Von Apps und Downs

VON JOACHIM ZAPPE

Breaking News, die kommen wie selbstverständlich aus der Nachrichten-App, zu jeder Tages- und Nachtzeit: So ist die Schlacht erst mal geschlagen,  Armin Laschet hat es vermeintlich geschafft. Er wird die CDU/CSU als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahlen im September führen. Oder? Was die Abstimmung im Parteivorstand wirklich  wert ist, was noch alles passiert – die Nachrichten-Apps werden es als erstes vermelden.

Ein Leben ohne Apps – ist das noch denkbar? Diese kleinen Programme  sind aus dem Alltag und von Smartphones kaum noch  wegzudenken. Für jede Altersgruppe, jede Zielgruppe, für jede Gelegenheit wird  Nützliches und weniger Nützliches, oft auch nur Schwachsinn angeboten. Die Wetter-App hilft uns, unsere Außenaktivitäten regengenau zu planen, der Handwerker hat die Wasserwaage und das Licht (mit oder ohne Lupe) immer dabei. Selbst komplizierte Geldgeschäfte und Kaufaktionen sind kinderleicht vom Smartphone oder Tablet abzuwickeln. Wer vergessen hat, wo er sein Auto in der Großstadt geparkt hat – die App „Wo ist mein Auto“ hilft ebenso wie bei der Suche nach der günstigsten Tankstelle. Was würden wir ohne die Corona-Warn-App machen oder demnächst, wenn alle Sicherheitslücken geschlossen sind, von der Luca-App. Tausende oder Abertausende von Apps, Tendenz steigend, gibt es mittlerweile. Es gibt nichts, was es nicht gibt.

Einige Bereiche sind allerdings noch etwas stiefmütterlich vertreten. Apps im politischen Bereich zum Beispiel – eine absolute Marktlücke. Nehmen wir doch mal die Kandidatenkür zum CDU-Parteivorsitz oder gerade eben den Showdown bei „Germanys next Kanzlerkandidat der CDU/CSU“.  Was betreiben die Herrschaften und ihre Parteien für einen Aufwand. Das kostet Zeit, Geld und Nerven. Wenn am Ende Umfragewerte, in Worten U M F R A G E N das entscheidende Kriterium ist, wer seine politischen Ideen und Ziele mit welcher Politik erreichen will, dann reicht doch die schlichte „Kandidaten-App“. Bequem und sicher, vor dem Frühstück, dem Klo-Gang  oder dem coronakonformen Besäufnis am Abend: Knopfdruck genügt und schon ist man Teil direkter Demokratie. Und mal ehrlich, dafür braucht man keine politischen und gewählten Gremien, keine Parteivorstände, keine Landesverbände oder sonstigen Organisationen mehr. Man braucht, streng genommen, sogar keine teuren Umfragen mehr, keine Institute oder das ZDF-Politbarometer. Die „Kandy-App“ (so könnte sie zum Beispiel heißen) macht es möglich, Eintscheidungen jetzt, direkt. Je länger man drüber nachdenkt, desto überraschter ist man, dass auf diese geniale und in diese Zeit von Dschungelcamp und Big Brother passende Idee noch keiner gekommen ist.

Wenn man das Denkmodell dann noch weiter spinnt, dann  bieten sich ungeahnte Möglichkeiten. Was wäre denn, wenn wir Wahlen überhaupt nur noch per App durchführten? Was brauchen wir dann noch ehrenamtliche Wahlhelfer, die in den Wahllokalen sitzen und stundenlang Stimmen auszählen. Hinterzimmer und stundenlange Diskussionen und Verhandlungen braucht man nicht mehr. Brexit, Auslandseinsätze der Bundeswehr oder Deutschlands Austritt aus der EU – einmal Wischen, und sekundenschnell gibt es Entscheidungen. „WISCH und WEG oder CLEAN“, so könnte doch eine neue App heißen, mit der man die unbequemen Korruptionsaffären bei CDU und CSU einfach weg beamt. Das bisschen Datenschutz oder russische IT-Robot-Angriffe sind doch sicherlich in den Griff zu bekommen. Datenschutz und -Sicherheit gehören doch spätestens mit der Corona-Warn-App zur absoluten deutschen Kernkompetenz.

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