VON WOLFGANG HORN
Die Bürgermeisterin Marion Lück hat die Verwaltungsstruktur im Wermelskirchener Rathaus geändert, ohne daß sie zuvor den Stadtrat informiert oder gar befragt hätte. Aus dem Dezernat II des Ersten Beigeordneten, Stefan Görnert, hat sie mit Verfügung vom 15. August Sozialamt, Brandschutz sowie Rettungsdienst ihrem eigenen Dezernat I zugeordnet, das zuvor lediglich das Haupt- und Personal-, das Rechnungsprüfungsamt sowie die Kämmerei umfaßte. Der Erste Beigeordnete, nominell der Zweite Mann in der Verwaltung, behält das Ordnungsamt sowie das Amt für Jugend, Bildung und Sport in seinem Dezernat und verliert an Aufgabenbereichen und mithin an Einfluß. Der Dritte Mann, Thomas Marner, behält die Zuständigkeit für sein technisches Dezernat III mit Stadtentwicklung, Gebäudemanagement und Tiefbauamt ungeschmälert. Warum das alles? Eine öffentliche Diskussion will die Bürgermeisterin nicht führen, wie die Lokalpresse heute schrieb. Sie habe das Revirement rechtlich prüfen lassen und den Ältestenrat informiert. Rechtlich mag das alles korrekt sein. Eine große und gute Stadtverwaltung besteht indes nicht nur aus der Korrektheit von Vorgängen, sondern auch aus dem Klima der Zusammenarbeit und der Offenheit des Umgangs miteinander. Daß die Bürgermeisterin das Recht nicht bricht, ist die Weisheit der Binse. Davon gehen alle Bürgerinnen und Bürger in der Stadt aus. Daß aber eine derartige Strukturreform ohne den Rat, ohne Beteiligung der Parteien, ohne öffentliche Information und Diskussion, gleichsam stiekum vollzogen wird, zeigt, daß es mit dem Klima im Rathaus offenbar nicht zum Besten steht. Es herrscht dicke Luft in der Wermelskirchener Stadtverwaltung. Die drei Personen, die die Verwaltungsspitze ausmachen, allesamt aus dem gleichen politischen Lager, sind sich offenbar nicht grün, nicht mehr grün. Es ist kein gutes Zeichen, wenn das Fingerhakeln vor stringenter Politik zum Wohle der Stadt und ihrer Bürger rangiert. Es ist kein gutes Zeichen, wenn angesichts der enormen Probleme, die in der Stadt gelöst werden müssen, das Hallenbad, die Gesamtschule, die Wohnungssituation, die Energiekrise, die Aufnahme von Flüchtlingen, die Haushaltslage, um nur einige zu nennen, die Verwaltungsspitze uneins ist. Derzeit ist Effizienz gefragt, in der ganzen Verwaltung, Motivation, auf allen Ebenen, einheitliches Handeln, Gemeinschaftlichkeit. Stattdessen Machtkampf und Profilschärfung. Was ist denn schief gelaufen etwa bei der „Bewältigung aktueller Krisensituationen (Corona, Flüchtlinge, Energieversorgung)“, was seitens der Bürgermeisterin als Begründung für die geänderten Dezernatszuschnitte ins Feld geführt wird. Wie werden „Kommunikations- und Entscheidungswege“ verkürzt, wenn wenige Ämter nur in ein anderes Dezernat wechseln? Was wäre denn mit der gegenwärtigen Verteilung der Aufgabenbereich besser gelaufen mit Blick auf die Corona-Pandemie oder die Hochwasserkatastrophe? Solange hier nicht wirklich nachvollziehbare Argumente auf den Tisch gelegt werden, klingt das doch sehr nach Rabulistik, nach Spitzfindigkeit, die eher verschleiert denn klärt und offenlegt. Die bürgermeisterlichen Rechtfertigungen, wie sie in der Lokalpresse zu lesen sind, legen den Schluß doch nahe, daß die Stadt habe bis jetzt nur unzureichend auf Krisen reagieren können, weil Sozialamt, Feuerwehr und Rettungsdienste nicht im ersten Stock des Rathauses, sondern etwas weiter oben, im Dezernat II angesiedelt waren. Wenn das so gemeint ist, wie man es lesen kann, dann sollten die Bürgerinnen und Bürger wie auch die politischen Parteien informiert und einbezogen werden.
“Dicke Luft im Rathaus”
Es liest sich wie ein später Aprilscherz, und man würde sich als Bürger eine schnelle Auflösung der Lachnummer wünschen. Die Bürgermeisterin hat entschieden den ersten Beigeordneten zu entmachten. Kein Wort zu den wahren Gründen, keine Mitsprache und Einbindung der gewählten Ratsmitglieder, keine Informationen an die Bürger der Stadt. Uns soll es genug sein, wenn wir wissen, dass der Bürgermeisterin die derzeitige Aufgabenverteilung nicht mehr passt. Marion Lück legt herrisch – nach eigenem Gutdünken – fest, dass Herr Stefan Görnert zwei Ämter aus dem ihm vom Rat ursprünglich zugewiesenen Ressort verlieren soll.
Die Handlungsfähigkeit der Verwaltung soll gewährleistet werden; man will schnell agieren und Entscheidungen treffen können, so soll es in der Erklärung von Marion Lück heißen.
Leider habe ich die Kommentierung der Bürgermeisterin für diese unglaubliche Entscheidung nicht persönlich verfolgen können. Ich hoffe sehr, dass es im Haupt- und Finanzausschuss bei den Fraktionen großen Protest und Widerspruch ausgelöst hat. Mir ist nicht bekannt, dass Herr Görnert in seiner bisherigen Dienstzeit durch langsames, ineffizientes Handeln negativ aufgefallen ist. Im Gegenteil, soweit ich seinen Dienst – auch aus meiner eigenen Zeit der Ratsmitgliedschaft – verfolgen durfte, zeichnete sich Herr Görnert stets durch eine große Souveränität und Sachkunde aus.
Entscheidungsprozesse beschleunigen ist nach meinem Dafürhalten ein fadenscheiniges und sicher auch überaus zweifelhaftes Argument. Wer in einer Verwaltungsspitze arbeitet, sollte teamfähig und in der Lage sein, Beigeordnete und Amtsleiter von den eigenen Ideen gut und schnell zu überzeugen. Natürlich ist es unbestritten; die schnellste Verwaltungsform ist der Souverän (Monarchie), der seine Entscheidungen nicht der Kritik und Korrektur von gleichberechtigten Mitstreitern aussetzen muss. Wollen wir das? Will die Bürgermeisterin dies?
Ich erwarte, dass (zumindest) die CDU sich klar hinter ihr Parteimitglied, “ihren” Beigeordneten stellt und sich zu seinem Dienst und der Qualität dieses Dienstes bekennt. Stefan Lessenich ist in der Pflicht, Farbe zu bekennen.
Wir (die Ratsmitglieder) haben Herrn Görnert u.a. für diese Aufgaben und Ämter gewählt. Wir, der damalige Rat, hat ihm das Vertrauen ausgesprochen – und bisher habe ich nichts davon gehört, dass der Rat dem Beigeordneten dieses Vertrauen wieder entzogen hat.
Der Geschäftskreis des Beigeordneten wird durch den Alleingang der Bürgermeisterin in unverantwortlicher Weise in seinem Kern ausgehöhlt.
Der Beigeordnete Thomas Marner verlässt die Stadt überstürzt, der Beigeordnete Stefan Görnert wird hastig und kopflos entmachtet, was folgt als Nächstes?
In großer Sorge
Horst Walter Schenk