VON JOACHIM ZAPPE
Das Haus der Geschichte hat ihn im Depot für eventuelle Corona-Ausstellungen. Ebenso über 11000 Menschen aus aller Welt. Und ich habe ihn seit gestern ebenfalls auf dem Schreibtisch stehen: Professor Christian Drosten. Da steht er nun, so wie wir ihn kennen: Die Haare wuschelig, die Augenbrauen schwungvoll und der Blick kritisch. Auf dem Corona-Virus nachempfundenen Standfuss steht Deutschlands berühmtester Virologe in einer Größe von 25 cm, in weißem Arztkittel und selbstverständlich geschützt mit Maske. Wenn ich im Forum Wermelskirchen die täglichen Inzidenzwerte studiere, erfreue ich mich jetzt an dieser seltenen Handwerkskunst.
Die handgeschnitzte Figur könnte dabei sogar Rauchzeichen senden, denn das Virologen-Schnitzwerk ist ein Räuchermännchen und stammt aus dem berühmtesten Ort des Erzgebirges in Sachsen, aus dem Kurort Seiffen. So hatte ich das in einem Artikel in der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ gelesen. Dort schnitzen normalerweise Dutzende von Spielzeugmacher an Schwibbögen, Pyramiden, Nussknackern und Räuchermännchen. Die Räuchermänner aus dem Erzgebirge stellen meist berühmte Berufe dar, Förster, Schaffner, Lehrerinnen oder Bergmänner. Normalerweise, denn in Corona-Zeiten mit ausfallenden Weihnachtsmärkten stehen die Traditionsbetriebe, die meist seit Jahrzenten existieren, am wirtschaftlichen Abgrund. Immerhin werden 75 Prozent des Umsatzes in der Advents- und Weihnachtszeit erzielt. Viele Holzkünstler der Region, die von Januar bis Dezember das schnitzen und drechseln, was dann zu Weihnachten verkauft wird, gerieten 2020 in große Not. Einem geht es dabei nach Recherchen „Der Zeit“ dank der Drosten-Figur gut bis sehr gut, und das ist Tino Günther. Nach langem Zögern – viele Freunde rieten ihm von der Idee ab – wurde das Virologen-Projekt realisiert und geht seither regelrecht durch die Decke. Statt die sieben Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken zu müssen, wurde die Belegschaft Dank des Drosten-Männchen auf zwölf Festangestellte und elf Aushilfskräfte aufgestockt. Der Umsatz hat sich mehr als verdoppelt, und die Lieferzeiten bei Bestellung direkt im Erzgebirge bewegen bis in den in Herbst hinein. Im Internet ist der normale Verkaufspreis von 80 Euro bereits auf 140 Euro hoch geschnellt. Dass Professor Christian Drosten sich mit den Handwerkern im Erzgebirge freut, hat er mit einem persönlichen Schreiben nach Seiffen gemeldet und ihnen für das nächste Weihnachtsgeschäft Hoffnung gemacht.
Soweit ist die Erfolgsgeschichte aus dem Erzgebirge erzählt, jetzt kommt mein Teil der Geschichte hinzu. Als gestern das Paket aus dem Erzgebirge kam, und ich Christian Drosten auspackte, war „die beste Ehefrau von allen bei mir Zuhause“ „not amused“ und kurz davor, den psychologischen Notruf auszulösen, um mich abholen zu lassen. „Der kommt mir nicht ins Wohnzimmer“, sagt sie streng. „Nein“, beruhige ich sie, „ich stelle IHN auf meinen Schreibtisch“ und habe damit zumindest einen „Waffenstillstand“ erreicht.
Dabei bin ich kein typischer oder enthusiastischer „Sammler“, der spezielle Objekte begehrt und diese dann dekorierend ausstellt. Aber ich bin Gerechtigkeitsfanatiker und ausgesprochener Karl-Lauterbach-„Fan“. Beim Lesen des „Zeit“-Artikels schoss es mir spontan in den Kopf: „Ich möchte gerne den großen Karl, Karl Lauterbach als Figur haben!“ Ich finde, dass er auf keinen Fall zurückstehen sollte. Als 25 cm großes Räuchermännchen könnte ich ihn mir – mit oder ohne Fliege – sehr gut und unverwechselbar vorstellen. Natürlich den Henrick (Streek), die Melanie (Brinkmann), die Christiane (Woopen) oder alle anderen honorigen Corona-Protgonisten auch. Sie hätten es alle verdient.
So habe ich mich in Seiffen mit der Firma Günther in Verbindung gesetzt. Ein nettes Gespräch mit Carmen Günther entwickelte sich, aber ich hatte mit meinem Anliegen mit strategisch angelegten Argumenten keine Chance, an den großen Karl als Räuchermännchen zu kommen. „Der Chef möchte keine Politiker darstellen“ stellte Prokuristin heraus. Alle meine (Marketing) Argumente liefen ins Leere: „Karl Lauterbach ist doch ein renommierter Wissenschaftler und dann erst Politiker, er ist ein unverwechselbarer Typ, er ist Rheinländer, allein aus Köln kämen schon 20 000 Räuchermännchen-Bestellungen zusammen. Oder wie wäre es, ganze Talkrunden, Markus Lanz inclusive, als Räucherrunden zu schnitzen“. Ich habe wirklich alles versucht, aber Karl Lauterbach auf meinem Schreibtisch – das werde ich mir wohl abschminken können. Ob es daran liegt, dass der Donald Trump-Nussknacker von einem anderen Händler aus Seiffen nur wenige Hundert Exemplare in die USA verkaufen konnte? Tino Günther ist eigentlich selbst Politik-affin, er saß von 2004 bis 2014 für die FDP im Sächsischen Landtag. Eines habe ich jedenfalls erreicht, trotz der sonst langen Lieferzeiten habe ich den Christian sofort, als zweite Wahl, erstehen können, womit ich natürlich das Copyright am Beitragsbild mir selber genehmigen kann….
PS: Bitte melden: Gibt es bei uns im schönen Bergischen Land eventuell Holzkünstler, die sich mal an dem Modell Karl Lauterbach probieren möchten? Es müssen ja nicht immer Vogelhäuser sein. Für den (ersten) sachdienlichen Hinweis, der mir den großen Karl auf den Schreibtisch bringt, lobe ich hiermit eine Kiste Dellmanns Bräu aus.
Lieber Jochen,
well done. An Karl hätte ich auch Interesse, meinem Freund Reiner in Köln würde ich ebenfalls einen Räucher-Karl schenken. Welch schöner Hintersinn, einen Mann, der vegan lebt, kein Salz konsumiert, nicht raucht und trinkt, aber sehr gesund und auch sportlich ist, zum Modell eines Räuchermännchens zu machen. Schade, daß der erzgebirgische Humor für diesen Hintersinn nicht taugt.
Schöner Beitrag.
Gruß
Wolfgang
Wenn Herr Günther bei der FDP war, wundert es mich nicht, dass er Karl Lauterbach nicht schnitzen möchte. 🙂
Einen schönen Gruß an Herrn Zappe von einer ehemaligen Schülerin. 🙂
Ja, der Herr Prof. Lauterbach. Dank der Pandemie aus einer medialen Versenkung aufgetaucht. Da ich beruflich mit manchen Auswüchsen des deutschen Gesundheitssystems konfrontiert werde, assoziere ich das Wirken von Herrn Lauterbach eher mit negativen Aspekten. Die seit Jahren zunehmende Konzentration im Gesundheitswesen hat für Patienten, Ärzte und Angestellte vor allem in den Kliniken viele Nachteile gebracht. Einer der Protagonisten die mir damals unangenehm aufgefallen sind, war das Unternehmensgeflecht der Rhön Kliniken. Dumpinglöhne, unterlaufen von Tarifverträgen, Ausbeutung von Reinigungskräften etc. waren nur einige der Vorwürfe die damals im Raum standen und nachweisbar waren. Einer der Aufsichtsräte damals: Herr Dr.Lauterbach. Mit einer jährlichen Aufwandsentschädigung von € 62.000,- neben seinem Bundestagsmandat nicht wirklich schlecht gestellt. Ich gebe zu, mir ist der Mann auf Grund dieser und einiger anderer Vorgänge im Gesundheitsbereich, die er mit zu Verantworten hatte, ausgesprochen unsympathisch. Damit befinde ich mich aber in guter Gesellschaft sehr vieler Mediziner in Klinik und Praxis die sich bei dem Namen Lauterbach eher undiplomatisch äußern 😊.
Lieber Stefan, ich persönlich hätte mir mehr mahnende Stimmen wie KL in der Bundes- und Landespolitik gewünscht. Mit früher ergriffenen, schärferen Maßnahmen, wie KL sie schon lange fordert, hätten viele Infektionen mit schlimmen Folgen vermieden werden können.