„Evangelium ist ein Gegengift gegen die Gesetze des Marktes“

Vizepräses Christoph Pistorius predigt zur Eröffnung der Landessynode

Bad Neuenahr | Den gesellschaftlichen Auftrag von Kirche und Diakonie hat Christoph Pistorius, Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland, während des Eröffnungsgottesdiensts der Landessynode am Sonntagvormittag in Bad Neuenahr in den Fokus gerückt. Ziel und Aufgabe des diakonischen Handelns sei, die Ressourcen so zu verteilen, dass niemand Hunger leiden oder in Armut und Krankheit leben müsse. Dabei fand der Vizepräses vor dem Hintergrund des Markus-Evangeliums klare Worte für diejenigen, die an der Ressourcen-Knappheit Geld verdienen wollen: Das Evangelium sei „ein Gegengift gegen die Gesetze des Marktes. Hier geht es einmal nicht nach Angebot und Nachfrage, sondern um Satt werden für alle“. Und es sei zugleich „ein Angriff auf alle, die an Knappheit und Hunger verdienen wollen“.

Große Herausforderungen für diakonisches Handeln

Das Gleichnis der „Speisung der Fünftausend“ (Markus 6, 30-44), in der Jesus viele Hungrige mit fünf Broten und zwei Fischen sättigt, ist laut Christoph Pistorius ein Sinnbild für den diakonischen Auftrag der Kirche. Dieser bestehe nicht nur darin, von Nächstenliebe zu reden, sondern auch danach zu handeln. Derzeit gehen diesem etwa 140.000 beruflich Mitarbeitende sowie rund 200.000 Ehrenamtliche in 4900 Sozialeinrichtungen unter dem Dach des Diakonischen Werks Rheinland-Westfalen-Lippe nach. Der Vizepräses sieht Kirche und Diakonie dabei vor großen Herausforderungen. So gab er zu bedenken, dass die Volkskirche schrumpfe. Die dadurch entstehende Diskrepanz zwischen Aufgaben und Ressourcen beeinflusse den Alltag in Kirche und Diakonie stark.

Eigeninteressen und Subsidiaritätsprinzip

Kritisch sehe er zudem, dass die Gesellschaft der Kirche und Diakonie vermehrt finanzielle Eigeninteressen unterstelle – und das Subsidiaritätsprinzip zunehmend nicht mehr kenne. Eben jenes gebe eine Grundausrichtung für das Gemeinwesen an: Oberstes Handlungsprinzip ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Erst wenn diese nicht funktioniert, wird die jeweils übergeordnete Instanz tätig.

Klare Botschaft an die Synode

„Die Speisung der Fünfttausend“ verdeutlicht nach den Worten des rheinischen Vizepräses aber auch, dass die sozialen Missstände durch menschliches Handeln beseitigt werden können. „Wenn wir uns mit unserem Auftrag beschäftigen, dann hilft uns diese Geschichte, uns dessen zu vergewissern“, sagte Pistorius mit Blick auf die anstehenden Debatten zum Verhältnis von Kirche und Diakonie auf der Landessynode. „Unser Leben und Tun als Christinnen und Christen soll Hinweis sein auf den, der uns dies widerfahren lässt, der uns Nahrung und Erfüllung gibt. Unser Tun und Lassen in Kirche und Diakonie soll die Geschichten weiterschreiben, die von einer Vollmacht erzählen, die in der alten Welt die neue Welt Gottes erfahrbar macht, die Tote ins Leben führt, Lahme gehen lässt, Schuldige und Schuldner befreit, Armen Teilhabe am Leben der Gesellschaft und Ausgegrenzten Teilhabe am Leben der Familie Gottes schenkt.“ 2994 Zeichen

Zur Person: Christoph Pistorius
Christoph Pistorius (57) ist seit Januar 2013 hauptamtliches Mitglied der Kirchenleitung und Leiter der Personalabteilung. Seit Februar 2014 ist er auch Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Nach Stationen in Saarbrücken und Hermeskeil kam Pistorius 1998 als Pfarrer nach Trier. Vom Jahr 2000 bis zum Wechsel ins Landeskirchenamt war er Superintendent des Kirchenkreises Trier. Der verheiratete Vater dreier erwachsener Töchter lebt in Mettmann.

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