieder daran, sie aufstellen zu können. Maria trägt das typische blaue Kleid, ihr Kopf ist dem Engel zugeneigt. Sie scheint gerade zu sagen: “Siehe, ich bin des Herrn Magd.” Ihre ganze Haltung drückt Demut und Hingabe aus. Dies Frauenbild der Maria hat Generationen von Frauen (und Männern) geprägt. 

Aber hat Maria nicht noch eine andere Seite? Zur Ankündigung, sie werde schwanger werden, sagt sie skeptisch und selbstbewusst zu dem Engel: “Wie soll das zugehen?” (Lk 1,34). Und kurze Zeit später beim Besuch ihrer Cousine Elisabeth preist sie die Größe Gottes mit Worten, die sie wohl aus den Psalmen kennt. “Gott stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen” (Lk 1,51f). So wird es sein, wenn Gottes Zeit anbricht. Mit diesem Kind wird alles anders werden. 

Maria lebt hinein in das Morgen Gottes, ganz in Erwartung. Wie kann ich diese Seite der Maria zum Ausdruck bringen? Kann ich so leben – in der festen Erwartung des Reiches Gottes? Meine selbstgebastelte Maria auf der Fensterbank steht mit zum Lobpreis hoch erhobenen Händen, das Gesicht erwartungsvoll in den Himmel gereckt. Und ich hoffe, ihre Haltung färbt auf mich ab. Gerade jetzt in der Adventszeit.

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