Wider die Gegenrede

VON WOLFGANG HORN

Es hätte so ein schöner Streit sein können. Sechs ich vermute gestandene Herren, ich kenne sie nicht und weiß nichts von ihnen, haben einen offenen Brief geschrieben, ich habe Ihnen geantwortet und sie kritisiert und sie schreiben nun zurück, eine Gegenrede. Hätte deswegen, weil auch mit der Gegenrede nichts erhellt wird. Viel Mühe steckt im langen Offenen Brief, auch in der Antwort und nunmehr wieder. Mühe. Aber keine Klärung.

Auch die Gegenrede enthält kein einziges verwertbares Argument, kein einziges Faktum, das das Vorurteil gegen Freikirchen nachvollziehbar und erschließbar macht. Die sechs Herren schreiben: „Sind Sorgen, Vermutungen und Verdächtigungen, die auf Fakten (Satzungsziele von Bowl- Church) und persönlichen Erfahrungen beruhen, Vorurteile und damit in Bausch und Bogen als „perfide“ abzutun?“ Liebe schreibende Herren, dann benennen Sie doch bitte mal, welche persönliche Erfahrungen Sie oder jemand von Ihnen in welchem Zusammenhang mit welcher konkreten Freikirche oder Bowl Church gemacht hat und wie das in die Debatte um eine Projektträgerschaft eingebracht werden kann. Bitte. Sonst sind es keine Fakten, sondern bleiben nur, als was Sie sie im obigen Zitat selber bezeichnet haben: Sorgen, Vermutungen, Verdächtigungen. Also Ressentiments. An der Stelle muß ich offenbar von meiner Kritik nichts zurücknehmen.

Nehmen wir eine weitere Stelle Ihrer Gegenrede: „Glauben Sie allen Ernstes, dass unsere vielfältigen, negativen persönlichen Erfahrungen mit Mitgliedern der Freikirche frei erfundene Hirngespinste sind? Erwarten Sie jetzt, dass wir jeden dieser Negativ-Fälle namentlich und in aller Öffentlichkeit ausbreiten, getreu Ihrer Forderung „Butter bei die Fische“, um unserer Argumentation zumindest in Ihren Augen mehr Gewicht zu verleihen? Wir sind da nicht so offenherzig wie Sie, was die Offenbarung persönlicher Lebenserfahrungen angeht.“ Nein, liebe Autoren. Ich habe an keiner Stelle von Hirngespinsten gesprochen. Dieses Wort wird von Ihnen in die Debatte eingebracht. Sie haben Ihre rhetorische Frage übrigens geschickt formuliert: „Erwarten Sie jetzt, dass wir jeden dieser Negativ-Fälle namentlich und in aller Öffentlichkeit ausbreiten?“ Nein. Zunächst einmal wären wir in der Debatte schon einmal ein Schrittchen weiter, wenn überhaupt mal ein Fall beschrieben würde, der es rechtfertigt, eine (welche?), alle Freikirchen am Ort derart zu zeihen, wie Sie die nun bereits zum zweiten Mal tun. Es geht darum, daß Ihre Argumentation überhaupt ein Gewicht bekommt, nicht mehr Gewicht. Sie haben bislang in keinem einzigen Fall deutlich machen können, wo ihr Mulm seinen Ursprung haben könnte. Sie sprechen Verdächtigungen aus, also müssen Sie auch belegen, warum Sie das tun.

Wir sind da nicht so offenherzig wie Sie, was die Offenbarung persönlicher Lebenserfahrungen angeht, schreiben Sie dann. Aber Sie leiten aus diesen persönlichen Lebenserfahrungen doch ab, daß die Wermelskirchener Jugendlichen der Bowl Church auf keinen Fall ihr Projekt im Freizeitareal Eifgen realisieren dürfen. Ehrlich gesagt: Das ist ein wirklich trauriges Argument.

Weiter in Ihrem Text: „In der Schilderung Ihrer persönlichen Erlebnisse verharmlosen Sie aus unserer Sicht die Möglichkeit religiöser Einflussnahme auf Jugendliche.“ Na. Ich habe lediglich beschrieben, daß ich nicht Mitglied irgendeiner christlichen Kirche oder Gemeinschaft bin. Vielleicht es ja gar nicht so traurig, sondern nur irre komisch, daß Sie ausgerechnet mich zum Verteidiger und Leumundszeugen für eine freikirchlich getragene Gemeinschaft von Jugendlichen machen. Wissen Sie, ich habe keinerlei Veranlassung, religiöse oder andere Einflussnahme auf Erwachsene oder Jugendliche zu verharmlosen. Und Ich habe keinerlei Veranlassung das Gegenteil zu verharmlosen, nämlich die Stigmatisierung von Andersdenkenden und Andersgläubigen als unerwünschte Minderheit. Im Gegenteil trete ich öffentlich entschieden gegen jede Form von gruppenbezogenen Ressentiments ein, seien sie nun gegen Flüchtlinge gerichtet, ihre Religion, des Islam, gegen Juden und ihre Religion, gegen ethnische Minoritäten, andere Gruppen und ihr Glaubensbekenntnis. Wenn es etwas einzuwenden gibt gegen eine Gruppe, dann müssen die Einwände konkret, nachvollziehbar, behandelbar sein, dann muß man über sie sprechen können, dann müssen sich die Kritisierten auch zur Wehr setzen können. Ich denke doch, daß wir an dieser Stelle einig sein sollten, oder?

„Es wird auch deutlich, dass Sie die Argumentation in unserem Brief nicht verstanden haben oder bewusst nicht verstehen wollen! Nochmals: Wir meinen, deutlich gemacht zu haben, dass vor dem Hintergrund der Satzung ein bestimmtes von uns entworfenes Szenario durchaus möglich oder zu befürchten ist. Wir können nicht beweisen, dass es letztlich so kommt. Ebenso wenig können Sie aber beweisen, dass unsere Befürchtungen nicht zutreffen.“

Es wird immer besser in der Gegenrede. Wenn alles nicht klappt, dann ist der andere einfach zu blöde. Ich habe Ihren Brief nicht verstanden. Soso. Mal ganz ehrlich: Glauben Sie ernsthaft, Ihr Offener Brief sei ein derart gesegnetes literarisches Produkt, daß gemeine Menschen wie ich vergeblich Ihre sprachlichen Hochleistungen zu ergründen suchen? Noch einmal: In diesem Zitat befürchten sie, noch einmal: befürchten Sie ein Szenario. Sie schreiben selbst, Sie könnten es nicht beweisen. Ja, Sie haben selbst auf jeden Beweis verzichtet. Und nun der argumentative Oberhammer: Ich kann ja auch das Gegenteil nicht beweisen. Ich will gar kein Gegenteil beweisen. Hier stehen nicht zwei Meinungen gegenüber. Sie haben mittels nicht bewiesener Verdächtigungen gegen ein Gruppe Wermelskirchener ein Ressentiment geschürt, sie wiegeln auf. Mir geht es darum, daß in Wermelskirchen nicht gezündelt wird, daß es keine öffentlich ausgesprochenen Verdächtigungen gibt, die sich nicht nachprüfen lassen. Wenn es etwas auszusetzen gibt, an Plänen, Ideen, Menschen oder Gruppen, dann muß es benannt werden, damit es besprechbar wird, verhandelbar, rauskommt aus der Grauzone des Mulm.

Alles weitere, was Sie noch schreiben, ist Qualm. Hier wurden und werden keine Beweise von der Qualität mathematischer Exaktheit verlangt. Von niemandem. Mit derartigen Wortkaskaden mühen Sie sich, abzulenken davon, daß Sie auch im zweiten öffentlichen Brief kein einziges Faktum angeben, auf dessen Grundlage ihre weitreichenden Schlussfolgerungen diskutierbar wären.

Ein Allerletztes. Es liegt eine eher grobe Projektbeschreibung vor. Mehr eigentlich nicht. Wer, falls es überhaupt zu einem derartigen Verfahren kommt, dann Träger des Unterfangens sein wird, in welcher Verfassung, auf der Basis welchen Vertrages oder welcher Satzung, darüber kann man heute allenfalls spekulieren. Das haben sie ausgiebig getan. Spekuliert. Um ein Klima gegen die Bemühungen einer großen Anzahl hiesiger Jugendlicher zu schaffen. Das ist schade. Und nicht kommunikativ.

Ich wünsche Ihnen allen, Herr Berg, Herr Hunds, Herr Miotk, Herr Schiffmann, Herr Schmitz und Herr vom Stein einen schönen Restsonntag, vor dem Fernseher, im Eifgen, im Café, gleich wo.

Ihr

Wolfgang Horn

Kommentare (8) Schreibe einen Kommentar

    • Petra+Weber
    • 16.06.21, 20:10 Uhr

    Sture alte Männer…

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    • Klaus E. Ulinski
    • 16.06.21, 21:35 Uhr

    Eine Gegenrede – so wie sie von den Herren Berg, Hunds, Miotk, Schiffmann, Schmitz und vom Stein wohl gemeint war – sollte normalerweise Fakten und stichhaltige Argumente liefern, deren eine verwertbare Nachprüfbarkeit zugrunde liegt. Dies ist hier nicht der Fall. Weil es keine Gegenrede ist, sondern ein Psychogramm – aus dem ein Psychologe deutlich herausliest, dass es sich hier um eine Gruppe von Menschen mit einem klar unbearbeitetem Trauma handelt. Meine Herren – ich meine das nicht zynisch: Sie sollten sich Hilfe holen. Andernfalls schaden Sie sich weiter selbst und auch anderen.

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    • Petra+Weber
    • 17.06.21, 20:36 Uhr

    Mit meiner Aussage von oben meinte ich eigentlich beide Seiten und die Art der Kommunikation. Heute Abend wurde mir aber zumindest von einem Vertreter der einen Seite eindrucksvoll bestätigt, dass ich mit meiner Einschätzung nicht ganz falsch liegen kann. Hier geht es nicht mehr darum zu diskutieren, hier will mann Recht haben…

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      • Wolf
      • 18.06.21, 8:56 Uhr

      Jetzt ist aber gut!
      Punkt 1, was soll diese bescheuerte Aussage „alte Männer“? Ich kenne junge Männer die im Kopf bereits alt sind und umgekehrt. Und wären es Frauen die sich hier schreiben würden, wären es dann alte Frauen? Bestimmt nicht, denn dann wäre das Geschrei ja direkt wieder groß!
      Punkt 2. Wenn eine Gruppe von Menschen einen öffentlichen Brief verfasst und darin pauschale Anschuldigungen in den Äther bläst und das ohne jede Fakten, dann darf man da mal nachhaken. Oder besser, da muss man auch mal nachhaken. Genauso gut könnte da stehen, „ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber…“. Und genau so fängt es doch immer an. Dumme Stammtischparolen, die einfach mal so rausgehauen werden und dann die Runde machen. Dagegen darf man ruhig mal die Hand erheben. Schlimm genug, dass so ein Gerotze auf Facebook & CO. Bereits Standard ist. Einfach plappern ohne zu Denken, echt übel!
      Die Widerrede ist berechtigt, in jedem Punkt!

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  1. Stimmt es eigentlich, dass die 6 Herren zu einem Stammtisch gehören, dem zudem auch noch ein Stadtverordneter angehört, der den Brief aber nicht unterschrieben hat?

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    • Grauganz
    • 18.06.21, 8:14 Uhr

    Stimmt es eigentlich, daß …

    So kann man ein Gerücht einleiten. Man kann aber auch darüber nachdenken, ob ein Gerücht als Kommentar auf einen Beitrag, der mit Gerüchten ins Gericht geht, sich gegen sie zur Wehr setzt, sie für untauglich für eine rationale Debatte hält, wirklich angemessen ist. Ich habe in dem Beitrag geschrieben, daß ich die Herren, die den in Rede stehenden Text verfaßt haben, nicht kenne. Ich weiß also auch nicht, ob es sich um eine Stammtischrunde handelt. Sie sollten uns alle informieren, wenn Sie mehr wissen. Aber ein oder mehrere weitere Gerüchte helfen nicht wirklich weiter.

    Wolfgang Horn

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    • Daniel Pleuser
    • 22.06.21, 13:44 Uhr

    Ich bin Teil der BowlChurch. Was mich wundert ist, warum die 6 Personen nicht den direkten Draht zur Bowl Church suchen! Warum redet man nicht miteinander, sondern übereinander.

    Viele Bedenken könnte so leicht aus der Welt geschafft werden. Ich möchte ein Beispiel geben: Der CREATIVE SPACE soll bewusst eine NEUE Körperschaft werden. Warum? Sicher nicht um die christlichen Werte aus der Satzung der Bowl Church zu verschleiern, sondern weil es ein Ort sein soll an dem es nicht um religiöse Ziele geht, sondern um Kreativität und die Möglichkeit eigene Fähigkeiten kennen zu lernen. Das ist der Kern des generationsübergreifenden Konzepts bei dem sich JEDER einbringen und teilnehmen kann – unabhängig von Alter, Religion, Herkunft und Milieu. Man muss dafür auch kein Mitglied sein, sondern der CREATIVE SPACE soll allen Wermelskirchen eine Mehrwert bieten.

    Sicherlich wird der Bowl Church e.V. das Gelände auch mal mieten und für Veranstaltung nutzen. Aber das passiert auf der gleichen Basis wie jeder andere Verein/Gruppe die das Gelände nutzen möchte.

    Aus diesem Grund ist der CREATIVE SPACE eine Initiative der Bowl Church, aber nicht der Bowl Church gleich. Deshalb macht es keinen Sinn über die Satzung der Bowl Church zu sprechen und zu diskutieren.

    Warum ist die neue Körperschaft noch nicht gegründet? Es ist viel Arbeit, kostet Geld und Zeit eine neue Körperschaft zu gründen. Das macht man nicht so einfach mal. Dieses Investment lohnt sich erst wenn es ein Gebäude (im Idealfall das Eifgen-Areal) zu kaufen gibt. Wenn wir kein Gebäude finden, dann kann das Konzept des CREATIVE SPACE nicht umsetzten und dann braucht es auch keine neue Körperschaft. Da wir gerade neben Studium, Ausbildung und Arbeit viel Zeit in den CREATIVE SPACE investieren, müssen wir genau abwägen welche Arbeiten gerade wirklich notwendig sind. Jetzt schon eine neue Körperschaft zu gründen wäre Schritt 2 vor 1.

    Gerne würden wir uns über eine Kontaktaufnahme (info@bowlchurch.com) freuen um die Bedenken zu besprechen.

    Schöne Grüße
    Daniel Pleuser

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    • Angelika Hoppe
    • 24.06.21, 9:26 Uhr

    Ich habe 1 Woche vor Veröffentlichung des Briefes selbst nach dem Begriff Bowl Church gegoogelt und hatte die gleichen Gedanken wie die 6 Herren. Egal, was da für eine Körperschaft gegründet wird. Die Religion wird immer dahinter stehen und somit das Missionieren. Ich beobachte das Weltgeschehen und sehe, wie die Evangelikalen Einfluss gewinnen. Und da wird das Leben nicht lustiger, siehe Bible Belt / USA oder Rio de Janero. Das gefällt mir nicht. Wer meint: aber so wird das in Wermelskirchen nicht, kann sich auch irren. Vielleicht irre ich mich auch, aber ich habe ein sehr ungutes Gefühl. Zudem ich mich auch frage, von wem das Geld kommt.

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