VON WOLFGANG HORN
Die Bürger sind nicht schuld. Sie machen in ihrer übergroßen Mehrheit, was man ihnen rät, vorschreibt, einsichtig, duldsam, loyal, solidarisch. Natürlich ist das pandemische Geschehen eine äußerst harte Prüfung. Viele Bürgerinnen und Bürger haben Not, um ihre Arbeit, das Wohlergehen von Kindern und Eltern, um ihre wirtschaftliche Sicherheit, ihr berufliches Überleben. Aber das ständige Hin und Her der Regierenden und der Verwaltungen des Landes, kein Lockdown, Lockdown light, harter Lockdown, Reise-Einschränkungen, Reisemöglichkeiten zulassen, Ausgangssperren, Geschäftsschließungen, Ladenöffnungen, Schulbesuch, Distanzunterricht, Kita auf, Kita zu, Kita halb auf, das macht mürbe, müde, auch unduldsam. Aber gleichwohl ist die überwiegende Mehrheit der Menschen immer noch dafür, mit all den Maßnahmen, die ersonnen worden sind, das Virus einzudämmen. Sie sind bereit zu Kontaktbeschränkungen und zum Abstand. Sie feiern keine Feste. Sie vermeiden die Gottesdienste. Sie schränken sich ein. Sie achten aufeinander. Sie tragen Masken, überall. Sie nutzen Apps und kontaktlose Bezahlmöglichkeiten. Sie desinfizieren sich die Hände. Party machen nur wenige Uneinsichtige in der irren Zuversicht, das Virus könne ihnen nichts anhaben. Lauthals brüllen, ohne jeden Schutz durch Innenstädte ziehen, Nordkorea für demokratischer halten als die Bundesrepublik, sich an keine Regel und Verfügung halten, mit Rechtsextremisten paktieren und gemeinsam die Kanzlerin beschimpfen und Polizisten anpöbeln, das machen die Coronaleugner, in der irren und wirren Annahme, die Pandemie sei ein Instrument der Weltverschwörung. Von Belgien bis Grönland, von Indien bis Chile alles Weltverschwörer? Nein, Pandemieleugner haben auch andere Probleme, Krankheiten, Empathieverlust, Liebesentzug, was auch immer, mitunter einfach nur einen gemeinen Dachschaden. Das Gros der Bürgerinnen und Bürger macht das alles nicht. Und ihnen sind die Wutbürger und Extremisten, die Schreihälse und Idioten auch ein Gräuel. Aber: Sie wollen nicht jede Woche etwas anderes hören, von Politikern die zusehends dem Druck unterschiedlicher Interessengruppen ausgesetzt sind. Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Aktionismus entspricht der Lebenserfahrung braver Menschen nicht. Wenn man den Bürgern erklärt, warum manches geht und warum vieles noch nicht möglich ist, wenn man es plausibel begründet, wenn man deutlich macht, daß Interessengruppen eigene Interessen durchsetzen wollen, nicht immer unbedingt das Gemeinwohl, dann sind die Menschen zu Entbehrungen bereit und übernehmen Verantwortung. Für sich und die Ihren jedenfalls. Man darf den Menschen nicht mit unwahrhaftigen Geschichten kommen. Es gibt keinen langfristig wirksamen Plan, weil niemand sagen kann, mit welcher Veränderung das Virus morgen schon aufwarten wird. Und wer einen solchen verspricht, handelt unwahrhaftig. Wir brauchen ein übergreifendes Narrativ, wie man heute zu sagen pflegt. Eine gemeinsame Geschichte, einen gemeinsamen Appell, ein Grundmotiv, unter dem sich Menschen versammeln und gemeinsam handeln und Verantwortung übernehmen können. Pandemiebekämpfung ist, leider, ein Fahren auf sehr kurze Sicht. Und das über längere Zeit. Mit immer wieder wechselnden Stör- und Einflußfaktoren. Das muß man wahrhaftig darlegen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen keinen Schmus hören, keine Beschönigung. Versprechungen, die nicht einzuhalten sind, die machen mürbe. Die Wahrheit und eine realistische Perspektive bauen eher auf. Man macht den vielen Menschen im Land keine Hoffnung, wenn man gegen die Erkenntisse von Fachleuten von Medizinern, Epidemiologen, Virologen handelt. Die jetzt aufkommende Mutante ist hochansteckend, schlimmer als das Ausgangsvirus, und wird dieses Mal auch Kinder und Jugendliche treffen können und Menschen mittleren Alters. Also nicht nur die sehr alten Bürgerinnen und Bürger. Die Krankheitsverläufe werden vermutlich schlimmer werden und die Folgen einer Erkrankung auch. Long Covid, also schlimme und sehr lange bleibende Organschäden werden wahrscheinlicher. In dieser Lage wollen alle, fast alle Menschen ihre Kinder und Eltern schützen. Sie werden mitziehen, sie werden das Land und auch seine Ökonomie sichern, die Kultur, die Freizeitindustrie, auch die Konsumtempel am Leben erhalten. Man kann die überwiegende Mehrheit der Menschen in Deutschland mitnehmen auf diesen Kurs. Dazu aber gehört in erster Linie Einsicht bei den Regierenden, bei den Politikern. Die Pandemie ist kein Schönheitswettbewerb im Wahljahr. In der Pandemie muß man den Bürgern reinen Wein einschenken. Auch im Wahljahr. Wir müssen eine Spaltung der Gesellschaft vermeiden. Partikularinteressen, auch politische, müssen hinter die Interessen des Gemeinwohls zurücktreten. Wir müssen an einem Strang ziehen, die Regierten und die Regierenden. Solange, wie die Pandemie dauert. Wir müssen Fachleute in den öffentliche Disput einbeziehen. Das sind keine Halbgötter oder Gurus. Aber sie verstehen vom Virus und seiner Bekämpfung im Zweifel mehr als ganze Facebook-Kohorten, als Instagram-Virologen oder Twitter-Epidemiologen. Made in Germany ist ein Qualitätssiegel. Die Kriterien für deutsche Handlungsfähigkeit, deutsche Qualität, für Sicherheit und Güte, die wurden und werden von Spinnern und Ignoranten verletzt, von Rechtsextremen, die glauben, daß ihnen die Krise in die Farben spielt, aber auch von Politikern, die beratungsresistent von Öffnungen und Lockerungen schwadronieren, während Fachleute etwas anderes sagen. Und natürlich passieren im politischen Geschehen Fehler. Die Beschaffung von Impfstoffen und Testmaterialien sowie die Vergabe oder Nicht-Vergabe von Impfterminen sind hier ebenso zu nennen wie etwa die kleinlich-engstirnigen Eseleien der Bürokratie auf allen Ebenen. Aber wie wir alle in der Schule gelernt haben, sind Fehler Anlässe, um das Verhalten und Handeln zu verbessern, um Entscheidungen und Maßnahmen anzupassen. Fehler sind jedenfalls kein Grund zum Krakeelen. Jeder möge sich fragen, wie er an der Stelle anderer gehandelt, wie sie entschieden hätten. Aber ehrlich. Ein Schulterschluss muß her, eine gemeinsame Kraftanstrengung. Ein neues Wir. In einem harten Lockdown. Wir müssen jetzt Kraft aufbringen und Verantwortung. Noch eine gewisse Zeit. Bis Impfdosen in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen und flächendeckend getestet werden kann. Homeoffice, Betriebe reduziert fahren, Nahverkehr einschränken, Schulen und Kitas schließen, drinnen bleiben, keine Feste, keine Feiern, keine Familientreffen. Wir schaffen das.
Viel Richtiges. Einiges unfreiwillig komisch. Aber viel zu spät. Sorry, für Durchhalteparolen sind wir schon zu weit. Viel zu weit.
Mit freundlichem Gruß
-EDV-Schrauber-
Lieber Wolfgang, die Pandemie hat unser Land seit gut einem Jahr im Griff. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft waren mit bisher noch nicht da gewesenen Herausforderungen konfrontiert. Das es in einer solchen Situation kaum möglich ist Entscheidungen zu treffen ohne auch Fehler zu machen, ist entschuldbar, verständlich und auch kaum anders möglich. Aus Fehlern sollte man aber auch lernen können, Zeit genug war. Stattdessen hat man weitere Fehler hinzugefügt die in der Summe die Situation verschärft, wenn nicht sogar verschlimmert haben.
Es sind weder personell notwendige Entscheidungen z.B. auf Ebene der Gesundheitsämter, getroffen worden, noch sind Initiativen in puncto Digitaliserung auf Ebenen der Institutionen angepackt worden. Statt FP2 Masken an jeden Haushalt zu liefern, wurden erstmal für Mill. fälschungssichere Bezugsscheine in der Bundesdruckerei in Auftrag gegeben, die dann per Post an Bezugsberechtigte versandt wurden. Masken, die zu der Zeit auf dem Weltmarkt für ct. Beträge angeboten wurden, konnten die Apotheke zu einem Garantiepreis von € 6.- abgeben. (Schaden für den Steuerzahler mind. 1 Mrd.)Impfstoffe wurden nachweislich zu spät und auf Druck von einigen wenigen Staaten, preiswert eingekauft. (Übrigens Staaten die auf EU-Solidarität schon lange sch… jetzt Sputnik V kaufen und uns die lange Nase zeigen). Impfdosen werden im großen Stil zurückgehalten, allein in NRW aktuell ca. 600.000, statt diese direkt zu verimpfen. Bis heute ist es den Beamten noch nicht gelungen die zero-residual-Spritzen eine Deutschlandweite Genehmigung zu erteilen, obwohl diese in unseren Nachbarländern schon lange zum Einsatz kommen. Der Effekt wäre das wir wöchentlich in D hunderttausende Menschen mehr impfen könnten! Begründung: Haftungsfragen!
Testsets wurden viel zu spät angefragt, Bundesweit und im Land und Kreis ebenfalls. Erst im März bequemte sich z.B. der RBK auch mal anzufragen wer, wo, wieviel. Die Schulen haben, wenn überhaupt vorhanden, nur max 1x p.W. Tests für die Kinder. Aufgrund eines Gesprächs mit unserer aktiven Bürgermeisterin, habe ich Kontakte herstellen können, damit nach Ostern überhaupt ausreichend Selbsttest (sog. Lollitest) für die Grundschulen in Wk. zur Verfügung stehen.
Ich könnte jetzt noch endlos weitere Bsp. und Fakten hier aufzählen. So bietet Moderna für die Hausärzte den Impfstoff an und hat mit Bofrost einen Logistiker gefunden der diesen gefroren an die Hausärzte liefern könnte. Man muss sich jetzt nicht wundern das die Bundesregierung das abgelehnt hat…..man darf aber zur Begründung raten. Wieder einmal wurde die Allzweckwaffe des verantwortungslosen Bürokratismus herangezogen…Haftungsrechtliche Probleme 😆
“Haftungsrechtliche Probleme.” Gabs beim Kohleick*) schon in der Schulpause, wenn es geschneit hatte. Wir haben trotzdem Schneeballschlachten gemacht. Früher nannte man das “ziviler Ungehorsam”. Denken Sie mal drüber nach.
Solange jeder Macher, der in irgendeinem Bereich Initiative zeigt, sich um die Regeln der Bürokratie kümmern, wird sich nichts ändern. Kleine miese Machtmenschen spielen ihre Autorität aus und scheißen (kann man ruhig ausschreiben, wir sind ja erwachsen) auf Bedürfnisse der Bevölkerung.
Mit freundlichem Gruß
-EDV-Schrauber-
*) Die Älteren werden sich erinnern