VON WOLFGANG HORN
Da wird der ukrainische Präsident, Wladimir Selensky, mitten aus dem Krieg in Kiew in den Parlamentssaal des Deutschen Reichstagsgebäudes in Berlin zugeschaltet und nach seiner Rede gibt es keine Würdigung eines deutschen Präsidenten, eines deutschen Kanzlers, einer deutschen Parlamentspräsidentin. Beschämend. Den stehenden Ovationen der Abgeordneten zum Trotz. Der Präsident der Ukraine ist der Präsident eines von Rußlands Armee in den Krieg gebombten Landes und seiner Menschen. Das prägt seinen Blick, natürlich, seine Kritik an als unzureichend empfundener Hilfe, seine Bitte um sofortigen Verzicht auf Energielieferungen aus Rußland, weil so der russische Krieg gegen die Ukraine finanziert werde. Zeitgleich betreuen hier in Wermelskirchen viele Helferinnen und Helfer 60 geflüchtete Mütter mit ihren Kindern in der evangelischen Kirchengemeinde Hilgen-Neuenhauss, richten Betten ein, verteilen Frühstuck, stehen einfach zur Verfügung. Dank an die Mitarbeiter von Willkommen in Wermelskirchen, von Stadt und Deutschem Roten Kreuz. Seit sieben Jahren werden hier in Wermelskirchen und überall in Deutschland Syrer vor allem, Männer, Frauen und Kinder betreut, die vor russischen Bomben und der Verfolgung durch die Schergen von Assad geflohen sind. Jetzt werden wieder Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, wieder mit russischen Raketen und Bomben. Sie fliehen vor der Zerstörung von Städten, Kliniken, Theatern, von Konzerthäusern oder Galerien in der Ukraine. In Berlin verweigern Parlament und Regierung dem von Putins Waffen mit dem Tod bedrohten Präsidenten der Ukraine den Respekt. In Wermelskirchen stehen einfache Menschen den Verfolgten bei in ihrer Not. Ohne jedes Ressentiment, ohne jedes Zögern, unbedingt. Zweimal Deutschland am gleichen Tag. Ehrlich gesagt: Ich verstehe Regierung und Koalition nicht. Nicht mehr.