VON EINER, DIE NERVTE

Ein Wort zum Montag, dem 10. Oktober 2022 

VON CORNELIA SENG

Einmal … war der Rabbiner aus Wuppertal zu einem Vortrag in der Kirchengemeinde Wermelskirchen. „Wir Juden sollen die Zehn Gebote zu allen Völkern bringen,“ sagte er und fügte lächelnd an: „Durch Jesus haben wir das auch geschafft!“ Vermutlich hat er recht: Die Zehn Gebote haben sich weltweit verbreitet. Aber das wäre fast schief gegangen damals! Wenn nicht Eine richtig genervt hätte.

Eine Frau, die nicht zum Volk der Juden gehört, bittet Jesus um Hilfe. So wird es im Neuen Testament berichtet (Mt 15,21–28 und Mk 7,24–30). Die Geschichte wird diesen Sonntag in den Gottesdiensten gelesen. Es ist die Geschichte von einer Frau, die nervt mit ihrem Gebettel: „Herr, erbarme dich meiner! Meine Tochter ist krank!“ Harsch weist Jesus sie ab. Er würdigt sie keines Blickes, spricht kein Wort mit ihr.

So kennen wir Jesus sonst gar nicht! Hat er nicht alle zu sich gerufen, „die mühselig und beladen sind“? Hat er sich nicht immer wieder aller Kranken und Leidenden angenommen? Hier zieht er eine Grenze: Diese Frau nicht! Sie gehört nicht zum Volk Gottes, sie ist eine Heidin! Aber die Frau lässt nicht locker. Sie ist auch sonst nicht auf den Mund gefallen. Von den Krümeln, die von der Herren Tische fallen, spricht sie. Sollte nicht ein Krümel seiner Macht auch für sie als Heidin übrig sein? Und tatsächlich: mit ihrem Einsatz und ihrem Mut überzeugt sie Jesus! Er kümmert sich um die kranke Tochter. Eine heidnische Frau bringt Jesus, den Sohn Gottes, zum Umdenken!

Ich staune immer wieder über diese Geschichte. Dass sie überhaupt weitererzählt werden konnte in der patriarchalischen Gesellschaft! Irgendwie verdanken wir es auch dieser Frau, dass wir Nichtjuden zum Reich Gottes dazugehören dürfen.

In der „RP“, der Bergischen Zeitung, habe ich gestern einen Bericht über A.Javed gelesen. A. Javed musste 2016 aus Pakistan fliehen. In der muslimischen Mehrheitsgesellschaft seines Landes werden Christen diskriminiert und gedemütigt. In den sechs Jahren hier hat er Deutsch gelernt und jetzt das Examen als Altenpfleger bestanden. „Das ist ein Wunder“, sagt er. Jetzt hat er hoffentlich eine Zukunft in Deutschland. In einem Land, wo er als Mensch respektiert wird. Und wo nicht seine Religion zählt. Auch für mich ist das ein Wunder, ein Wunder Gottes. Ein Wunder, das wir auch der kanaanäischen heidnischen Frau von damals verdanken. Durch ihren Einsatz hat Jesus umgedacht. Und konnte sich als Licht für die Heiden verstehen. Seine Botschaft hat uns in Deutschland wie in Pakistan erreicht. Und hat Menschen zu engagiertem Handeln bewegt. Das ist ein Lichtblick für unsere Welt und für unser Land.

Was nervige „Heidenkinder“ manchmal alles in Gang setzen!

© Cornelia Seng

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.