MEINE DOCUMENTA

VIII. Verstehe ich das? 

VON CORNELIA SENG

Ich gebe zu: Mit mancherlei Kunst habe ich so meine Schwierigkeiten. Vieles verstehe ich einfach nicht. Dann frage ich mich, was soll mir das sagen? Und hätte gerne eine Erklärung. Erklärungen gibt es aber wenig auf dieser Documenta. Vielleicht, weil Kunst nicht erklärt werden will? So hieß es bisher. Ich soll mir selber Gedanken machen. Und mit anderen darüber reden: Spricht mich das an? Was sagt es mir? Was sagt es dir?

Auf dem Opernplatz am Gebäude von C&A hängt ein Banner. Es stammt von einer Gruppe aus Indonesien. Viele Menschen sind darauf zu sehen. Die meisten recken Fäuste in die Luft. Auch der Pfarrer, neben dem Buddhisten. Karl Marx guckt aus einer Ecke. Es geht um Revolution und Demokratie. Nur diese Wörter auf dem Banner verstehe ich.

Über allem thront eine Erlöserfigur. Ist es Christus? Ist es Hare Krishna? Ich weiß es nicht und kann es auch nirgends nachlesen. Eine Erklärung zu den einzelnen Bildern gibt es nicht. Geht dieser „Erlöser“ mit in die Revolution? Führt er sie an? Hand in Hand mit der grau gezeichneten, leidenden Bevölkerung? Oder ist es nur die Sonne, die hinter den Revolutionären aufgeht? Vermutlich geht es um den Sturz des Suharto-Regimes in Indonesien 1998. Es handelt sich um ein Kunstwerk von „Taring Padi“ aus den letzten 22 Jahren. Das erfahre ich aus dem Handbuch zur Ausstellung. Und: „Taring Padis künstlerische Praxis ist nur vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen und kulturellen Solidarität der Gruppe und ihrer Aktivitäten zu verstehen“. Was bedeutet das, heute in Indonesien? Was bedeutet es bei uns? Welche Rolle spielen die Menschenrechte bei dieser „Solidarität“? Darüber zu reden wäre spannend.

Ob sich C&A bewusst ist, welches Bild da an ihrer Fassade hängt? Wollen die Modeverkäufer vielleicht zum Ausdruck bringen: „Ja, wir stehen an der Seite der Aktivisten, ja, wir werden keinerlei Ware mehr verkaufen, die unter ungerechten und ausbeuterischen Bedingungen hergestellt wurden!“ Das wäre Solidarität. Weltweit.

Alle Fotos © Cornelia Seng

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