„Die Welt, von der ich träume“

VON CHIARA MARIE SCHRÖDER *

„Ich träume von einer Welt, in der es keinen Krieg gibt, keinen Putin, keine Vergewaltigung. Es gibt nicht arm oder reich, nur Menschen. Es gibt keinen Alkohol keine Drogen. Es gibt viele Tiere…“

Ronja (11) und ihre MitschülerInnen träumen von einer besseren Welt und tun wir das nicht eigentlich alle?

Der Leseclub „Do it – read a book!” und die 6c der Sekundarschule Wermelskirchen entführten mit einer szenischen Darstellung, inspiriert von Marie Pavlenkos Buch „Die Welt, von der ich träume“, das in diesem Jahr für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert ist, in eine andere Welt.

Im Forum der Sekundarschule Wermelskirchen herrschte zunächst noch geschäftiges Treiben, dann kehrte Ruhe ein. Nur mit einem Overheadprojektor, ein wenig Sand und ein paar kleinen Requisiten zogen die Kinder alle in den Bann der Geschichte. Eine Welt ohne Wasser, ohne Sauerstoff, ohne Schatten, voller Ängste. Es gibt Jäger, die die wenigen Bäume, die überlebten, fällen, töten, um dafür in den Städten Lebensmittel zu erhalten. Niemand weiß was ein Wald ist, eine alte Frau erzählt den Kindern davon. „Früher waren überall Bäume“, beginnt sie, „sie boten Lebensraum für Tiere, manche besaßen Heilkräfte. Ein toter Baum ist nichts wert, ein lebendiger hingegen ist das Leben“, führt sie weiter aus.

Ein Mädchen begibt sich daraufhin heimlich auf die gefährliche Reise in die Wüste. Sie möchte einen lebendigen Baum sehen. Doch als sie ihn gefunden hat, ist sie nicht die Einzige, auch die Jäger sind zur Stelle, um den Baum abzuholzen. Das Mädchen erklärt ihnen, dass der Baum seine Samen, wie seine eigenen Kinder behandelt, dass sie ihm einen Namen gegeben hat, dass er Schatten spenden und Früchte tragen wird, doch vergebens. Der Baum stirbt durch die Hand der Jäger. Traurigkeit breitet sich aus, doch dann plötzlich fängt es an zu regnen und es sprießen Pflanzen überall aus der Erde, ein kleines Wunder, das Hoffnung schenkt. 

Und mit diesem Gefühl schließt die Theaterpädagogin Birgit Mehrmann, die mit ihrer Kollegin Marie-Luise Dederichs das Stück mit den Kindern geprobt hatte. „Wir sind alle nachdenklich, aber begeistert von Eurer Arbeit“, sagt Dorothée Coßmann, Geschäftsführerin der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland. Auf Initiative der Stadtsparkasse Wermelskirchen und des Direktors Rainer Jahnke war die Finanzierung dieses und vieler anderer Projekte durch diese Stiftung überhaupt erst möglich. 

Rainer Jahnke ist auch vor Ort und möchte den Kindern etwas mitgeben. Er möchte, dass sie wissen, dass Lesen und Fleiß das Wichtigste sind im Leben. „Ich investiere meine Zeit, um Euch zu sagen, das ist toll“ und nicht nur das, die Sparkasse Wermelskirchen hat das Projekt, verwurzelt in Wermelskirchen, ins Leben gerufen, sie pflanzen einen Baum für jeden Bürger und jede Bürgerin der Stadt. So ein Baum wird auch bald im alten Schulgarten der Sekundarschule stehen. Symbolisch wurden dann jedoch erstmal unter anderem von unserer Bürgermeisterin Marion Lück Wünsche an einen Baum auf dem Schulhof gehängt.

„Ich wünsche mir, dass viele Bäume leben, eine grüne Zukunft, Profifußballer zu werden.“ Der letzte Wunsch sorgt zunächst für eine erheiterte Stimmung, doch die Bürgermeisterin nutzt auch dies „Wir müssen in den nächsten Jahren viel nachpflanzen, Du kannst uns dann ja einen kleinen Wald spenden“, merkt sie in Richtung der Kinder an. „Ich empfehle das Buch von Herzen weiter, es ist alterslos“, fügt sie noch hinzu und auch eines der Kinder wirbt für das Buch. Leon (11) sagt: „ Ich habe das Buch gestern gelesen, es hat mich so gefesselt, dass ich es in zwei Stunden gelesen habe“. Doch das ist nicht alles: „Ich stelle mir vor, dass, wenn wir mit der Klimaverschmutzung so weiter machen, unsere Welt in einigen Jahren auch nur noch Wüste ist, Wüste, Wüste, Wüste.“ 

Dieser Satz hat erneut zum Nachdenken angeregt und gezeigt, dass die Kinder die Problematik des Themas vollkommen begriffen haben. „Mit Büchern blickt man weit über den Tellerrand“, sagt auch Marie-Louise Lichtenberg, Vorstandsmitglied im Arbeitskreis für Jugendliteratur, in ihrer Ansprache und betont so noch einmal die große Rolle, die Bücher und somit auch das Literanautenprojekt, in der Bildung einnehmen. 

Sie selbst gründete den Leseclub, bis sie dann 2017 von Birgit Redicker abgelöst wurde. Beide begleiteten zu diesem Zeitpunkt schon viele Projekte, jedes Jahr beschäftigten sich die damaligen Literanauten mit verschiedenen Werken und besuchten anschließend die Frankfurter Buchmesse, um mit den Autoren und Autorinnen zu sprechen und darüber hinaus die Verleihung des Deutschen Jugendliteraturpreises mitzuverfolgen. 

Viele Male durfte ich selbst an dieser spannenden Erfahrung teilhaben. Außerdem kam es stets zu interessanten Gesprächen und Diskussionen, die oft durch Bücher angeregt waren. So fiel es leicht, neue Freunde zu finden. Es war vollkommen egal, von wo man kam, Schulformen vermischten sich und zu der Zeit, als besonders viele Flüchtlinge zu uns kamen, wurden auch diese sofort und herzlich integriert. 

Ein weiteres damaliges Projekt, welches mir selbst viel Freude bereitet hat, war ein Poetry Slam Workshop. Dieser hat mich sogar im Nachhinein noch beeinflusst, sodass ich mich selbst immer noch viele Jahre später mit dem Thema gerne beschäftige. 

Das zeigt wieder einmal wie nachhaltig und prägend die tollen Projekte der Literanauten sind und waren. Durch die erste Unterstützung der Sparkasse und die daraus entstehenden Literanauten Rheinland wurden jetzt sogar wieder für die nächsten fünf Jahre Gelder des Bundesfamilienministeriums und der Waldemar-Bonsels-Stiftung deutschlandweit genehmigt. Ein toller Erfolg und wir freuen uns auf alle Projekte, die noch folgen werden.

Auch die aktuelle Veranstaltung wird uns und vor allem die Schüler und Schülerinnen der Sekundarschule noch länger beschäftigen. Dorothée Coßmann brachte eine Monstera-Pflanze für die Schulbibliothek mit, damit sie dort Sauerstoff spende und hoffentlich bald viele Ableger bilde. Dazu kommen noch einige Bücher zum Thema für die Schulbibliothek, ein tolles Geschenk.

Info Das Literanautenprojekt des Arbeitskreises für Jugendliteratur e.V. (AKJ) ist ein bundesweites Leseförderungsprojekt von Jugendlichen für Jugendliche. Leseclubs, Jugendjurys und Gruppen rund ums Buch können sich direkt beim AKJ unter www.literanauten.org informieren und bewerben.

Hier ein paar Impressionen aus der sehr gelungenen Veranstaltung in der Sekundarschule Wermelskirchen © alle Fotos Bernd Mathias/AKJ (Klicken Sie auf das Bild, um es zu vergrößern):

Hier der Nominierungstext der Kritikerjury:

*Chiara Marie Schröder, (19), war als Gymnasiastin Literanautin und studiert derzeit Psychologie an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.

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