VON WOLFGANG HORN
Neustart. Ein Wort, das meist gut kommt. Es signalisiert Aufbruch, Ideen, Kraft und Energie, Arbeitsbereitschaft, Hoffnung, Tatendrang und Kreativität. Neustart wird eben aus Gründen dieses Framings vor allem von Politikern gerne verwendet, um hauptsächlich sich selber in gutes Licht zu stellen, noch mehr als das Faktum, den Sachverhalt, um den es eigentlich geht. Marion Lück, Bürgermeisterkandidatin von CDU und Bürgerforum, unterscheidet sich in dieser Hinsicht offenbar nicht von noch bekannteren Polit-Pofessionals des konservativen Lagers im Bergischen.
Marion Lück möchte einen Neustart. Und zwar bei der Rhombus-Industriebrache mitten in der Stadt. Möchten den nicht alle in der Stadt? Seit Jahrzehnten? Kennen Sie irgendjemanden, sieht man einmal von den Eigentümern und ihren Vertretern ab, der sich etwas sehnlicher wünscht als einen Neustart im versifftesten Standort der Kleinstadt? Marion Lück ist sich mit nachgerade allen Bürgerinnen und Bürgern einig: hier muß ein Neustart her. Die Brache muß weg, schleunigst. Nur: Die Eigentümer weigern sich, wieder einmal, die Fläche an die Stadt zu verkaufen. Und flugs weist die Bürgermeisterkandidatin einen neuen Weg.
„Drehen wir die Zielsetzung also doch einfach um! Nicht erst das Gelände kaufen und dann überlegen, wie es bebaut werden kann und soll. Sondern zuerst überlegen, welche Idee, welches Bild, welche Zielsetzung es für dieses Gelände gibt und welche Anforderungen es erfüllen muss. Auf dieser Basis kann dann weiter gearbeitet werden.“ So schreibt es Frau Lück in ihrem Blog.
Ist es aber wirklich so, wie die Bürgermeisterkandidatin den Vorgang beschreibt, daß es in der Stadt keine Idee für die Nutzung dieser Fläche gebe? Handeln die Verantwortlichen wirklich nach dem Motto: Erst kaufen, dann nachdenken? Im IEHK 2030, im integrierten Handlungs- und Entwicklungsplan der Stadt wird die Rhombus-Fläche als geeigneter Innovationsstandort und als Möglichkeit für den Bau von Innenstadtquartieren beschrieben. Frau Lück aber schreibt den mit und von den Experten erarbeiteten Plan ab und schlägt stattdessen eine Seminar- und Workshopkanonade vor. Zunächst ein zweitägiger Workshop zwischen Eigentümern, Experten und Vertretern der Stadt, um Entwicklungsziele zu erarbeiten. Haben wir die nicht schon? Stehen die nicht im Handlungs- und Entwicklungskonzept? Müssen wir den tiefen Teller eigentlich wirklich neu erfinden? Dieses Leitbild, wie Marion Lück das erste Workshop-Ergebnis nennt, wird dann im nächsten Schritt den Bürgerinnen und Bürgern in einem öffentlichen Forum vorgestellt. Daran soll sich ein Werkstattverfahren anschließen, in dem verschiedene Planungsteams ihre Vorstellungen von einer Bebauung entwickeln. Daran wiederum schließt sich eine zweistufige Kooperationsveranstaltung mit Bürgerinnen und Bürgern an. Abgeschlossen wird das Ganze von einem nicht näher beschriebenen Expertengremium, das den besten Entwurf kürt, der dann die Basis für einen Bebauungsplan darstellen soll.
Tja, neue Wege, einen Neustart, kann ich mir auch zupackender und entschiedener vorstellen. Es hat doch bislang nicht daran gekrankt, daß es keine Ideen für die Nutzung der Brachfläche gebe. Die Eigentümer wollen nicht an die Stadt verkaufen. Warum auch immer. Vermutlich geht es ums Kassemachen. That‘s it. Zudem wage ich zu bezweifeln, daß Frau Lück ihre Idee mit den Bau- und Stadtentwicklungsprofis von CDU und Büfo wirklich genau besprochen hat. Denn ist es nicht so, daß die Grundzüge der Entwicklung in der Rhombus-Brache seitens der Stadt bereits mit dem Ministerium, mit der Bezirksregierung und mit der Regionale 2025 abgestimmt worden sind? Und war nicht an diesen Gesprächen zumindest auch der von Berufs wegen zuständige Technische Beigeordnete der Stadt, Thomas Marner, beteiligt? Thomas Marner ist, wie der Erste Beigeordnete der Stadt auch, Mitglied der CDU.
Arbeitskreise und neue Gremien helfen gewiß nicht immer, wenn Stillstände aufgebrochen werden müssen. Wenn es so einfach wäre, wie Frau Lück sich die Abstimmung über das Filetstück der Stadtentwicklung vorstellt, dann, da bin ich sicher, hätten sich die beiden Beigeordneten in der Verwaltung, politisch einig mit der Kandidatin, schon lange auf diesen Weg begeben. Gewiß gemeinsam mit dem Bürgermeister. Und mit allen Fraktionsvorsitzenden. Denn die alle wünschen sich nichts sehnlicher, als eine baldige sinnvolle Nutzung der Rhombus-Brache im Interesse der Stadt und ihrer Bürgerinnen. Frau Lück ist in diesem Wunsch einig mit (fast) allen in der Stadt. Jenseits aller Parteibücher. Ihr Beitrag in Ihrem Blog ist gewiß meinungsstark, aber vielleicht auch nicht sehr kenntnisreich. Also: nicht wirklich wahlkampftauglich.
Das Beitragsfoto stammt vom Blog von Marion Lück und dient der Illustration ihrer Forderung nach einem Neustart.
Die Stadtentwicklungsprofis von CDU und Büfo
Ich wage zu bezweifeln, das CDU und Büfo überhaupt eine dieser vielen “Ideen” einer Marion Lück unterstützen würde. In der Vergangenheit wurden immer wieder innovative und zukunftsweisende Konzepte für Wermelskirchen massiv geblockt. Da gibt es unzählige Beispiele. Die Christdemokraten und das Bürgerforum will doch nur im Sattel bleiben und sonst nichts. Egal wie. Nur eine Marion Lück hat dies offensichtlich noch nicht gemerkt.
Gab es nicht im Laufe der letzten Jahre die Idee auf diesem Gelände einen großen Lebensmittelmarkt anzusiedeln oder ein Hotel oder oder? An Ideen für dieses Gelände mangelt es nicht. Es mangelt an der Umsetzungsmöglichkeit, da das Gelände in Privatbesitz ist.
Frau Lück schreibt sich sehr viel Quatsch zusammen. Sollte aber nicht wundern. Wer sich 10 Jahre lang, so lange bin ich jetzt dabei, in keinem Ausschuss oder in einer Ratssitzung blicken lässt und dann quasi über Nacht nur noch Herzensthemen hat, muss halt irgendwie auf sich aufmerksam machen.