VON WOLFGANG HORN
Der Tag danach ist der Tag nach dem rechtsextremistischen Anschlag auf die Synagoge in Halle und der Ermordung zweier Menschen gestern. Am Tag danach scheinen Trauerbekundungen mit den Mordopfern, die Solidaritätserklärungen mit der jüdischen Gemeinde wie auch die Warnungen vor rechtsextremistischer Gewalt kaum ein Ende zu nehmen. Allenthalben werden für die erschreckende Zunahme rechter Gewalt das politische Klima, die Verwerfungen in der Politischen Kultur des Landes verantwortlich gemacht. Die Verrohung der Sprache in der politischen Auseinandersetzung führe zu einer Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft, Hetze gegen religiöse und soziale Minderheiten, Beleidigungen von Politikern und politischen Konkurrenten, die Herabwürdigung von Institutionen und Eliten des Staates, kurzum: eine verächtlich-unempfindliche Sprache bereitete das Feld für verächtlich-gewalttätige Aktionen.
Der Tag danach ist in Wermelskirchen drei Tage danach. Am Montag erst wurde im Rat der Stadt Wermelskirchen – vergeblich – der Versuch gemacht, eine mehrheitliche Position des Rates gegen die Verrohung der Sprache, für den achtsamen Umgang miteinander und eine bürgerlich-zurückhaltende politische Kultur zu bewirken.
Am Tag danach geht es eben nicht um die Meinungs- und Redefreiheit. In diesem Land darf nachgerade alles und jedes öffentlich gesagt werden. In fast jeder noch so erbärmlichen und sprachlich unanständigen Version. Es geht darum, daß namentlich Politiker erkennen, daß sie als Vorbild für demokratisches Handeln und Hüter der Demokratie eben nicht nur auf die Justiziabilität ihrer Äußerungen achten, sondern vor allem darauf, ob der menschliche und politische Anstand gewahrt werden, ob die eigenen Auffassungen im politischen Meinungsstreit den Dialog ermöglichen, daß die Gesellschaft, das Gemeinwesen nicht gespalten wird, sondern zusammengeführt.
Am Tag nach dem Attentat auf die Jüdische Gemeinde in Halle muß die Frage erlaubt sein, ob beispielsweise die Äußerung eines Wermelskirchener Politikers, daß es „ein prima Kurs“ sei, „wenn zwischen der Stoßstange und der Wand Merkel, Roth und Konsorten kleben“, nicht auch eine erhebliche Beschädigung der politischen Kultur des Landes darstellt. Darf man sich wirklich noch wundern über Gewalt in der Gesellschaft, über rechtsextremistische Gewalt, von mir aus auch die Gewalt von vereinzelten Irren, wenn man ein derart gewalttätiges Sprachbild verwendet, die Bundeskanzlerin und die stellvertretende Parlamentspräsidentin von einem Auto an die Wand gequetscht?
Der Tag danach. Im Fall unseres Politikers aus Wermelskirchen hätte der allerspätestens am Tag nach dem Attentat von Nizza im Jahr 2016 auf sein Sprach-Bild vollständig verzichten müssen.
Am Tag danch geht es eben nicht nur um Aussagen von Politikern der völkisch-nationalistischen AfD beispielsweise und deren Verbindungen ins rechtsextremistische Milieu. Es geht auch um Politiker, die aus Parteien diesseits der AfD heraus, aus Parteien rechts neben der CDU an der Beschädigung der politischen Kultur beteiligt sind, an der Verschiebung das Sagbaren in einen Bereich hinein, den man hierzulande vor Jahren nicht einmal zu denken wagte.
Zum Glück für Herrn Wolfgang Horn ging der Antrag nicht durch. Am Tag des schrecklichen Anschlags nennt er mich “rechtskonservativ”. Eine Ächtung, die durch ständige Wiederholung am Ende nur noch zu einem besseren Einschlafen beim Lesen diente. An so einem Tag aber wird dem Begriff aber eine noch mal ganz besonders verächtliche Note verliehen, die besonders nachhaltig an der Person haften bleiben soll. Jemanden aus lauter Langweile in die Nähe des Nationalismus zu schieben, ruft den Antrag und dessen Wichtigkeit kurzfristig wieder auf die Tagesordnung.
Sehr geehrter Müßener,
in meinem Sprachverständnis ist das Adjektiv „rechtskonservativ“ ebensowenig ehrenrührig wie beispielsweise die Kennzeichnung als „linksliberal“. Beide Be- und Zuschreibungen bilden nach meinem politischen und Sprach-Verständnis durchaus Positionen im Rahmen des demokratischen Spektrums ab. Es gibt mehr als graduelle Unterschiede zwischen Positionen, die als „konservativ“ bezeichnet werden, und jenen, die man gerne als rechtskonservativ wertet. Die Unterschiede werden deutlich, wenn man sich etwa die Herren Polenz und früher Dregger vorstellt von der CDU, Herrn Günther von der Nord-CDU vergleicht mit Herrn Mitsch von der Werte-Union, Frau Kamp-Karrenbauer mit Herrn Maaßen.
Ein derartiges Adjektiv, rechtskonservativ, als Ächtung zu werten, wie Sie es machen, ist meiner Meinung nach vollkommen irrig. Rechtskonservativ ist eine nüchterne, eher analytische als empathische Beschreibung, keineswegs aber Ausdruck eines Ressentiments.
Gruß
Wolfgang Horn
Hallo Herr Horn,
danke für den Beitrag. Sind dann Teile der CDU rechtskonservativ?
Sie springen ja in Ihrer Bezeichnung. Einmal hieß ich “rechtsliberal”. Na klar, hauptsache irgendwie “rechts” drin. Strategie habe ich verstanden.
MfG