Dorian Grau

VON WOLFGANG HORN

Anja Carolina Siebel, Deuterin der Dinge, die Stadt und Menschen bewegen zwischen Stadtkirche und Belten, zwischen Talsperre und Neuenhaus, Freibad oder Sellscheid hat ja sowas von Recht. Sie begrüßt, daß junge Menschen in die Kommunalpolitik ziehen wollen, wie heute im Wermelskirchener General-Anzeiger beschrieben, daß sie den Älteren und den Alten (noch) beistehen wollen beim letztlich doch mühsamen Schleppen des kommunalpolitischen Karrens zum Wohle der Bürger und des Gemeinwesens von Wermelskirchen. Natürlich wollen sie den Karren alsbald alleine bewegen, ohne eher doch hüftsteife und unbewegliche Alte, ohne jene, die die Welt schon einmal erfunden haben, dorthin, wo sich junge Bürgerinnen und Bürger Belebung versprechen in ihrem Alltagsdasein hier im Bergischen. Dabei ist schlussendlich kaum wirklich bedeutsam, für welche Partei sie antreten, sieht man einmal von den schlagstarken Rattenfängern ganz rechts draußen ab oder ihren nicht minder gefährlichen extremistisch-nationalistischen Schwestern und Brüdern, die lediglich besser hetzen als prügeln.

Zwischen 20 und 33 Jahren sind sie alt, die jungen Wermelskirchenerinnen und Wermelskirchener, die sich demnächst, im September, mit anderen zu einer kompletten Wahlkampfmannschaft formieren und für das Bürgerforum auf Stimmenjagd gehen werden. Natürlich sind sie „vorbelastet“. Wer wäre das nicht? In allen Familien, in allen Peergroups gibt es Erfahrene, Besserwisser, Rampensäue, Lautsprecher, Performer, Sendungsbewußte, Prediger. Überall. Wie sollten junge Bürgerinnen und Bürger da nicht vorbelastet sein? Das wären Ältere gewiß auch. Wenn die jungen Büfo-Dellmänner demnächst den Kern einer erneuerten Wahlkampftruppe für das Bürgerforum stellen, müssen sie ihre Anliegen auch keineswegs unter den Scheffel stellen.

Politik am Ort verständlicher machen zu wollen, bürgernäher, alttagstauglich, ehrt alle, die diesen seit Langem kaum gelingen wollenden Kraftakt auf sich nehmen. Die Belange des Sports tauchen ebenfalls in jedem guten Kommunalprogramm auf, wie das Vereinsleben, eine gute Gesundheitsfürsorge für alle Wermelskirchener, Digitalisierung an allen Ecken und Enden oder auch die Stadtentwicklung. Junge Leute, die sich dieses Pensum auf die Schulter legen lassen, sind weder die schlechteren Klimaschützer, noch unterambitionierte Friedenskämpfer, sie befinden sich mitten unter den Seenotrettern, sammeln Spenden gegen den Hunger in der Welt, kämpfen für eine Bildung, die eine gedeihliche Zukunft möglich macht, und die ökonomische und gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen und Mädchen. Gesellschaftlich aktive Jugendliche und junge Erwachsene, jene, die bereit sind, sich für die Interessen aller und des Gemeinwohls so manche Stunde um die Ohren zu schlagen, sind das Ferment der Demokratie. Keinesfalls weniger. 

Altgedient heißt man Politiker, die im Laufe ihrer Karriere schon sämtlichen Verwaltungs-Aktenstaub von ihrem Revers haben abbürsten lassen, die schon so manche Schlacht in den Hinterzimmern der Vereinskneipen haben schlagen müssen und hernach siegreich an den Tresen zurückkehren konnten. Um einen Posten reicher, den Besuch einer Tagung, um ein Referat klüger. Und doch ist von Ihnen die Veränderung der Welt nicht wirklich zu erwarten. Nicht mehr. Sie sind auf dem Rückzug. Noch unzureichend. Aber unübersehbar. Verdienste um Stadt und Menschen erwirbt man nicht mit der Rabattmarke, nicht im Sechserpack. Und sie halten nicht sehr lange vor. Irgendwann sind es die jüngeren, die sich ihre Meriten verdienen. Und auch die werden älter. Und dann, plötzlich, sind sie altgedient. Und stehen wieder vor aktiven, klugen Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Ein paar Runden dürfen sie dann noch mitspielen. Will sagen: Verdienste müssen überwunden werden. Von denen, die noch keine haben. Meriten sind nicht heilig.

Der Laden Kommunalpolitik ist in Ehren ergraut, ein wenig angestaubt, mit einer Sprache und Ritualen ausgestattet, die eher schaudern läßt. Jedenfalls ist es kein Laden, in dem die Vergnügungssteuer bar auf die Hand ausgezahlt wird. Kommunalpolitik ist ein Laden, den man sich erkämpfen muß. Auch triste Inhalte wird man mögen müssen, das Übliche, die immer zu mickrig geratene Fensterrede – Achtung: Chefsache – , ebenfalls, Häme, kleine Fluchten, Gedöns auch und manches Widernis.

Also, laßt sie rein, die jungen Wilden aus dem Büfo-Serengeti. Dorian Grau, Benedetto Caetani (Bonifatius VIII), Möbius,Cirith Ungol und wie sie alle heißen mögen, die Alterslosen … Auf, daß sie den Rat der Stadt und seine Ausschüsse, ja was? zumindest beleben. Ich ginge dann wieder ganz gerne ins Rathaus.

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  1. Wie gut du die Dinge aud den Punkt bringst, Wolfgang! Freuen wir uns auf den frischen Wind und machen die Fenster auf. Wie Drosten sagt: lüften ist besser als desinfizieren.

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