VON JOACHIM ZAPPE (TEXT) UND WALTER SCHUBERT (COMICS)
Ab und an sollte man unseren beliebtesten Vierbeinern doch mal eine Stimme in der Öffentlichkeit verleihen. Nicht nur mit einem kritisierenden, unzufriedenen, fordernden Kleff oder einem aggressiven Knurr, sondern mit einem zufriedenen, in sich ruhenden, wohlfühlsamen Wuff muss auch auf positive oder negative gesellschaftliche Entwicklungen aller Facetten des Hundeleben eingegangen werden.
Wie weit die Entwicklung in unserer freiheitlichen Gesellschaft fortgeschritten ist, kann man zum Beispiel einem Beitrag in der aktuellen Dezemberausgabe der Zeitschrift „Finanztest“ (!!) der Stiftung Warentest entnehmen. Während in vielen deutschen Landstrichen Diversität und Gendertum, die Existenz des dritten Geschlechts, noch weitestgehend unbekannt oder mit Ablehnung behaftet ist, setzt die nordrhein-westfälische Stadt Neuenrade absolut neue Maßstäbe im dritten Hundegeschlecht. Bei der Anmeldung zur Hundesteuer bietet die Stadt nicht nur die Optionen „männlich“ und „weiblich“ an, sondern auch „keine Angabe“ und „divers“. Das ist Avangarde pur und hat etwas mit konsequenter Gleichstellung zu tun, egal, ob es tatsächlich Hunde gibt, die zweifeln, ob sie Hündin oder Rüde sind. Richtig erforscht ist das ja eigentlich auch noch nicht. Auf jeden Fall können Herrchen und Frauchen im Sinne ihrer Liebsten handeln, sollten sie etwas von einer geschlechtsspezifischen Identitätskrise ihrer Schutzbefohlenen mitbekommen. Ein dreifaches Wuff hat das allemal verdient!
Was der Rheinischen Post am 4. Dezember eine Meldung wert ist, ist in unserer Zeit eigentlich selbstverständlich, normal, nichts Außergewöhnliches für eine hundefreundliche Gesellschaft, die für die Vierbeiner wirklich alles bereit hält, was es für Menschen gibt: Psychologen, Physiotherapeuten oder Yogalehrer. Für einen Obolus von neun Euro pro Stunde bietet die Stadt Straßburg Hundesetting an. Professionelle Hundehüter*innen betreuen die lieben Vierbeiner im beheizten Zwölf-Quadratmeter-Container, während Frau- und Herrchen Einkaufen gehen oder Museen besuchen. Bemerkenswert eher, warum es derartiges nicht in sonst so fortschrittlichen Unternehmen gibt. Im großen schwedischen Möbelhaus gibt es schon lange das Kinderparadies, wo Ole von den Eltern während des Einkaufs geparkt und wieder abgeholt werden kann. Aber wo ist das Hundeparadies für Bello? Dabei wäre es doch so einfach. Beide Paradiese können idealerweise zusammengelegt, wertvolle Synergie-Effekte genutzt werden. Wuff!
Hunde und Wirtschaft – das passt sowieso gut zusammen. Die Camper unter uns können das zum Beispiel schön beobachten. Die exorbitanten Zuwachsraten beim Verkauf von Wohnmobilen korrelieren eindeutig mit der Zunahme von Hunden auf den Campingplätzen. Die Händler haben offensichtlich die richtige Marketingstrategie gefunden. Und die geht so: Beim Kauf eines preiswerten WoMo bis 80 000 Euro gibt es einen Rassehund gratis als Draufgabe dazu. Bis zum 150 000-€-Mobil gibt es zwei Rassehunde und über 200 000 € darf der Wohnmobilist sich die Zahl der Hunde aussuchen. Einzige Bedingung: Im Übergabevertrag muss der neue Hundebesitzer verbindlich eine antiautoritäre Erziehung zusichern. Also, „Platz“, „Bleibt“ oder „Stopp“ – das darf ebenso nicht sein, wie eine die Würde des Hundes verletzende Anleihnpflicht. Schlimm genug, dass viele nicht hundeaffine Campingplatzbesitzer zunehmend mit einen Hunde-Numerus-Clausus strenge Zugangsbeschränkung eingeführt haben und die Zahl der Vierbeiner pro Stellplatz auf zwei bis drei begrenzen. Hierfür gibt es nur ein böses Kleff und Knurr!
Die Stadt Wermelskirchen, genauer gesagt die Verwaltung, hat indes eine Riesenchance vertan, mit positiven Schlagzeilen in die Weltpresse, die Zeitschrift „Finanztest“ oder zumindest in die Bergische Morgenpost zu gelangen. Richtungsweisend, angeführt vom ehemaligen Bürgermeister Bleek, führte man vor geraumer Zeit das freie Aufenthaltsrecht für Hunde an den Arbeitsplätzen der Verwaltung ein. Davon wurde auch Jahre fleißig Gebrauch gemacht. Dass von den geliebten Zweibeinern positive beruhigende und motivierende Wirkungen ausgehen, ist wissenschaftlich lange erwiesen und erprobt. Und selbst der gemeine Kampfhund macht in publikumskritischen Abteilungen durchaus Sinn. Aber statt dies rechtzeitig offensiv und öffentlichkeitswirksam zur Steigerung des städtischen Images zu nutzen, lässt man es zu, dass die Bergische Morgenpost Anfang November mit einem Beitrag und Kommentar den Arbeitsfrieden im Rathaus massiv zu verstören droht. Durch den Artikel der BM wird bekannt, dass hinter den Kulissen die heile Hundewelt vor der Explosion steht und mit harten Bandagen für und gegen Hunderechte gekämpft wird. Eine Task Force ist seit Monaten – bisher ergebnislos – mit dem freien Aufenthaltsrecht von Hunden in der Verwaltung beschäftigt. Im dazugehörigen, spielverderberischen Kommentar von Udo Teifel wird ein „Machtwort“ der Bürgermeisterin eingefordert, Hunde aus dem Rathaus umgehend in die Immigration nach Hause zu schicken. Die Interessenvertreter der Hunde sind derart in die Enge getrieben, dass sie mit Konsequenzen, wahrscheinlich mit Generalstreik, drohen müssen. Wenn man bedenkt, dass beamtete Tierhalter gar kein Streikrecht haben, also mit einem illegalen Streik disziplinarische Maßnahmen in Kauf nehmen, dann wird die ganze Dramatik der Eskalation deutlich.
Nur mit einem mutigen Schritt nach vorne kann man den drohenden Super-Image-Gau noch verhindern und ins Positive wenden. Es gilt, groß und perspektivisch zu denken, Marktlücken zu finden und zu erobern. Gibt es heute etwa Hundetarifverträge oder –Betriebsvereinbarungen? Wie wäre es denn mal mit einer Hundegewerkschaft, einer IG Hund im DGB oder wenigsten einer Betriebsgruppe Hund in der Komba (Anm. d. Red. Fachgewerkschaft für Kommunalbeamte und Arbeitnehmer im Deutschen Beamtenbund)? Dringend wird auch ein/eine Gleichstellungsbeauftrager*beauftragte für Haustiere allgemein benötigt. Es ist doch nur eine Frage der Zeit, bis Spinnen, Schlangen oder Reptilien ihre Rechte am frei wählbaren Arbeitsplatz in der Verwaltung einfordern werden. Die Zeit ist reif für Neues Denken, für neue Lösungen und Experimente.
Wuff, Kleff, Knurr oder einfach nur Grrr – mal gucken was kommt in Wermelskirchen….
2 Symbolbilder (c) Pixabay, 2 Comics (c) Walter Schubert