Angesichts der Tatsache …

Ein Wort zum Montag, dem 25. Oktober 2021 

VON CORNELIA SENG

So sicher wie das AMEN in der Kirche ist der Segen am Schluss des Gottesdienstes. Wie oft er mir zugesagt wurde? Wie oft ich ihn selbst gesprochen habe? Ich habe es nicht gezählt. Vielen Schulklassen habe ich erklärt, was es mit dem Segen auf sich hat. Wir haben ihn aus alter Zeit von den Juden übernommen. Aaron, dem Bruder des Mose wurde es aufgetragen, das Volk zu segnen mit den Worten: 

„Der HERR segne dich und behüte dich;
der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“
(4. Mose 6, 24ff)

Was bedeutet es mir heute, für diese Woche, dass „der HERR sein Angesicht über mich erhebt“? Was bedeutet es, angesichts der Gegenwart Gottes zu leben? Was bedeutet es, dass er mich ansieht?

In den vergangenen Tagen war unser kleiner Enkel wieder zu Besuch. Jetzt ist er fünf Monate alt. Er ist nicht gern allein. Wenn man zu ihm kommt und sich über ihn beugt, strahlt er. Lange kann er einen angucken, einfach die Gegenwart des anderen spüren. Dann freut er sich, gibt lustige Laute von sich, ist im wahrsten Sinne des Wortes „quietschvergnügt“. So als wollte er sagen, da ist ja jemand, der sein Angesicht über mich erhebt! Und schon freut er sich am Leben. 

Müsste es mir mit Gottes Gegenwart nicht auch so gehen? Sollte ich nicht einfach quietschvergnügt sein, dass er sein Angesicht leuchten lässt über mir? Mich an Gottes Gegenwart freuen, die mir der Segen in der Kirche zugesagt hat?

Der große evangelische Theologe des 20. Jahrhunderts, Karl Barth, hat im hohen Alter ein Interview gegeben. Ich habe es in den vergangenen Tagen auf YouTube gefunden. Karl Barth wurde nach seinem Werk und seinen dicken Büchern gefragt. Eigentlich wäre es ihm immer nur auf eines angekommen, sagte er: „Auf die alles verändernde Tatsache, dass Gott ist“. Und er ergänzt: „Der Gott, der sein entscheidendes Wort in Jesus Christus gesprochen hat, das ist kein toter Gott, sondern das ist der lebendige Gott, der auch heute noch spricht.“ 

Gott spricht. Wie ich mit dem kleinen Emil. Eigentlich ist es doch ganz einfach.

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