Das Sein bestimmt das Bewußtsein

VON WOLFGANG HORN

Wenn ihn ein menschliches Bedürfnis zwickt, befindet sich selbstverständlich, wo immer er sich auch aufhält, ein entsprechendes „Örtchen“, um sich zu erleichtern. Sollte er Durst verspüren, wird ihm, wo immer er sich auch aufhält, eine Schranze ein Getränk reichen. Wenn ihn sein Alltag erschöpft, wird er sich, wo immer er sich aufhält, in eine weich-warme und gemütliche Bettstatt zurückziehen können, samt gediegen-erlesener Sanitärnebenräume. Wir reden von, nennen wir ihn: Horst. All das, was den Alltag eines Menschen wie Horst ausmacht, menschenwürdige Umstände, Sicherheit für Leib und Leben, zivilisierte Rahmenbedingungen, stand beispielsweise den Flüchtlingen auf der griechischen Insel Lesbos, in Moria, in den letzten Jahren nicht zur Verfügung. Ein hoffnungslos überfülltes Lager ohne menschenwürdige sanitäre Bedingungen, ohne ausreichende Verpflegung, teils ohne Zelte oder andere ordentliche Unterkünfte. Nunmehr, nach dem Brand, leben diese Menschen auf der Straße. Viele Frauen und kleine Kinder. Ohne Waschräume oder Toiletten. Ohne Verpflegung. Ohne Handtuch und Seife. Ohne Dusche. Ohne Schranzen, die einem Wasser reichen. Ohne Bett, ohne Matratze, ohne Medikamente, ohne Arzt, Koch, Chauffeur. Anders als Horst. Das Sein bestimmt das Bewußtsein. Morgen, elf Uhr, Mahnwache vor dem Rathaus. Das Sein bestimmt das Bewußtsein.

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