Wort zum Montag, dem 6. Januar 2020
VON CORNELIA SENG
Die Aufregung ist groß, die Aufregung um das vom WDR ausgestrahlte und dann gelöschte Video mit dem Lied um die „Oma-Umweltsau“.
Seit ein paar Monaten zähle ich mich zu den „OMAS GEGEN RECHTS“ in Kassel. Als OMAS sind wir von dem Lied besonders betroffen, wir werden ja sozusagen direkt angesprochen.
Manche von uns OMAS waren oder sind Lehrerinnen. Schulaufführungen, die mehr oder weniger gelingen, sind uns vertraut. Nicht alles glückt auf Anhieb. Dann nicken wir uns zu und denken: Na, ja, der junge Kollege hat sich Mühe gegeben. Der gute Wille zählt. Am nächsten Tag gibt es vielleicht noch eine flapsige Bemerkung im Kollegium: „Meinst Du etwa mich mit der Oma-Umweltsau? Und was fährst Du für ein Auto?“ Und kritischen Eltern gegenüber würden wir sagen: „Okay. Wirklich geglückt finden wir den Text auch nicht.“ Und damit ist der Fall erledigt.
In der Schule (und in der Gesellschaft) ist es doch wie bei einem Konzert: Jeder spielt sein eigenes Instrument und seine Stimme. Erst aus dem Zusammenspiel aller wird ein gutes Konzert. Und okay: Manche üben noch an ihrer Stimme. Sollen wir statt eines vielstimmigen Konzertes jetzt nur noch einstimmig Marschmusik spielen? Alle im Gleichklang? Wir müssen unsere Verschiedenheit schon aushalten und miteinander zu einem guten Klang bringen.
Erstaunlich, wie hoch die Wogen angesichts dieses Liedchens schlagen! Wer hat eigentlich Grund, sich so aufzuregen? Es trifft doch uns alle mit unseren Lebensstil in einem reichen westlichen Land.
In unserem Wohnhaus mit sechs Familien gibt es zehn Autos. Die SUVs werden von Opas, Vätern und Müttern gefahren. Klar ist doch: Wir alle sind mit der „Oma“ gemeint! Keiner von uns lebt als Aussteiger. Wir alle sind in diese Gesellschaft verwickelt. Dementsprechend ist unser CO2-Verbrauch und der anfallende Plastikmüll. Das Würstchen auf dem Weihnachtsmarkt war nicht „Bio“ und die neue Jeans nicht fair produziert.
Wir OMAS GEGEN RECHTS waren mit der Enkelgeneration auf der „Fridays for Future“-Demo. Die Jugendlichen haben unsere ganze Sympathie. Manche von uns leben vegan und sind schon lange an dem Thema dran. Andere steigen jetzt erst ein. Niemand überprüft den persönlichen CO2-Fußabdruck bei Eintritt in die Gruppe. Aber wir suchen nach einem neuen Lebensstil, einem Lebensstil, bei dem Jugendliche genauso gehört werden wie alte Menschen und das Leben von Flüchtlingen genauso viel wert ist wie das von Einheimischen. Einem Lebensstil, der unserer Erde Wertschätzung entgegenbringt.
Darauf wollte das Lied des Kinderchores aufmerksam machen. Schade, dass das Thema bei all der Empörung untergeht. Aber wir bleiben dran!
Besonnenheit ist gefragt!
In wahrscheinlich ähnlich hitzigen Zeiten erinnert der Apostel daran, dass Gott uns nicht den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit gegeben hat (2.Tim.1,7). Der „Geist der Besonnenheit“ ist meinem Eindruck nach heute notwendiger denn je.
In diesem Sinn: Uns allen Mut, Kraft, Liebe und Besonnenheit im Neuen Jahr!