Am Rübezahlwald 7

VON WOLFGANG HORN

Von Chaos in der Kreisverwaltung ist allenthalben die Rede, wenn es um den vom Landrat zu verantwortenden Zirkus, das Hü und Hott um das Landratsamt und die Führung der Kreisverwaltung geht. Chaos ist Unordnung, Durcheinander, Verwirrung. Das ist treffend für die Zustände im Kreishaus. Chaos meint auch gähnende Leere, das Nichts. So auch am Rübezahlwald 7. Nichts, keine Einsicht, keine Übersicht, kein Durchblick. Bei niemandem mehr. Nicht beim Landrat, klar, nicht bei der CDU, auch nicht bei den anderen Parteien. Rübezahl, das war doch dieser launische Berggeist, kraftstrotzend, roh, unbescheiden, eitel und Stolz. Ganz plötzlich sendet er Blitze und Donner, Nebel, Regen und Schnee vom Berg herunter, während eben noch alles im Sonnenglanz lag. Eine treffende Adresse, Rübezahlwald 7.

Tomás Santillán, Kreissprecher der Partei Die Linke, fordert die Einbeziehung neutraler, externer Experten, um den Konflikt zu lösen. Walter Schulz, ehedem Redakteur bei der Bergischen Landeszeitung, hält in einem Facebookkommentar die Prüfung der geplanten Neuorganisation der Verwaltungsstruktur durch einen Verwaltungsjuristen für erforderlich. Recht so. Können die Parteien wirklich einen gewählten Landrat auf den Posten eines Repräsentanten für den Kreis abschieben, während die Verwaltungsarbeit vom ernannten, nicht gewählten Kreisdirektor übernommen wird? Ich denke, das gibt die Rechtssprechung nicht her. Die Lösung hat einen gewissen Charme. Wird doch die Arbeit von demjenigen gemacht, der sie kann. Und derjenige, der erwiesenermaßen an der Position und ihren Aufgaben gescheitert ist, tritt allenfalls bei repräsentativen Anlässen in Erscheinung. Gut ausgedacht, vor allem von der CDU. Muß sie sich im Bundestagswahljahr doch nicht mehr um eine Landratsab- und -neuwahl kümmern. Charmant, aber sicher rechtswidrig.

Zudem: Es war die CDU, es war der Gladbacher Bürgermeister Urbach von der CDU, einst mit Santelmann zusammen in der Kölner Stadtverwaltung tätig, die Santelmann zum Kandidaten erkoren haben. Für diese Auswahl kann niemand sonst in der Kreisverwaltung haftbar gemacht werden. Auch nicht die anderen politischen Parteien. Von der CDU also ist in erster Linie ein Lösungsvorschlag zu erwarten, der dem Gesetz Rechnung trägt, den politischen Gegebenheiten gerecht wird, vor allem aber eine geschundene Verwaltung dauerhaft saniert und die Mitarbeiter nicht weiter maltraitiert.

Nur am Rande: Ist Lutz Urbach, jetzt in der Kommunalaufsicht der Bezirksregierung tätig, wirklich der richtige Mann auf dem richtigen Posten? Er, der Santelmann zuvörderst (mit-)ausgesucht hat, soll jetzt Ordnung ins Chaos am Rübezahlwald bringen? Ist er nicht eher befangen und müßte diesen Job jemandem übertragen, der nicht bereits seit Jahren maßgeblich involviert ist?

Die Freien Wähler im Kreis fordern eine Sondersitzung des Ältestenrats, wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet. Dort solle Santelmann den Widerspruch aufklären, daß er an der Vereinbarung über die Neustrukturierung der Verwaltungsspitze beteiligt war und diese auch im Ältestenrat vorgestellt hat, und andererseits nunmehr Bedenken gegen diese Planung äußert und nachträglich seine Zustimmung zurückgezogen hat. Recht so. Über diesen Wankelkurs des Landrats lachen die Menschen im Kreis, dabei ist es allenfalls traurig und zeigt, daß Santelmann kein Bild von geradlinigem Handeln hat, von konsequentem Umsetzen gefaßter Beschlüsse. Wankelmann laviert. Mit ihm die CDU. Das ist der politische Eiertanz. Nicht Hü, noch hott, nicht da-, nicht dorthin, jedenfalls nicht entschieden.

Auch die FDP-Fraktion im Kreistag sieht die CDU in der Verantwortung. Diese müsse weiteren Schaden vom Kreis abwenden und die „drohende Handlungsunfähigkeit der Verwaltung“ verhindern, wie Stefan Brockmeier in der Bergischen Landeszeitung schreibt. Im Kreishaus sei, so Brockmeier weiter, die wachsende Verunsicherung der Belegschaft bereits zu spüren.

Die CDU muß handeln. Bundestagswahl hin, Bundestagswahl her. Die Kreisverwaltung muß funktionieren. Immer. Und besonders in Zeiten, in denen die Gesundheit der Menschen durch eine Pandemie gefährdet ist. Eine eher flaue und matte Stellungnahme reicht gewiß nicht aus. Es müssen Entscheidungen getroffen werden. Ist der Landrat zu halten? Muß man ihn von seinem Amt entfernen? Wer könnte das Amt gut ausüben? Wann wäre eine Wahl möglich? Können sich die Parteien im Kreis auf eine einvernehmliche Lösung einigen? Es muß schnell gehen.

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

    • Frank Kaluscha
    • 14.07.21, 23:04 Uhr

    Wolfgang, Danke für deine (natürlich auch von allen anderen) Berichterstattung zum Kreistag. Bekommt man ja sonst kaum zu lesen (Zaunphal, Hallo Presse). Wollt ich nur mal sagen.

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    • Grauganz
    • 15.07.21, 11:53 Uhr

    Danke. Und den Zaunpfahl finde ich angemessen.

    Gruß

    Wolfgang

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