VON WOLFGANG HORN
Es geht um Leben oder Tod. So der nordrhein-westfälische Ministerpräsident, Armin Laschet, in seiner aktuellen Pressekonferenz vor wenigen Minuten, auf der er die Kontakteinschränkungen im öffentlichen Leben und im Umgang mit Dienstleistungen erläuterte. Es geht um Leben oder Tod. Das ist keine politisch-polemische Übertreibung. Die Sterbezahlen des Wochenendes in den europäischen Ländern unterstreichen den warnenden Satz des Ministerpräsidenten. Es geht bei der Coronakrise in der Tat um Leben und Tod. Alle das übliche Alltagsleben einschränkenden Maßnahmen dienen dazu, die Zahlen der Erkrankungen und die Sterberaten einzudämmen, damit das Gesundheitssystem des Landes nicht, wie anderswo, überfordert wird und schließlich kollabiert.
Wenn es aber um Leben und Tod geht, wenn die Menschen zusehends mehr auf das gewohnte Leben verzichten und sich einschränken müssen, wenn Schulen und Kitas geschlossen bleiben, immer mehr Menschen auch nicht mehr ihrer gewohnten Arbeit nachgehen dürfen, wenn es Kontaktbeschränkungen gibt, wenn es, kurz gesagt, gewaltige und bislang nie praktizierte Eingriffe in das normale Leben so vieler Menschen gibt und in der Folge das Privatleben und das Verhalten aller in der Öffentlichkeit nachgerade komplett umgekrempelt wird, wenn Ängste herrschen und Unsicherheiten entstehen, wie die Krise bewältigt werden kann, mit welchen ökonomischen Folgen wir rechnen müssen, dann, so finde ich, sollten wir auch auf den Wahlkampf für die Kommunalwahlen und die Bürgermeisterwahlen im September des Jahres verzichten, jetzt jedenfalls, solange, bis der Höhepunkt der Krise erreicht wird und sich die Lage lichtet.
Die FDP, die mit einem eigenen Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters antritt, Marco Frommenkord, hat bislang noch keine Wahlkampfanstrengung unternommen. Ich begrüße das ausdrücklich. Die SPD, die sich der Unterstützung das amtierenden Bürgermeisters, Rainer Bleek, verschrieben hat, ist gleichfalls noch nicht aktiv geworden. Nur die CDU und ihre Kandidatin, Marion Lück, haben in den sozialen Medien, auf Facebook und anderen Internetplattformen die ersten Werbeaktivitäten veröffentlicht. Moderat und auch gut anzusehen, aber durchaus erkennbar.
Wir brauchen in diesen Zeiten Verständigung, Zusammenhalt, Empathie, Solidarität. Wir brauchen derzeit keine parteipolitischen Zuspitzungen, keine heftigen Debatten. Wenn das öffentliche Leben verlangsamt wird, sollten sich auch die Parteien eine Verlangsamung ihrer Aktivitäten vornehmen. Für den Wahlkampf ist noch Zeit. Keine Sorge.
Wie heißt es so schön in Lukas 13,22-30? Viele aber, die jetzt die Ersten sind, werden dann die letzten sein, und die Letzten werden die Ersten sein.
Sehr guter Artikel. DIE LINKE WK hat eine Verschiebung der Kommunalwahl schon letzte Woche gefordert. Dazu die Landesregierung am 19. März 2020:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Corona-bedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens wirken sich auch auf die Vorbereitung der Kommunalwahlen aus, die laut Wahlausschreibung des Ministers des Innern am 13. September 2020 stattfinden. Am Termin der Kommunalwahl wird derzeit festgehalten.
Zum laufenden Wahlverfahren gebe ich folgende Hinweise:
Nachdem die Wahlbezirkseinteilung durch die Wahlausschüsse der
Gemeinden bis zum 29. Februar 2020 abgeschlossen werden musste
und in den Kreisen die entsprechende Frist am 31. März 2020 abläuft,
können Parteien und Wählergruppen anschließend ihre Versammlungen zur Aufstellung der Bewerber durchführen. Nur soweit Reservelisten keinen Bezug zur Wahlbezirkseinteilung haben (keine Ersatzbewerber für Wahlbezirksbewerber enthalten), war eine Aufstellung schon vorher unabhängig von der Wahlbezirkseinteilung möglich. Stimmberechtigt bei den Aufstellungsversammlungen sind grundsätzlich alle Partei- oder Wählergruppenmitglieder, die am Tag der Aufstellungsversammlung im Wahlgebiet Gemeinde oder Kreis wahlberechtigt sind.
Insbesondere bei größeren Parteien sind Aufstellungsversammlungen mit mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht auszuschließen. Unter Berücksichtigung der Erlasse des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 13.03,2020 zur Durchführung von Veranstaltungen und vom 15.03.2020 zu weiteren kontaktreduzierenden Maßnahmen sowie vom 17.03.2020 zu weiteren kontaktreduzierenden Maßnahmen ab dem 18.03.2020 halte ich es für dringend geboten, die Durchführung der Aufstellungsversammlungen bis zum Ende der Osterferien auszusetzen. Da die Wahlvorschläge bis zum 16. Juli 2020 (59. Tag vor der Wahl, § 15 Absatz 1 Satz 1 KWahIG) eingereicht werden
können, bleibt für Aufstellungsversammlungen auch dann noch
ausreichend Zeit, wenn auf eine Terminierung in den nächsten 4 Wochen bis zum 19. April 2020 verzichtet wird. Das Zeitfenster würde sich von jetzt vier auf knapp drei Monate verkürzen. Selbst wenn eine
Aufstellungsversammlung auf mehrere Tage erstreckt werden muss und danach die Zustimmungserklärungen und Wählbarkeitsbescheinigungen der Bewerber einzuholen sind, ist der zur Verfügung stehende Zeitrahmen aus wahlrechtlicher Sicht noch unbedenklich. Unabhängig davon bleibt die Durchführung von Versammlungen zur Aufstellung der Wahlbezirks- und (Reserve-) Listenbewerber durch § 17 Absatz 1 und 4 KWahIG gesetzlich vorgeschrieben (vgl. auch die Verweisungen in § 46 a Abs. 1, § 46 b und § 46 f KWahIG). Den Aufstellungsversammlungen kommt im Rahmen innerparteilicher Demokratie und als Bestandteil des Wahlverfahrens eine hohe Bedeutung zu. Jedes stimmberechtigte Parteimitglied ist
vörschlagsberechtigt, die Bewerber müssen die Möglichkeit haben, sich und ihr Programm in angemessener Zeit vorzustellen. Das Wahlverfahren muss vor der Abstimmung feststehen, die Abstimmung muss geheim durchgeführt werden. Die Aufstellungsversammlung stellt sich daher als notwendige Präsenzveranstaltung dar, auf d e vor der Wahl nicht verzichtet werden kann. Alternativen sind weder erkennbar noch dürften sie rechtlich zulässig sein.
Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass
Aufstellungsversammlungen unter Berücksichtigung ihrer
verfassungsrechtlichen Bedeutung von den aufgrund dero.g. Erlasse des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales bislang verfügten Veranstaltungsverboten ausgenommen sind.
Sofern Parteien oder Wählergruppen unter diesem Aspekt und trotz der aktuellen Herausforderungen aufgrund der Corona-Krise an
Aufstellungsversammlungen im Zeitraum bis zum 19. April 2020
festhalten wollen, gehe ich davon aus, dass bei deren Durchführung alle aktuell erforderlichen Schutzmaßnahmen (ausreichend großer
Versammlungsraum, der angemessene Mindestabstände zwischen den
Versammlungsteilnehmern zulässt, BetretenA/erlassen des
Versammlungsraums nur nacheinander, Vermeidung von
Gruppenbildung, Einhaltung der einschlägigen Hygieneregeln etc.)
eingehalten werden.
Soweit Parteien und Wählergruppen in der laufenden Wahlperiode nicht ununterbrochen in der zu wählenden Vertretung, in der Vertretung des zuständigen Kreises, im Landtag oder auf Grund eines Wahlvorschlags aus dem Land im Bundestag vertreten sind, müssen diese Gruppierungen zudem Unterstützungsunterschriften für ihre Wahlvorschläge sammeln. Für Wahlbezirksvorschläge sind je nach Einwohnerzahl des Wahlbezirks zwischen 5 und 20 Unterstützungsunterschriften beizubringen, für Reservelisten zwischen 5 und 100, bei Bezirksvertretungslisten bis zu 50.
Bei Bürgermeister- oder Landratskandidaten hängt die Anzahl von der
Größe der Vertretung ab mit einer Erleichterung für Gemeinden bis zu
10.000 Einwohner (die fünf- bzw. dreifache Zahl der Rats- bzw.
Unterstützungsunterschriften durch die betroffenen Gruppierungen etwa bei Parteiversammlungen oder in der Öffentlichkeit könnte infolge der Corona-Auswirkungen beeinträchtigt sein.
Auch im Hinblick auf die gegebenenfalls erforderliche Sammlung von
Unterstützungsunterschriften erscheint angesichts der grundsätzlich nicht allzu hohen Anzahl der für die jeweilige Wahl notwendigen
Unterstützungsunterschriften ein etwas verkürztes Zeitfenster zumutbar, zumal unterstellt werden kann, dass die Gemeinden die
Wahlvorschlagsträger z. B. durch kurze Bearbeitungsfristen bei der
Erteilung von Wählbarkeitsbescheinigungen unterstützen. Zudem haben die Parteien und Wählergruppen die Möglichkeit, die entsprechenden Formblätter in ihrem Internet-Auftritt zum Download anzubieten und hierauf hinzuweisen. Nach meiner Rechtsauffassung ist es im Rahmen der gebotenen kontaktreduzierenden Maßnahmen zurzeit auch hinnehmbar, den Gemeinden neben den Originalformblättern für Unterstützungsunterschriften auch unterschriebene und anschließend
eingescannte Ünterstützungsformblätter zur Bescheinigung des
Wahlrechts vorzulegen.
Sofern sich die Situation bis zum 19. April nicht entspannen sollte, wird über weitere Maßnahmen informiert.
Vielen Dank für den Artikel und auch den Kommentar. Abgesehen von formellen Fristen und Vorgaben halte ich es auch für extrem schwierig – und auch größtenteils für unnötig und unredlich! – zu versuchen, sich über mögliche Wahlkampfthemen, die ja doch angesichts der Herausforderung, denen wir gegenüberstehen, unwichtig werden, zu profilieren.
Ich danke allen Organisationen, die jetzt Hilfe anbieten! Was da die Parteiorganisationen angeht, fand ich das GEMEINSAME Angebot der Jugendorgansationen der etablierten (!) Parteien herausragend. Da haben die jungen Leute gezeigt, dass Solidarität nur über Parteigrenzen hinweg funktioniert. Und die werden wir noch brauchen – die gute, alte Solidarität!