Bar jeder Vernunft

VON WOLFGANG HORN

Bürgermeister kann man nicht lernen. Oder, andersherum: Bürgermeister kann man nicht in einem speziellen Ausbildungsbetrieb lernen, in einer Schule nicht und auch an keiner Universität. Bürgermeister lernt man dort, wo man das Amt auch ausführt. Im Rathaus, auf dem Chefsessel. Und vorher, sozusagen im richtigen Leben. Und wenn der Amtsinhaber dann, mitunter nach Jahren, eine halbwegs triftige Vorstellung davon entwickeln kann, was alles des Amtes ist und wer und was und wer auf keinen Fall, dann kommen wieder alle Parteien zusammen und präsentieren neue Kandidaten fürs Bürgermeisteramt. „Unserer soll das Bürgermeisteramt jetzt auch erlernen“, heißt es dann unisono. Mit einer Stimme. Der des (Partei-)Volkes. Eigentlich ein Vorgang bar jeder Vernunft, wenn auch zutiefst demokratisch.

Streng genommen sollten wir einen Bürgermeister genau dann nicht neu wählen, wenn mit seiner Amtsausübung eine gute Bilanz für die Stadt, fürs Gemeinwesen verbunden ist, für die Bürgerinnen und Bürger. Wenn die Bilanz, sozusagen das Zeugnis der Amtsausübung zeigt, daß er‘s kann, der Bürgermeister, daß er sein Handwerk versteht, daß er ordentlich leitet, verständlich kommuniziert, mit Bürgern und Mitarbeiterinnen, mit Nachbarstädten und Kreis zum Wohle aller kooperiert – ja warum sollte er dann nicht auf seinem Chefsessel weiterarbeiten? Die Bürgerinnen und Bürger jedenfalls bräuchten nur in jenem anderen Fall einen neuen Bürgermeister, eine Bürgermeisterin, daß die Bilanz nicht gut genug und der Amtsinhaber dafür verantwortlich ist. Das wäre dann zwar vernünftig, aber eben auch nicht demokratisch.

Wir wählen aber aus Gründen der demokratischen Regel, der zeitlichen Befristung der Amts-und-Machtübertragung, der erforderlichen Beteiligung des demokratischen Souverains eben vielfach dann einen neuen Bürgermeister, wenn sich die politische Tauglichkeit und die Verwaltungs- und Leitungskompetenz des „Alten“ öffentlich erweist. In diesem Sinne wählen wir unvernünftig-demokratisch.

Wer hatte jemals in Wermelskirchen mit einer Pandemie zu tun, einer weltweiten Epidemie, oder gewußt, was in einem solchen Fall zu tun ist? Niemand. Natürlich. In einem solchen Fall bleibt den kommunalen Verantwortlichen letztlich kein Entscheidungsspielraum. Land und Bund stellen im Verein mit Experten Regeln auf, die auf der Ebene der Städte und Gemeinden zu exekutieren sind.

Anders dagegen verhält es sich beispielsweise mit einem Jugend- und Freizeitpark. Hier konnte und mußte man sich entscheiden. Für oder gegen das zentrale Jugendprojekt der Stadt. Für den vorgesehenen Standort oder gegen ihn, für einen zentrumsnahen Jugendpark oder einen ganz weit draußen in der Wallachei. Für einen eher gut mit Fördermitteln ausgestatteten Jugendfreizeitpark mit Leuchtturmswirkung in die Nachbarkommunen hinein oder eher für ein bis zur Unkenntlichkeit abgespecktes, ökonomisch aber „machbares“ Basisprojekt.

Und sie haben sich alle entschieden. Die einen früher, die anderen später. Der Bürgermeister hatte sich ganz früh entschieden. Schon am Wahlabend hatte er den Jugend- und Freizeitpark zu seinem ganz persönlichen „Bürgermeister-Projekt“ erkoren. Als die vermeintlich bürgerliche Mehrheit noch davon ausging, dem Bürgermeister mit einem Arsenal an Argumenten und wirtschaftlichen Überlegungen sein Lieblingsprojekt aus der Hand schlagen zu können, mit Häme, Gutachten, mit Zahlenkolonnen, mit Standortvorschlägen, bis hin zur nicht wirklich freundlich gemeinten Frage, wieviele Spenden der Bürgermeister denn zur Realisierung des Jugend- und Freizeitparks persönlich bereits aufgebracht habe. 

Einerlei: Der Bürgermeister hat in seiner Bilanz die gesicherte Finanzierung für den Bau des Jugend-Freizeit-Parks im „Bundesliga-Format“ stehen,wie er es selbst formuliert hat . Und bei den Gegnern des Jugendfreizeitparks steht an dieser Stelle: Nichts.

Kommentare (3) Schreibe einen Kommentar

    • Heidbüchel
    • 01.06.20, 16:25 Uhr

    Ich würde eher sagen in Champions League Format und das ganz souverän

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    • Michael Lichtenberg
    • 01.06.20, 19:41 Uhr

    Oder: Never change a winning team. Aber natürlich muss alles nach den demokratische Regeln gehen. Jede und jeder kann entscheiden, wem sie ihre oder er seine Stimme gibt.

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    • Hajo
    • 01.06.20, 21:53 Uhr

    Wollen wir hoffen das es so bleibt wie es ist.
    👍🏻

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