VON WOLFGANG HORN
Neulich war das Fähnlein Wermelskirchener Montags-„Spaziergänger“ unter den Fähnleinsführern der braun-blauen Partei mal eben noch zwei Hände voll stark – oder eher schwach. Demonstriert wird, noch, gegen die Gefahr, daß die Bundesregierung die Bürgerinnen des Landes „chippen“ läßt bei den Impfungen, also mit einem eingepflanzten Chip versieht, dem vollständigen Verlust individueller Freiheit durch die Aufrufe, sich im Interesse der Vulnerablen impfen zu lassen gegen Covid-19, oder wie die Anti-Impf-Lügenmärchen sonst noch lauten mögen. Und ab Herbst soll es Wut-„Spaziergänge“ gegen die flächendeckende Enteignung aller Deutschen durch die von der Regierung verursachte Energiepreissteigerung geben, wenn man den rechten Wut-Strategem glauben darf.
Leute allesamt, die man früher einmal als »Pöbel« bezeichnet hätte, wie Nikolaus Blome neulich im Spiegel schrieb. Zum dritten Mal in sieben Jahren stelle sich, so Blome weiter, die Frage, wie man Menschen erreicht, die alle menschliche Mäßigung haben fahren lassen. Im Kontext mit Flüchtlingen, mit Corona und nun der Inflation oder dem »Wutwinter«. Das Futter für den Krakeel dieser Gruppe ist die Verschwörungserzählung: zunächst die „Sorge“, „umgevolkt“ zu werden mittels der Menschen, die vor Bürgerkrieg, Elend und Not sowie Verfolgung ihrer Heimat entflohen und schließlich hier strandeten; dann die „Sorge“, gechipped zu werden und nun die, nach der Krise enteignet zu sein, obwohl die Ukraine doch Russland angegriffen habe. Ja, wirr und blöd, stimmt schon. So wenig Bürger eine geschützte Bezeichnung ist, so wenig ist Sorge eine oder auch besorgte Bürgerin. Nikolaus Blome: „Aber es gibt eben auch eine Grenze, jenseits derer sind bestimmte Bürger nicht mehr besorgt, sondern bescheuert, und es wäre an der Zeit, das einmal laut auszusprechen.“
Die Wut, der Furor‚ Raserei, ist eine sehr heftige Emotion, die resultierende Affekthandlung die Raserei oder das Wüten. Wut ist weit heftiger als der Ärger und schwerer zu beherrschen als der Zorn. Der Wüterich ist nur mit verzerrtem Antlitz vorstellbar. Wer leicht in Wut gerät, ist kaum imstande, sich zu kontrollieren.
Mit dem Wort von Papst Gregor, dem Großen, das Georg Schramm in seinem Programm berühmt machte, nämlich: “Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen, wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht.“ wird auch deutlich, daß Wut billig ist und blind, Zorn aber, von Vernunft gespeist und nicht von mythischem Denken, dem Bösen entgegenstehen kann. Wut ist egomanischer Krampf, bar jeder Vernunft.
Wie viel Verfolgungswahn mag in einen einzelnen Kopf gehen? Im Herbst, im Winter werden wir es wieder erfahren. Denk’ ich an Deutschland in der Nacht …