Rückendeckung oder die Manipulationskunst der Tuis
VON WOLFGANG HORN
Nein, nein, das kann nur der pure Zufall sein, daß der am kommenden Samstag in Wermelskirchen reichlich Tipps an Unternehmen und Unternehmer ausschütten werdende, politisch aber ziemlich angeschlagene Bundesvorsitzende der FDP, Christian Lindner, heute in der größeren der beiden Lokalzeitungen ordentlichen Zuspruch erfährt. Rückendeckung. So heißt es in der Überschrift. Der noch amtierende Fraktionsvorsitzende der FDP im Wermelskirchener Stadtrat, Jürgen Manderla, habe Christian Lindner seinerzeit als großes politisches Talent unter seine Fittiche genommen. Und: Was Erfurt angeht, habe Lindner nur einen Fehler gemacht, den er indes sofort korrigiert habe.
Soweit die Legendenbildung der Tuis. Tuis? Das sind die Weißwäscher in Bertold Brechts „Turandot oder Der Kongreß der Weißwäscher”, also die kapitalistischen Meinungsmacher. Zum weiteren Beweis folgen in der Zeitung vier weitere, grundlegend eher positive Statements von Bürgern der Stadt. “Jung und frisch”, heißt es dort, sei die FDP unter Lindner, er habe die Partei weit gebracht, die Wahl zum Ministerpräsidenten in Thüringen mit den Stimmen der AfD habe Lindner ja nicht angenommen, die FDP könne im Grunde genommen froh sein, Lindner zu haben. Zufall. Purer Zufall. Zufall gewiß auch, daß von der Erschütterung der Demokratie und der Staatskrise in Thüringen, die vor allem auf das verantwortungslose Handeln der FDP unter ihrem Bundesvorsitzenden zurückgehen, nicht wirklich die Rede ist.
Da lobe ich mir die Freidemokraten am Ort, insbesondere den Bürgermeisterkandidaten, Marco Frommenkord, der sich unmittelbar nach der Fehlentscheidung der thüringischen und der Berliner FDP unmißverständlich und in deutlichen Worten distanziert hat. Es ist wie immer im Leben: Es gibt solche und solche.
Beitragsfoto: Brecht Turandot, Universität München, Der kleine Tuimarkt (Sabine Heckmann, Verena Kleiner, Peter von Fontano, Antonios Safralis)
Herr Lindner und seine wirtschaftsliberale Ideologie wirken wie aus der Zeit gefallen. In der den 90ern und der Jahrtausendwende mag die Philosophie „der Markt regelt alles“ ja noch auf manche attraktiv gewirkt haben. Heute hat Lindner keine Antworten auf Fragen der Zukunft. “Jung und frisch” war einmal sein Markenzeichen, sein zögerliches Taktieren, seine fehlenden klaren Positionierungen, aber vor allem seine Ignoranz und Verhinderungspolitik gegenüber erneuerbaren Energien machen Ihn zu einem Mann von gestern dessen politische Visionen sich in Selbstdarstellung erschöpfen.