Rauf und Runter: gewürfelte Inzidenzwerte?

VON Wolfgang Horn

Rheinisch-Bergischer Kreis | Vorgestern berichtete auch der Kölner Stadtanzeiger in seiner Bergischen Ausgabe über die seit einiger Zeit verspätet gemeldeten und durch das Landeszentrum Gesundheit immer wieder nach oben korrigierten Corona-Neuinfektionen durch die Kreisverwaltung.

De Facto handelt es sich, wie vielfach bereits berichtet wurde, bei der falschen Berechnung der Inzidenz um eine Außerkraftsetzung von gesetzlichen Regelungen des Infektionsschutzgesetzes. Das Bürgerportal Bergisch Gladbach und auch das Forum Wermelskirchen weisen seit geraumer Zeit auf diesen, nennen wir es freundlich: Missstand hin. Wenn die Inzidenzzahlen entscheidender Parameter für die Öffnung oder Schließung von Geschäften, für Präsenz- oder Distanzunterricht in den Schulen sind, wenn die Inzidenzwerte entscheiden, ob Kinder in Kindertageseinrichtungen betreut werden oder nicht, dann haben alle Bürger einen Anspruch auf zeitnah und aktuell sowie realistisch errechnete Inzidenzwerte. Nur auf diese Weise ist ein angemessener Gesundheitsschutz der Bevölkerung möglich.

Reiner Lingmann berichtet auf einer Facebookseite, daß er in dieser Angelegenheit den Landtagsabgeordneten des Kreises angeschrieben und um Hilfe gebeten habe. “Rainer Deppe MdL, unser direkt gewählter Abgeordneter, hat sich der Sache auch kurzfristig angenommen, wofür ich ihm sehr dankbar bin, und beim Kreis nachgefragt. Allerdings ist er mit einer Halbwahrheit abgespeist worden: Der Kreis melde alle Fälle. Ja, unbestritten, aber zu spät und deshalb untauglich. Darauf habe ich Herrn Deppe gestern hingewiesen und bislang noch nicht wieder von ihm gehört. Ich hoffe, da kommt noch was.”

Auf verschiedenen Plattformen der sozialen Medien, Facebook, Instagram, wird die Praxis der Rheinisch-Bergischen Verwaltung heftig kritisiert. Mit Recht stellt auch der Kölner Stadt-Anzeiger die Frage, warum die Zahlen aus Rhein-Berg derart verspätet beim Land eingehen? “Spielt die Stilllegung des Krisenstabs eine Rolle? Oder die noch immer in den Anfängen steckende Einführung digitaler Prozesse? Eine Antwort des Kreises auf die bereits mehrfach aufgeworfene Frage der Redaktion nach diesen Verzögerungen ging auch am Mittwoch bis Redaktionsschluss nicht ein.”

Meine Frage ist: Warum berichten die hiesigen lokalen Medien nicht über diese alltäglichen Inszidenzwertkorrekturen? Lediglich in der lokalen Ausgabe Burscheid des RGA habe ich eine kleine Notiz gefunden. Ist die falsche und unsachgerechte Festsetzung der Inzidenzwerte lokalpublizistisch nicht interessant? Sind auch die lokalen Journalisten eher an niedrigen Zahlen interessiert? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Aber einen Grund muß es doch geben für die auffällige Informationsverweigerung. Die Parteien befinden sich hier wie da, in Wermelskirchen und im Kreishaus, in unterschiedlichen Parteibündnissen und Koalitionen. Aber reicht das schon aus für eventuell falsch verstandene Loyalität mit den/dem Verantwortlichen in der Kreisverwaltung? Wäre es nicht Aufgabe aller Parteien in Wermelskirchen, auf wahrheitsgemäße Aufklärung zu drängen und die sofortige Beseitigung des Missstandes einzufordern? Muß man den lokalen Verantwortlichen die Bedeutung der Inzidenzwerte angesichts der Bundesgesetzgebung wirklich noch einmal verständlich darlegen? Nein, davon gehe ich nicht aus.

Also, übernehmen Sie Mr./Ms. Bond …

Beitragsfoto © Farbsynthese (Pixabay)

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • Monika Reh
    • 02.05.21, 13:00 Uhr

    Mein größtes Problem bei dieser Geschichte ist, dass das Vertrauen in unsere Kreispolitik so was von “inne Fritten” ist. Weil die Zahlen runter sind, schicken wir unsere Kinder mit gemischten aber auch halbwegs positiven Gefühlen in die Schule, um fünf Tage später festzustellen, dass die Schule eigentlich noch hätte geschlossen bleiben müssen. Die Geschäftsleute rüsten auf und freuen sich auf Öffnung, um dann wieder in den Dornröschenschlaf versetzt zu werden. Konstant und konsequent abgeschirmt und immer auf Sicherheit bedacht ist das Rathaus.
    Ich bin zugezogen und war im Leben noch nie politisch aktiv. Aber so etwas hab ich noch nirgendwo erlebt.

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