Es wird Zeit

VON WOLFGANG HORN

Heute ist die Anzahl der an Covid-19 Erkrankten, die auf Intensivstationen behandelt werden müssen, um 106 Fälle angestiegen. Die Zahl der Corona-Patienten auf Intensivstationen in den Krankenhäusern ist weiter gestiegen – binnen einer Woche um knapp 26 Prozent. Nach Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) liegt sie so hoch wie seit Anfang Juni nicht mehr. Auf den Intensivstationen der bayerischen Krankenhäuser sind nach rasch steigenden Corona-Infektionszahlen nun landesweit über 90 Prozent der Betten belegt. Ganz Europa befindet sich nach Angaben des zuständigen Regionalbüros der Weltgesundheitsorganisation WHO erneut im Zentrum der Pandemie, an einem „kritischen Punkt des Wiederauflebens der Pandemie“, das „derzeitige Tempo der Virus-Übertragungen in den 53 Ländern der WHO-Region Europa sei sehr besorgniserregend“. In Dänemark verzeichnet man heute nach dem allenthalben von Impfgegnern und -Skeptikern gefeierten „Freedom-Day“ 2598 Neuinfektionen. Vor einem Jahr lag der Tageswert Anfang November bei etwa 1000. Wer angesichts dieser Daten immer noch das hohe Lied der Impffreiheit singt, handelt verantwortungs- und rücksichtslos. Man mag ja vielleicht irgendwie noch verstehen, daß einzelne beratungsresistent-verblendete Zeitgenossen für sich eine Impfung ablehnen. Vollkommen inakzeptabel aber ist indes die damit verbundene Gefährdung anderer Menschen. Wissend, daß die Impfung die derzeit beste Schutzmaßnahme gegen eine weitere Verbreitung von Corona-Infektionen ist, gleichwohl aber keinen vollständigen individuellen Schutz gegen eine Erkrankung bietet, ist es umso verantwortungsloser, durch Impfverweigerung Menschen zu gefährden, die sich etwa ihrer Vorerkrankungen wegen oder weil es noch keinen Impfstoff für Kinder gibt, bislang nicht impfen lassen konnten. Die Impfverweigerung und das mit ihr verbundene Getöse treibt die Gesellschaft in eine gefahrvolle und prekäre Situation, auch in eine das rationale Gespräch zunehmend schwieriger machende Spaltung. Wenn der aufgeklärte Diskurs gegen abergläubische Wissens- und Wissenschaftsfeindlichkeit und verschwörungsideologische Mythenbildung nicht mehr zustande kommt, dann ist der demokratische Zusammenhalt der Gesellschaft ebenfalls gefährdet. Es wird Zeit, den unhaltbaren Verdächtigungen über die Impfstoffe und ihre Hersteller entgegenzutreten. Es wird Zeit, sich den extremistisch-elitenfeindlichen Herabwürdigungen und Verhetzungen entschieden, entschiedener entgegenzustellen. Es wird Zeit, den rassistisch-antisemitischen Kern so mancher Verschwörungsballade deutlich zu machen. Es wird Zeit, den Zusammenhang zwischen lautstark lärmenden Impf- und Denkverweigerern und extremistischen Bemühungen zu decouvrieren, ihre Handlangerschaft aufzuweisen. Es wird Zeit.

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

    • Anne Zeiger
    • 05.11.21, 10:36 Uhr

    Ich bin erschrocken über die Symbolisierung des Davidsterns

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      • Grauganz
      • 05.11.21, 11:34 Uhr

      Ja, ich auch, Frau Zeiger. Ich halte das für ungehörig, geschichtsvergessen und beleidigend. Es handelt sich um das Bild der Kleidung eines Impfverweigerers auf einer Quer“denker“-Demonstration. Es stellt eine absolut unzulässige Gleichstellung der Leiden verfolgter Menschen in der NS-Zeit her mit jenen, die mit Maßnahmen zum Gesundheitsschutz in der Corona-Pandemie nicht einverstanden sind.

      Mit freundlichen Grüßen

      Wolfgang Horn

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