Ein Wort zum Montag, dem 18. Januar 2021
VON CORNELIA SENG
Als junge Pfarrerin am Niederrhein besuchte ich gelegentlich einen alten Mann. Er war körperlich und geistig schon recht eingeschränkt. Aber sobald ich im Türrahmen stand, sagte er – wie auf Kommando – Psalm 23 auf: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. … Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. …“ Er konnte tatsächlich den ganzen Psalm ohne Stocken aufsagen. Seine Frau guckte mich stolz an. Vermutlich hat er mit Pfarrerin und Kirche sofort „Konfirmandenunterricht“ verbunden, und dabei ist ihm der damals auswendig gelernte Psalm eingefallen.
Es gibt viele gute Sprüche. Im Konfirmandenunterricht haben wir sie gelernt. Mein Tauf- und Konfirmationsspruch z.B. hat mich durch schwierige, herausfordernde Zeiten begleitet: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ Der Spruch steht im Buch Jesaja (43,3). Ursprünglich war er dem Volk Israel gesagt. Bei meiner Taufe auch mir. Er lädt mich ein zum Vertrauen: Ich bin nicht allein, Gott begleitet mich und schützt mich.

Der katholische Theologe Paul Zulehner hat in diesem Monat eine Umfrage ausgewertet. Es geht um die Bewältigung der Corona-Zeit. „Viele Menschen sind verwundet und haben Angst“, fasst er zusammen. Zum ersten Mal seit langer Zeit können wir in den westlichen Gesellschaften nicht mehr damit rechnen, dass alles einfach so weiter geht. Die Gefahr einer Erkrankung beschäftigt viele, die eigene wirtschaftliche Zukunft, die Bildung der Kinder, die vermisste Nähe zu alten Eltern und Freunden. Was wird kommen? Wie werden wir in Zukunft leben? Wie werden wir „Kirche“ sein können?
„Angst lässt sich nicht mit dem Versprechen von Sicherheit bekämpfen“, sagt Paul Zulehner, auch nicht mit großen finanziellen Zusagen. „In der Angst kann man nur durch Vertrauen bestehen.“
Die Bibel ist voller Vertrauensgeschichten; der „Auszug aus Ägypten“ z.B. ist so eine Vertrauensgeschichte. Auf das Wort seines Gottes zieht das Volk Israel aus der Sklaverei, weg von den „Fleischtöpfen Ägyptens“, in ein unbekanntes Land, in eine völlig offene Zukunft. Immer wieder hin- und hergerissen zwischen der Sehnsucht nach der alten Sicherheit und dem Vertrauen auf etwas Neues. Dabei erfahren sie Gottes Nähe und Fürsorge. In der Angst und gegen die Angst hilft nur Vertrauen, Vertrauen in Gott, Vertrauen in das Leben und die Liebe. Vertrauen lässt uns getrost und zuversichtlich leben. Und fröhlich.
„Der HERR behütet dich; der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand, dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts“, lautet das Losungswort an dem Tag, an dem ich das schreibe. Es steht in Psalm 121, 5f.
An welchen guten Spruch erinnern Sie sich?