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Von wegen Rechtsruck: Studien widerlegen AfD-Mythos

Nürnberg | Den viel zitierten Rechtsruck in Deutschland gibt es gar nicht – aber gute Gründe, diesen Begriff künftig zu meiden, wie dem Newsletter der Humanistischen Vereinigung humanistisch.net zu entnehmen ist.

Weder bei den Einstellungen der Menschen, noch im politischen Diskurs oder dem Regierungshandeln sieht der Soziologe und Politikwissenschaftler Floris Biskamp von der Universität Tübingen einen Rechtsruck bestätigt. Es gäbe keine ernsthafte empirische Grundlage dafür. Vielmehr zeigten groß angelegte Forschungsprojekte aus Bielefeld und Leipzig, dass nationalistische und völkische Meinungen keine zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz finden und dass Studien diese seit der Jahrtausendwende relativ konstant und teilweise sogar rückläufig einstufen.

Die Zuwächse der AfD bei Wahlen seien also kein Ergebnis einer ruckartig nach rechts gerückten Bevölkerung, sondern vielmehr durch die Mobilisierung eines dauerhaft bestehenden Potenzials entstanden. Das liege über die Jahre relativ konstant bei etwa fünf Prozent der Bevölkerung mit einem geschlossenen, rechtsextremen Weltbild und bei ungefähr 20 Prozent mit deutlichen Affinitäten zu radikal rechten Positionen. Weil aber die Parteien wie die Mehrheit der Gesellschaft in die liberale Mitte gewandert seien, hätten sie diese Milieus zurückgelassen, in denen die AfD ihre Wählerschaft findet.

Auch die Dominanz des Themas Migrations- und Flüchtlingspolitik seit 2015 habe die Mobilisierung potentieller Rechtswähler begünstigt. Was unterm Strich auch ohne einen allgemeinen Rechtsruck in der Gesellschaft zu einem klaren Rechtsruck in der parlamentarischen Repräsentation geführt habe.

Im Sprachgebrauch fänden sich sowohl die Relativierungen des Nationalsozialismus, als auch der Rassismus, Sexismus und Antisemitismus auch bei Aussagen von Unionspolitikern der vergangenen Jahrzehnte. Allerdings würden auch alltägliche Formen von Rassismus und Sexismus heute viel eher in der Öffentlichkeit thematisiert als früher.

Mit Blick auf die realpolitischen Entscheidungen der letzten Jahrzehnte erkennt Biskamp eher einen Liberalisierungsprozess als eine Verschiebung nach rechts.

Dabei will er die Gefahren, die vom Einzug der AfD in die Parlamente ausgehen, keinesfalls verharmlosen. Es bestehe schon die Gefahr, dass andere Parteien die rechtspopulistische Rhetorik und Politik kopieren und normalisieren.

Außerdem stärke die Rede vom Rechtsruck ein zentrales Narrativ der AfD, die ihre Erfolge zur „Wende 2.0“ verkläre. Damit mache sie sich größer, als sie tatsächlich sei und der Sprachgebrauch eines gesellschaftlichen Rechtsrucks unterstütze sie dabei.

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