Bezirksregierung gibt Landrat Santelmann recht
VON WOLFGANG HORN
Rheinisch-Bergischer Kreis | Die Mitteilung der Bezirksregierung aus Köln in Sachen Kreishaus-Konflikt, von der der Kölner Stadt-Anzeiger heute berichtet, ist knapp, aber eindeutig. „Die beschriebene Zuständigkeitsveränderung käme einer Wiedereinführung der kommunalen Doppelspitze nahe, die der Landtag als Gesetzgeber in den 90er-Jahren abgeschafft hat und die seitdem kraft Gesetzes kein Modell mehr in nordrhein-westfälischen Kreisen und Gemeinden ist“, schreibt Dennis Heidel, Pressereferent von Regierungspräsidentin Gisela Walsken (SPD).
Mit diesem Punktsieg für Stephan Santelmann geht es im Streit um die Befugnisse des Landrats in die nächste Runde. Die Vereinbarung über eine Arbeitsteilung zwischen Landrat und seinem Stellvertreter ist gecancelt. Der Landrat ist im Amt. Was alle, die an der Erarbeitung der Vereinbarung über eine Arbeitsteilung beteiligt waren, vermeiden wollten, ist nun eingetreten. Der Landrat sitzt dort, wo er vor seiner Erkrankung auch saß: Auf dem Chefsessel im Kreishaus.
Ich frage mich, warum die Kreis-Politiker aller Couleur, vor allem aber die der CDU, dieses Ergebnis nicht haben voraussehen können. Außerhalb der politischen Elite im Kreis habe ich noch niemanden getroffen, der der Meinung war, eine derartige Vereinbarung sei wirklich haltbar. Um einen von der Bevölkerung gewählten Landrat zu entmachten, reicht keine Vereinbarung über eine Arbeitsteilung. Wenn er nicht kann, was er soll, dann muß man ihn abwählen. Und abwählen kann man den Landrat nur in einer komplizierten Prozedur. Die Voraussetzung dafür aber wäre, den Bürgerinnen und Wählern gegenüber ehrlich zu sein und zu signalisieren: Mit dieser Besetzung haben wir einen Fehler gemacht. Das ist offenbar zuviel verlangt von einer Partei an der Macht, zumal in einem Bundestagswahljahr.
Das Porzellan ist zerschlagen im Kreishaus. Damit hat der Stadt-Anzeiger recht. Zerschlagen hat es vor allem der Landrat selbst. Stefan Brockmeier schreibt in der Zeitung, daß Santelmann hinter vorgehaltener Hand “ein autoritärer, selbstverliebter Führungsstil nachgesagt” werde und es seit langem in der Kreisverwaltung gäre. Erst mit der Bitte seines Stellvertreters, des Kreisdirektors Werdel, von der Leitung des Krisenstabes entpflichtet zu werden, ist der ganze Konflikt und sein Ausmaß peu à peu in die Öffentlichkeit gelangt.
Wenn aber stimmen sollte, daß der Landrat einer Vereinbarung über die Arbeitsteilung in der Verwaltungsspitze zugestimmt, womöglich an ihr mitgearbeitet, und diese auch im Ältestenrat zustimmend vorgestellt habe, dann, finde ich, hat Santelmann auch mit den Kreistagsmitgliedern und den Fraktionen ein schäbiges Spiel betrieben. Vertrauen verspielt man vollends, wenn man einer Vereinbarung zustimmt und hinter dem Rücken die Bezirksregierung gegen die gleiche Vereinbarung mobilisiert. Ich frage mich, welche Rolle in diesem Pöstchenpoker der ehemalige Bürgermeister der Stadt Bergisch Gladbach und seinerzeitige Förderer von Stephan Santelmann, Lutz Urbach, spielt, der in der Bezirksregierung für die Kommunalaufsicht zuständig ist.
Es wird weitergehen in diesem unwürdigen Spiel. Die Bürgerinnen und Bürger des Kreises hätten ein Anrecht darauf, daß die offenen Fragen von der CDU beantwortet werden. Hätten. Die Mitarbeiter der Verwaltung hätten ein Anrecht darauf, daß in der Kreisverwaltung nicht wieder Angst aufkommt angesichts eines vollkommen ungeeigneten und allenfalls unter preußischen Bedingungen üblichen Führungsstils des Chefs der Behörde. Hätten. Die Kommunen im Kreis hätten ein Anrecht darauf, daß in den Fragen des Gesundheitsschutzes und der Pandemiebekämpfung die Verwaltung ihr Bestes gibt, wie unter Werdel, und nicht herumstolpert, wie unter der unseligen Führung von Santelmann. Hätten. On verra. Man wird sehen.
Empörung alleine wird nichts ändern.
Vielleicht stellen wir nur die falschen Fragen. Vielleicht sollten wir einmal hinterfragen, warum jemand so handelt, wie er es tut.
Und um es abzukürzen: warum erfüllt das Menschenbild in den Wirtschaftswissenschaften in so vielen Punkten die Kriterien für einen Psychopathen?
So lange die „Einstellkriterien“ für Führungspositionen wider besseren Wissens unverändert bleiben, so lange werden halt auch sehr häufig empathilose Menschen in den sämtlichen Etagen von Politik und Wirtschaft anzutreffen sein, die bereit sind, für ihren Erfolg „über Leichen zu gehen“ (Das ist bitte sinnbildlich gemeint).
Aber in unserer Gesellschaft, die nur einen großen Wert hat (das Geld), sind eben genau diese Fähigkeiten gefragt. Erfolg um jeden Preis! Das “Wie” spielt dabei eine völlig untergeordnete Rolle. Wir sind es zum Teil selber schuld. Auch ein schönes Stichwort zu diesem Thema, das ich hier kürzlich gelesen habe: Personenkult, im Zusammenhang mit Wahlen. Passt wie die Faust aufs Auge.
“Ach ja, diese hübsche Person auf dem Plakat lächelt mich so schön an – den muss man ja wählen… Der kann ja gar nicht böse sein.”
Bei fremden Menschen, die mich überzogen freundlich anlächeln, bin ich schon seit langer Zeit sehr vorsichtig geworden.
Ein Armutszeugnis der verantwortlichen Politiker. Ihr Ego zu bedienen steht jetzt anscheinend im Vordergrund.
Ich finde wie die Politik da reagiert ist erbärmlich und ich habe dafür absolut kein Verständnis.
Wenn der Landrat nicht tragbar ist muss eine Entscheidung, auch wenn dies unangenehm ist, getroffen werden.
Aus Sicht eines einfachen Bürgers ist das ganze Prozedere nur noch enttäuschend und schmälert das Vertrauen in die Politik.