Die „Not“-Taufe

Ein Wort zum Montag, dem 25. Juli 2022 

VON CORNELIA SENG

Es war fast eine Nottaufe, damals in der Kapelle des Krankenhauses, in dem ich zur Welt kam. Nicht, dass ich kränklich gewesen wäre. Meine Mutter wollte mit mir die Reise von Kassel zurück nach Bebra ungetauft nicht antreten. Es war ihr eine Hilfe und Beruhigung, mich getauft zu wissen. 

Zwischen Gott und mir hat diese Taufe vermutlich nichts geändert. Ungetauft hätte er mich im Himmel bestimmt genauso liebgehabt. Aber für meine Mutter war es wichtig, dass ich getauft war. Es war ihr eine Vergewisserung, dass Gott mein gerade begonnenes Leben in seiner Hand hält. Es war ihr ein Halt.

Auch ihre eigene Taufe war ihr wichtig. Noch im hohen Alter hat sie oft den Gesangbuchvers zitiert:

„Ich bin getauft auf deinen Namen,
Gott, Vater, Sohn und Heilger Geist;
ich bin gezählt zu deinem Samen,
zum Volk, das dir geheiligt heißt.
Ich bin in Christum eingesenkt,
ich bin mit seinem Geist beschenkt.“

Dieses Lied haben wir dann auch bei ihrer Beerdigung gesungen. In dieser Zuversicht hat sie gelebt und ist sie gestorben. Es ist die Gewissheit dazuzugehören, zum Leben, zu Gott. Auch im Tod noch, Gott recht zu sein. Aufgehoben und geborgen.

Warum sie mich auf die Schnelle hat taufen lassen? Ohne Familienfeier? Ich weiß es nicht. Vielleicht hätte sie es im Alter anders gemacht. Auf jeden Fall hat mir diese frühe Taufe eins mitgegeben: Gott hat sich für mich entschieden, lange bevor ich mich für ihn entscheiden konnte. Lange bevor ich ihm etwas recht machen konnte, hat er schon zu mir gesagt: Du bist mir recht.

Der Pfarrer damals hat mir den Wochenspruch für diese neue Woche als Taufspruch mitgegeben: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jesaja 43,1) Seitdem feiere ich diesen Sonntag als „meinen“ Sonntag.

© Cornelia Seng

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