Den nachfolgenden Beitrag von Peter Lange entnehmen wir dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für Remscheid:
VON PETER LANGE*
Bergisches Land | Unter dem Motto „Reden wir über …… Mobilität“ veranstalteten am Samstag die drei bergischen DGB Stadtverbände Wuppertal, Solingen und Remscheid ihre erste gemeinsame Regionalkonferenz im Haus Müngsten.
Nach der Begrüßung der knapp 70 Gäste durch die DGB-Regionalgeschäftsführerin Sigrid Wolf richtete die DGB-Landesvorsitzende von NRW, Anja Weber, das Wort an die Konferenzteilnehmer. Sie kritisierte, dass die Armut im Land trotz mehrerer Jahre des wirtschaftlichen Aufschwungs zugenommen habe. Statt prekärer Arbeitsverhältnisse brauche es gute Arbeit und eine Stärkung der Tarifbindung. Der Klimawandel bilde eine neue Herausforderung, so Weber. Das Wachstum auf Kosten der Umwelt müsse beendet werden. In diesem Zusammenhang forderte Weber eine stärkere Förderung des Ausbaus eines CO2-freien ÖPNV. Sie mahnte eine sozial gerechte, ökologisch verantwortliche und ökonomisch vernünftige Politik an. Zudem forderte sie eine stärkere Entlastung der Kommunen, um deren Handlungsfähigkeit zu stärken.
Das Thema von Professor Dr. Schneidewind war die Mobilität. Knapp acht Milliarden Menschen lebten auf der Erde, so Schneidewind eingangs, hier gebe es ein Gerechtigkeitsproblem, an dessen Lösung die Gewerkschaften prädestiniert mitarbeiten müssten. Viele Arbeitsplätze würden verlagert, dadurch entstehe eine internationale Gerechtigkeitsdiskussion. Massive Umbrüche erzeugten Angst bei den Menschen, dies führe letztlich zu Ohnmachtsgefühlen. Mobilität müsse heute neu beschrieben werden. Die Veränderung hin zur Elektromobilität werde massiv und durch die Digitalisierung noch verstärkt.
Die Art und Weise der Mobilität werde sich in 30 Jahren vollkommen verändert haben. Die heutige Mobilität sei vollkommen unwirtschaftlich organisiert, bis zu 80.000 Euro teure Autos passten nicht in unsere Hochleistungsvolkswirtschaft, da diese die meiste Zeit nutzlos herumständen. Der direkte Zugriff auf das eigene Auto sei wirtschaftlich ineffizient, so Schneidewind. Für viele junge Leute sei das Auto bereits heute zu teuer. Unsere Enkel würden uns fragen, wie konntet ihr Mobilität nur so ineffizient organisieren? Während die Energiewende eine rein deutsche Angelegenheit gewesen sei, werde die Mobilitätswende dagegen in China, den USA und Indien gemacht. Die Chinesen sähen zurzeit die Möglichkeit, Marktführer in Sachen Mobilität zu werden. Die Zukunft der Automobilindustrie entscheide sich in Asien.
Die schlimmste Lösung des Mobilitätsproblems sei, so Schneidewind weiter, eine Eins-zu-Eins-Übersetzung der 40 bis 45 Millionen Verbrenner-Autos von heute in 40 bis 45 Millionen Elektroautos. Gebraucht werde eine Welt mit weniger Autos! Die Frage, wo die Wertschöpfung der Mobilität künftig hingehe, vermutlich nicht in die Automobilindustrie, müsse beantwortet werden. Es werde eine Diskussion erforderlich, in welchen Eigentumsformen sich Mobilität künftig organisieren lasse, wer künftig sein Geld verdiene mit Mobilität. Schneidewind empfahl eine stärkere Gemeinwohlorientierung. Konzerne seien in erster Linie an Kunden mit hoher Mobilitätsanforderung interessiert, dies sei zum Beispiel schlecht für alleinerziehende Elternteile. Eine Ablösung der Bahn durch Konzerne aus dem Silicon Valley solle verhindert werden. Auch im Bereich Qualifizierung müssten bereits heute bei Ausbildung und Studium zukünftige Entwicklungen stärker berücksichtigt werden, da sich Berufsbilder entscheidend verändern würden.
Weiter empfahl Schneidwind die Entwicklung einer mutigen Experimentierkultur. Als Beispiel nannte er die Umweltspur in Düsseldorf, die habe sich zwar nicht unbedingt bewährt, sei aber einen Versuch wert gewesen. Gewerkschaften seien bei all diesen Prozessen ein zentraler Ort des Austauschs. Unternehmen, Gewerkschaften, NGO und Kommunen müssten stärker miteinander ins Gespräch kommen. In dieser Region gebe es ein starkes Zulieferercluster, dies solle das Bergische Städtedreieck zu einem Experimentierraum machen. Es gehe letztlich um gutes Wirtschaften und nicht um effizientes Wirtschaften.
*Peter Lange ist Vorsitzender des DGB-Stadtverbandes Remscheid
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