Hü und Hott

VON WOLFGANG HORN

Am Dienstag noch ließ Landrat Stephan Santelmann vermelden, daß, sollte die 7-Tage-Inzidenz im Kreis die Marke von 100 überschreiten, die sogenannte Notbremse greifen und der Kreis das hinnehmen und auf eine Lockerung verzichten werde. Das war das Hü. Heute nun das Hott: Der Kreis werde im Falle der Inzidenzüberschreitung per Allgemeinverfügung die sogenannte Test-Option ziehen, die eine Öffnung der Geschäfte für Personen mit einem aktuellen Schnelltest erlaubt. So solle Handel, Gewerbe, Kultur und Sport etwas „Luft zum Atmen“ gesichert werden. Wie kann man sich angesichts der doch drastischen Warnungen derer, die etwas von der Materie verstehen, nämlich der mit virologischen und medizinischen Fragen befaßten Experten und Wissenschaftler, jetzt für Lockdown-Lockerungen durch die Hintertür eintreten. Unter dem Vorwand, testen zu wollen, wo und wie das Infektionsgeschehen stattfindet, wird Händlern und Gewerbetreibenden ein gewiß zeitlich sehr befristetes Bonbon geboten. Eben noch die unüberhörbaren Warnungen des Gesundheitsministers auf nachgerade allen deutschen Fernsehkanälen, ergänzend zur gestern Abend wieder einmal drastisch formulierten Kritik von Expertinnen am nicht durchdachten und falschen Kurs der Politik in der Fernseh-Primetime, und jetzt, mal wieder der Politiker-Eiertanz, diesmal auf kommunaler Bühne, dem Kreis. Was ist daran nicht zu verstehen, daß die Krankenhäuser und Intensivstationen in kurzer Zeit volllaufen werden, daß Menschen auch mittlerer Jahrgänge mit heftigen Krankheitsverläufen zu rechnen haben und auch wieder Mitbürgerinnen werden sterben müssen, wenn wir jetzt die dritte Welle der Pandemie nicht mit einer wirksamen Kontakteinschränkung, einem harten Lockdown überall dort, wo Menschen zusammenkommen, aufhalten und die Infektionszahlen reduzieren?

Beitragsfoto © Anna Shvets

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

  1. Im Fratzenbuch habe ich eben eine Situation gestern im Klinikum Leverkusen beschrieben. Es geht nicht mehr ums Verstehen. Es ist eine absichtliche Weigerung einiger – vieler.

    Mein Text dort:

    Hier nur ein ganz einfaches Beispiel dafür, weshalb Appelle an die Bevölkerung im Winde verwehen.

    Meine Frau Anja, eine Mitarbeiterin des Klinikums Leverkusen und ich standen gestern in einem der Aufzüge des Klinikums und fuhren von oben nach unten. Übrigens gestern vier mal. Coronabedingt dürfen diese recht großen Aufzüge zur Zeit nur mit drei Personen genutzt werden. Auf dem Boden sind Standpunktaufkleber, wo die einzelnen Personen stehen sollen. Draußen vor den Aufzügen stehen Schilder, die darauf hinweisen, dass nicht mehr als drei Personen mit den Aufzügen fahren sollen.

    Wie bekommt man Menschen dazu das zu beachten, dass der Aufzug bereits voll ist, ohne dass man sie förmlich ANSCHREIT “HALT DER AUFZUG IST BEREITS VOLL” und die Mitarbeiterin der Klinik die Aufzugtür manuell schließen muss?

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