Karl, der Fünfte

Oder: Das lauthalse Mimimi des alternativen Bewerbers

VON WOLFGANG HORN

Das Forum Wermelskirchen ist das „Amtsblatt der linksrotgrünen Stimmungsmacher“. Warum? Weil es vier von fünf Bürgermeisterkandidaten in Wermelskirchen die Beantwortung von 25 Fragen ermöglicht hat. Das sei „das grassierende Unwesen, Menschen, die es wagen, gegen den linken Sprach- und Verhaltenskodex zu verstoßen, aus dem öffentlichen Diskurs zu verbannen, indem man ihre Reputation zerstört“. Mehr nicht und nicht weniger. Sagt der Fünfte. Karl, der Fünfte. Nach der Diskreditierung von „Widerspruch und Opposition“ sei dies nun der nächste Schritt, nämlich die Negation von Vertretern der Opposition. Kein Witz. Opposition, das ist er, Karl, der fünfte Bewerber um das Amt des Bürgermeisters.

Die vier Bewerber für das Bürgermeisteramt bildeten, so der Fünfte, geschlossen eine „Kuscheltruppe“, sei einer Meinung, die Berichterstattung „oppositionsbereinigt und ungestört“. Das werden FDP, CDU und Bürgerforum gewiß gerne lesen, daß sie mit den Linken und der SPD zusammen ein Kartell bilden, um der Gefahr durch die einzige Oppositionspartei, die Alternativen, Herr zu werden. Es handele sich um die Verbannung aus dem öffentlichen Diskurs, mithin um die Werkzeuge von Diktatoren und Unrechtsstaaten, und sei eine Verletzung des grundgesetzlich verbrieften Rechts der Meinungsfreiheit. Starker Tobak, Karl.

Nur, leider, alles falsch, um nicht zu sagen: Blödsinn. Diesen Quatsch äußern Sie auf der Internetseite Ihrer Partei. Ihre Meinungsfreiheit ist mithin in keiner Weise eingeschränkt. Und das grundgesetzlich verbriefte Recht aus dem Artikel fünf ist ein Abwehrrecht gegen Staat und Regierung, keines, mit dem sie in jedem Medium, auf jeder Plattform, in allen Zeitungen oder in jeder Rundfunkstation mit ihren gewagten Thesen und teils wirklich unappetitlichen Inhalten Gehör finden müssen. Sie und Ihr Laden, Ihre Partei sind ein Bewerber um politische Mandate und Ämter unter vielen anderen. Mit den gleichen Rechten wie alle anderen auch. Aber: jede Redaktion, jeder Herausgeber, jeder Journalist, jedes Medium hat das Recht, frei zu entscheiden, ob es bestimmte politische Positionen veröffentlicht oder diese ablehnt und ignoriert bzw. nicht veröffentlicht. Die Meinungsfreiheit gilt nämlich auch in diese Richtung. 

Der öffentliche Diskurs in Wermelskirchen findet über sämtliche Medien statt, die Lokalzeitungen, den WDR, WK TV, die sozialen Medien oder andere kommunikative Internetplattformen. Wo man mag, was Sie von sich geben, Karl, werden Sie sich gewiß lesen können. Auf meiner Facebookseite wird das nichts werden. Auf meinem Twitterkanal gewiß auch nicht. Ob Frau Lück oder Herr Frommenkord Ihnen einen Gaststatus in ihren jeweiligen digitalen Kanälen einräumen, wage ich zu bezweifeln. Bei Herrn Bleek oder Herrn Galow dürfte es ähnlich sein. Warum also ihr lauthalses Mimimi in Bezug auf das Forum Wermelskirchen? Welchen Anspruch meinen Sie zu haben? Bedienen Sie weiterhin Ihre eigenen Plattformen, aber hören Sie bitte auf, den Untergang des Abendlandes herbeizusalbadern, nur weil Sie in bestimmten Gegenden des politischen Diskurses nicht gerne gesehen werden. 

Die Meinungsfreiheit steht in diesem Land nicht auf dem Spiel, anders als etwa in Rußland, auf das Ihre Parteifreunde mit Genugtuung und Erwartung schauen, oder Ungarn beispielsweise. Nein. Die Meinungsfreiheit ist nicht bedroht und der lebendige politische Diskurs ebenfalls nicht. Noch gelingt es der wachsamen demokratischen Gesellschaft, ihre Lügen und Unwahrheiten zurechtzurücken, noch ist es möglich, ihrer Wissenschafts- und Expertenfeindlichkeit erkennbar die erforderliche Rationalität entgegenzusetzen. Das Forum Wermelskirchen wird alles daran setzen, daß dies so bleibt.

Kommentare (8) Schreibe einen Kommentar

    • EDV-Schrauber
    • 18.07.20, 18:22 Uhr

    Sehen Sie Herr Horn, das ist genau der hirnamputierte Quatsch seitens Herr Springer, um den Sie mich bei den 25 Fragen an die “Kuscheltruppe” gebracht haben: sich in geradezu entlarvender Ehrlichkeit mit so einem Mumpitz selbst zu demontieren.

    Die intelligenteren Zeitgenossen hätten vielleicht – ja, nur vielleicht- gesagt: “das ist ja ein interessanter Kandidat. Hat nur einen Nachteil: der ist saublöd. Saublödester Kandidat aller Zeiten”.

    Was die Meinungsfreiheit betrifft:
    http://www.sprachlog.de/2014/04/19/xkcd-meinungsfreiheit/

    Mit freundlichem Gruß
    -EDV-Schrauber-

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      • Grauganz
      • 18.07.20, 18:57 Uhr

      Wir sind in Nuancen unterschiedlicher Meinung. Und das ist gut so. Die schöne Bilder-Geschichte zur Meinungsfreiheit toppt meinen Versuch bei Weitem.

      Antworten

    • Cornelia Seng
    • 18.07.20, 19:27 Uhr

    Wenn sich der AfD-Kandidat beschwert, beim forumwk nicht vorzukommen, spricht das für die Bedeutung, die die Seite inzwischen für die Stadt hat!
    Großartig! Gratulation!

    Antworten

    • EDV-Schrauber
    • 18.07.20, 20:15 Uhr

    Noch als Ergänzung: ich war gerade doch mal auf der Wermelskirchener AfD-Seite und habe mir mit zunehmender Belustigung den Quatsch dort durchgelesen. Das können die doch nicht ernst meinen? Das “Aktuelle aus Wermelskirchen” werde ich mir in Zukunft immer dann durchlesen, wenn der Postillon mal down ist.

    Ernsthaft: wer den Mumpitz glaubt und die deshalb wählt, der hat ernsthaft einen an der Murmel und ist intellektuell eher minimal konfiguriert. Da helfen auch keine Argumente.

    I-Tüpfelchen: der Bürgermeisterkandidat mahnt “…wehret den Anfängen!” Ironie – das kann er.

    Ich hätte jetzt doch gerne mal seine 25 Antworten gelesen…

    Mit freundlichem Gruß
    -EDV-Schrauber-

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    • Karl Springer
    • 19.07.20, 22:45 Uhr

    Danke für die nachträgliche Aufmerksamkeit, die freundliche Wortwahl und die sachliche Auseinandersetzung mit Andersdenkenden. In Zeiten von immer mehr um sich greifendem Rassismus und Ausgrenzung ist es
    geradezu vorbildlich dass der geneigte Leser sich hier ein Bild dazu machen kann. Ich hätte echt gerne mitgespielt. Aber was nicht ist…..
    Mit freundlichen Grüßen Karl Springer

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      • EDV-Schrauber
      • 20.07.20, 13:33 Uhr

      Sehr geehrter Herr Springer,

      sie benutzen das Attribut “Andersdenkender” immer so, als wenn das eine besondere Fähigkeit oder Auszeichnung wäre, oder es Ihnen besonders zum Vorteil gereichen würde. “Sehet her, ich bin Andersdenkender!”. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass “Andersdenkende” sehr häufig einfach bornierte, arrogante, die Wahrheiten ignorierende Vollidioten sind, die sich durch besonders viel Meinung, aber durch besonders wenig Ahnung hervortun. Es gibt sicher aus Ausnahmen. Ich kann mir nur begrenzt ein Urteil erlauben, zu welcher Gruppe Sie gehören.

      Ich stelle nur fest, dass Sie sich gerne in der Opferrolle sehen.

      Mit freundlichem Gruß
      -EDV-Schrauber-

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        • EDV-Schrauber
        • 20.07.20, 13:34 Uhr

        Noch als Ergänzung: veröffentlichen Sie doch mal ihre 25 Antworten! Platformen haben Sie ja genug.

        Mit freundlichem Gruß
        -EDV-Schrauber-

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