Neuer Stolperstein in der Berliner Straße: Ludwig Bischoff die Ehre erweisen

VON WOLFGANG HORN

Wermelskirchen | Am kommenden Freitag soll es soweit sein: um neun Uhr wird in der Berliner Straße 112 ein Stolperstein verlegt. Zum Gedenken an den Schuhmacher Friedrich Wilhelm Ludwig Bischoff, der seinerzeit den Hitlergruß verweigerte und ins Konzentrationslager Columbiahaus in Berlin und später ins KZ Sachsenhausen verschleppt wurde. Ludwig Bischoff wohnte seit seinem Umzug von Berlin nach Wermelskirchen im Jahr 1959 zunächst in der Telegrafenstraße 1, dann Im Wolfhagen 16 und zuletzt in der Berliner Straße 112, bevor er am Ende seines Lebens mit seiner Frau eine Wohnung in einem Alterspflegeheim in Lennestadt im Sauerland bezog, wo er 1990, drei Tage nach dem Tod seiner Frau, im Alter von 89 Jahren verstarb. An der Verlegung des Stolpersteins auf der Berliner Straße werden der Enkel von Ludwig Bischoff, T. Martin Krüger, und seine Mutter, die Tochter von Ludwig Bischoff, teilnehmen. Vertreter der Stadt werden dem Verfolgten ebenfalls ihre Ehre erweisen.

Friedrich Wilhelm Ludwig Bischoff war am 19.11.1900 in Berlin-Wannsee als siebter und jüngster Sohn von Franz und Auguste Bischoff geboren worden und hätte als siebtes Kind auf Staatskosten studieren können. Er machte aber auf Wunsch seines Vaters je zwei Jahre lang eine Lehre, zunächst als Tapezierer/Dekorateur und dann als Schuhmacher. Noch bevor er volljährig wurde, meldete er sich gegen Ende des Ersten Weltkrieges freiwillig zur Armee, obwohl drei seiner Brüder bereits im Krieg gefallen waren.

Nach dem Krieg studierte er Literatur der Wachtturm-Gesellschaft und ließ sich als Bibelforscher taufen. Die Bibelforscher sind eine christliche Glaubensgemeinschaft, die sich nach eigener Lehraussage ausschließlich auf die Bibel als Glaubensgrundlage und auf das Vorbild der Gemeinde des Urchristentums beruft. Weltweit gesehen, entstehen aus der Bibelforschergemeinschaft insbesondere die Siebenten-Tags-Adventisten, die Weltweite Kirche Gottes und die Zeugen Jehovas. In den Zwanzigerjahren leitete Ludwig Bischoff dann religiöse Zusammenkünfte der Bibelforschergemeinde in Berlin und später besuchte er als reisender Beauftragter von Jehovas Zeugen u. a. Versammlungen in Jugoslawien, Osterreich und der Schweiz. 1931 nehmen die Bibelforscher auf Kongressen den neuen Namen „Jehovas Zeugen“ an. Ludwig Bischoff besucht mit 3000 weiteren Gläubigen einen Kongress in Paris. Anschließend entschließt er sich, die Einladung anzunehmen, Gemeinden in Österreich zu besuchen, um sie im Glauben zu stärken. Die Internationale Bibelforscher-Vereinigung wurde 1933 verboten. Ludwig Bischoff wird zum Staatsfeind. Die Gestapo geht mit aller Gewalt gegen Jehovas Zeugen vor und entdeckt Ende August 1936 ein geheimes Literaturlager und die illegale Druckerei der Zeugen Jehovas. 

Ludwig Bischoff wird verhaftet und kommt in Polizeihaft, zunächst ins Gefängnis Berlin-Alexanderplatz, zehn Tage später ins Konzentrationslager Columbia-Haus in Berlin-Kreuzberg und danach ins Konzentrationslager Sachsenhausen. Seine Häftlingsnummer war 787. In seinen Erinnerungen schildert er den Aufbau des Lagers im ersten kalten Winter 1936/37: Die nackten Füße nur in Holzschuhen und mit dünner Häftlingskleidung bedeckt, musste er im Schnee bei unzureichender Ernährung mit primitivem Werkzeug Bäume fällen und diese transportieren. Jehovas Zeugen machten im Jahr 1937 mehr als ein Zehntel der Lagerinsassen von Sachsenhausen aus. Während der KZ-Haft zog er sich einen Magenkatarrh, eine chronische Gastritis, einen Herzmuskelschaden und eine Lungenentzündung zu. Eine Krebserkrankung 1952 wurde nach medizinischem Gutachten ebenfalls auf die Misshandlungen der Haft zurückgeführt.

Später wurde er als Sanitätssoldat zur Wehrmacht einberufen, kam dann aber wegen seiner körperlichen Verfassung ins Lazarett nach Mainz und dann in die Genesungskompanie. Im Januar 1946 schließlich kam er aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft frei.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb er in der Königsstraße 47 in Berlin-Wannsee wohnen, wo er als Schuhmachermeister bis 1952 auch eine Schuhmacherwerkstatt betrieb. Er blieb als Zeuge Jehovas in verschiedenen Berliner Gemeinden tätig.

Ludwig und Elisabeth Bischoff

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