Zu wenig. Einfach zu wenig.

Gedanken über Rassismus: Ein Wort zum Montag, dem 3. August 2020 

VON CORNELIA SENG

Wann es genau war, weiß ich nicht mehr. Aber zwanzig Jahre könnten es schon sein. Bischof Majige aus Tansania war zu Besuch in unserer Kirchengemeinde. Während seines dreiwöchigen Deutschland-Aufenthaltes hatte man ihn und seine Frau für eine Woche im Hunsrück untergebracht. Eine Erholungszeit ohne Termine sollte das sein. „Wie war es im Hunrück?“ habe ich bei seiner Rückkehr gefragt. Darauf der Bischof aus Afrika: „Oh, wir haben das Haus nicht verlassen. Wir hatten Angst. Wir waren die einzigen Schwarzen im Dorf“. Ich schwieg betroffen. –

Eine Bekannte erzählt von ihrer Reise nach Berlin. Sie hat auch das Jüdische Museum besucht. Die Museumsführerin, eine kundige Jüdin, erzählte ihnen, dass sie sich ungern in der Öffentlichkeit als Jüdin zu erkennen gibt. Selbst die Zeitung, die „Jüdische Allgemeine“, wird ihr im verschlossenen Umschlag gebracht. Sie möchte nicht, dass die Nachbarn im Haus wissen, dass sie Jüdin ist. Meine Bekannte und ich sehen uns betroffen an. Auch das ist bestimmt mehr als zehn Jahre her. 

Wir wissen es schon lange, dass es Rassismus und Antisemitismus in Deutschland gibt. Wie gehen wir mit dieser Tatsache um?

Ich habe mir angewöhnt, afrikanische Freund*innen nach ihren Erfahrungen in Deutschland zu fragen. Wie geht es ihnen bei uns? Fühlen sie sich sicher, im Bus, in der Öffentlichkeit? Was sind ihre Erfahrungen mit der deutschen Polizei?

Auf Reisen kaufe ich mir am Bahnhof gern die „Jüdische Allgemeine“. Und ich lese sie offen im Zug. 

Das ist wenig. Sehr wenig. Leider. Ganz offensichtlich war und ist es zu wenig! Was können wir heute tun? Was müssen wir heute tun?

Der Wochenspruch für diese Woche lautet: „Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ (Epheser 5,8b.9)

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