VON WOLFGANG HORN
Die Journalistin Anna Thewalt formulierte heute im Tagesspiegel, daß ein Problem des Landes die “mangelnde Solidarität mit bedrängten Kommunalpolitikern” sei, verweisend darauf, daß Ende Dezember ein Bürgermeister wegen massiver Bedrohungen zurückgetreten sei und ein Amtskollege in Nordrhein-Westfalen zwar noch durchhalte, aber einen Waffenschein beantragt habe, um sich vor Neonazis zu schützen.
Eine Gesellschaft, die aus dem „Umweltsau“-Kinderlied eine tagelange Affäre gemacht habe, reagiere nicht. Anna Thewalt ist zuzustimmen. “In der Stille des ausbleibenden Aufschreis müssen sich die betreffenden Personen noch einsamer fühlen. Die ausbleibende Empörung ist eine Fortsetzung fehlender Wertschätzung und mangelnder Anerkennung.”
Auch in der Bergischen Kleinstadt ist kein Aufschrei zu vernehmen. Schließlich leben wir in der “Kleinstadt mit Herz”, wie ein Aufkleber vor vielen, vielen Jahren allemal kundtat. Gleichwohl: 40 Prozent aller kommunalen Verwaltungen haben nach Aussage des Tagesspiegels bereits Erfahrungen mit Hassmails, Einschüchterungsversuchen und Übergriffen gemacht. Die Saat der Rechtsextremisten und der völkisch-nationalistischen Gesellschaftsveränderer scheint langsam aufzugehen. Auch in sozialen Medien zu Wermelskirchener Themen kann man Tag für Tag Beschimpfungen von Politikern lesen, von “denen da oben”, lassen sich haßgetränkte Zuschreibungen für Parteien finden, werden Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, beleidigt und mit Häme überkübelt.
Empört Euch. So war ein Essay, ein in zornigem Ton geschriebenes Pamphlet des ehemaligen französischen Widerstandskämpfers und UN-Diplomaten Stéphane Hessel gegen den Finanzkapitalismus und für den Pazifismus überschrieben. Es ist Zeit für eine Neuauflage von EMPÖRT EUCH, für eine in zornigem Ton formulierte Aufforderung, den Rechten Einhalt zu gebieten, sich verteidigend vor Kommunalpolitiker und ehrenamtlich tätige Bürger zu stellen gegen Beleidigungen und Bedrohungen, öffentlich gegen die Spaltung der Gesellschaft in ein “Die” und ein “Wir” Position zu beziehen, überall dort, wo in der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung geschriebene und ungeschriebene Regeln verletzt werden, wo der Anstand versagt, wo Rechtsextremisten Raum gegeben wird, wo Menschen, fremde oder heimische, beleidigt und geschmäht und Minderheiten diffamiert und verfolgt werden, aktiv zu werden und lauthals einzuschreiten. Empört Euch.