Wider die Angstmacher

Ein Wort zum Montag, dem 28. Oktober 2019

VON CORNELIA SENG

Politiker bekommen Morddrohungen, geht durch die Presse. Der Spitzenkandidat der CDU in Thüringen, Mike Mohring, hat das zuletzt immer wieder öffentlich gemacht. Das macht nicht nur den Betroffenen Angst. Und das soll es: Angst verbreiten im Land. 

In Syrien unter dem Herrscher Bashar Al-Assad ist das Alltag: Menschen werden gefoltert. Menschen verschwinden, wenn sie es wagen, ihre Meinung frei zu sagen. Der Arm des syrischen Geheimdienstes reicht auch nach Europa, wird syrischen Bürgern klargemacht. „Lieber nicht über Politik reden“, sagen viele Syrer auch hier. 

Über die Nazi-Zeit haben meine Eltern nur wenig gesprochen. Einer der wenigen Sprüche war der Satz meiner Oma zur Ermahnung an meine Mutter: „Pass auf, was Du sagst, sonst holen sie dich auch noch ab.“ Diktatoren und ihre Systeme wollen Angst verbreiten, Menschen einschüchtern, stumm machen. Ihre Macht basiert auf Angst.

Eine junge Pfarrerin aus Thüringen bemerkte vor Kurzem: „Seit einiger Zeit merken wir, dass wir den Kindern wieder sagen: ‚Was am Küchentisch gesprochen wird, verlässt den Raum nicht.‘“

Ihre Bemerkung geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Was geht vor in unserem Land?

Monika Salzer, die Gründerin von „Omas gegen Rechts“ in Wien, eine Pfarramtskollegin, sagt: „Ich habe das Gefühl, dunkle Mächte greifen nach Europa und wollen unsere Demokratie zerstören.“ 

Ich kann nicht sagen, dass mir nicht auch angst und bange ist im Blick auf jüngste Vorgänge und Zeitungsmeldungen. 

Siebzig Jahre Frieden in Europa! Siebzig Jahre Demokratie, basierend auf der Menschenwürde jedes einzelnen Mitmenschen, egal welcher Hautfarbe, Religion, er oder sie ist, – das sollten wir uns nicht nehmen lassen!

Die Bibel kennt viele Geschichten von Menschen, die widerstanden haben. 

Daniel z.B. hat sich nicht schrecken lassen von Nebukadnezar, dem despotischen Herrscher von Babylon. Nebukadnezar war von sich und seiner Weisheit derart überzeugt, dass er meinte, nur er könne über den Glauben, das Verhalten und die Taten seiner Untertanen bestimmen. Nur er allein und seine Ideologie sollten Geltung haben. Daniel hat sich nicht gebeugt: „Gott ist groß“, das wusste er. Er hat sich nicht mundtot machen lassen und laut seine Gebete verrichtet. 

Wir müssen wieder laut von Daniel erzählen. Und von Menschen wie Dietrich Bonhoeffer, Paul Schneider, Martin Luther King JR. und vielen anderen, die sich nicht haben kleinkriegen lassen durch das Unrecht. Sie haben der Ungerechtigkeit und dem Bösen widerstanden.

Noch brauchen wir nicht so viel Mut wie sie.

Noch ist es selbstverständlich (in unserem Land!), dass die Menschenwürde jedem Menschen gilt, dass die Menschenrechte nicht verhandelbar sind und dass Menschen ein Recht auf Asyl haben. Noch braucht es nicht viel Mut, auch geflüchtete Menschen freundlich zu grüßen in der Stadt und sie willkommen zu heißen. Noch können wir Zeichen setzen. Und das Unrecht beim Namen nennen.

Im Vaterunser beten wir: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit!“ Das schließt den Widerstand gegen die, die Angst verbreiten wollen, ein.

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

  1. Das spricht mir sehr aus dem Herzen – ich glaube auch, dass mehr gegen die Angst geschrieben/gesagt werden muss – vor allem, seitdem wieder vermehrt von Angst geredet wird! Aber bei der Angst zu verweilen, bringt nichts, denn sie verbreitet lediglich Stimmung und vergrößert das Klima der Angst. Gerade dann kann die Hoffnung, die ja auch das Kerngeschäft des Glaubens ist, entgegengesetzt werden, damit Hoffnung und Zukunft mehr Raum gewinnt!

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      • Cornelia Seng
      • 27.10.19, 18:58 Uhr

      Was Du schreibst, erinnert mich an Luthers „Apfelbäumchenwort“: „Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“. Zustimmung! 👍🏽

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