Stellungnahme von Jochen Bilstein* zur Berichterstattung in der Bergischen Morgenpost

Nun hat sich die zweite Lokalzeitung doch noch des Themas angenommen. Vieles von dem, was sie schreibt, ist längst bekannt. Man musste nicht mehr recherchieren und anwaltlichen Rat einholen, ob die Rüge des Rates rechtens ist oder nicht. Nein, ist sie nicht.

Natürlich gilt Artikel 5 des Grundgesetzes auch für Herrn Rehse. Wer hätte das je bestritten. Das sagt aber noch lange nichts darüber aus, ob ein Stadtrat die Äußerungen eines Mitglieds als fremdenfeindlich kritisieren darf. Es geht bei dem Antrag der SPD – Fraktion nicht um einen Angriff auf die Meinungsfreiheit, auch wenn das Herr Rehse immer wieder betont, ohne auch nur mit einem einzigen Wort auf den Inhalt seiner inkriminierten Äußerungen einzugehen. Es geht vielmehr darum, dass Äußerungen wie die des Herrn Rehse in Facebook nicht unwidersprochen bleiben dürfen.

Es geht auch nicht darum, ein Sommerloch zu füllen, wie die Redakteurin der Morgenpost vermutet: „Ausgerechnet in einer Zeit, in der das politische Geschäft ruht, geht es um solche Grundsatzfragen.“ Wer bestimmt, wann das politische Geschäft ruht? Grundsatzfragen werden thematisiert, wenn sie sich stellen, nicht wenn eine Zeitung dies für richtig hält.

Abstrus ist die Auffassung, man müsse zwischen den Äußerungen des Privatmannes und des Politikers Rehse unterscheiden. Welche Schizophrenie unterstellt man da Politikern. Und wie oft hat die Presse in der Vergangenheit Äußerungen und Verhalten von Politikern aus dem privaten Umfeld zum Anlass von Berichterstattung und Kommentar genommen.

Unverständlich ist auch, wie hier ein- und dasselbe Thema lokal- und weltpolitisch aufgespalten wird, als ob die großen Themen der Flüchtlingspolitik, die Leiden von Menschen außerhalb Wermelskirchens nichts mit dieser Stadt wie mit allen anderen in unserem Land und in Europa zu tun hätten. Ich lade die Journalistin gerne ein, einmal mit Menschen zu sprechen, die in Wermelskirchen leben, weil sie Libyen und das Mittelmeer überlebt haben.

Worum es geht: Äußerungen wie die des Herrn Rehse entfalten ihre Wirkung nicht nur auf facebook. Sie können leicht zu Brandbeschleunigern in der Gesellschaft werden. Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit zeigen das allzu deutlich. Daher ist dem Journalisten der Süddeutschen Zeitung, Detlef Essinger, zuzustimmen, wenn er in seinem Kommentar am 25. Juli von den Folgen einer verrohten Debatte schreibt: „ Zivilität im Ton ist nie nur eine Frage des Anstands, sondern Lebensgrundlage der Demokratie. Wer den Ton geringschätzt, tötet jede Debatte – und motiviert im schlimmsten Fall Menschen, die für ihre Verbrechen eine Art Legitimation suchen.“ Und weiter stellte Essinger fest:“ Gleichgültigkeit wäre, nein: ist schlimm, sie untergrub schon immer alle Humanität. Am Dienstagfrüh war der Hashtag, der bei Twitter in Deutschland am meisten benutzt wurde: Schweinefleisch (Kritik an Entscheidung einer Kita, auf Schweinefleisch zu verzichten J.B.), nicht Waechtersbach (Mordversuch an einem eritreischen Flüchtling J.B.) .“ Vielleicht hätte die Journalistin vor Ort sich auch einmal auf die inhaltlichen Aspekte der Auseinandersetzung einlassen sollen, über die verrohte Sprache des Herrn Rehse auf facebook, anstatt weitgehend über die formaljuristischen und vermeintlich wahltaktischen zu schreiben.

Jochen Bilstein

*Jochen Bilstein ist Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion im Wermelskirchener Stadtrat und hat namens seiner Fraktion Stellung bezogen zu rassistischen Äußerungen des Stadtverordneten Rehse.

Beitragsfoto: Jochen Bilstein (rechts) im Gespräch mit Vertretern der lokalen Presse

Kommentare (6) Schreibe einen Kommentar

    • Mike Galow
    • 25.07.19, 13:02 Uhr

    Kommentarfunktion gesperrt. Das bekommt man unter dem Artikel bei RP-Online zu lesen, wenn man kommentieren möchte. Kritik an der Redaktion ist halt nicht erwünscht. Vielleicht sollte man mal die Verbindungen zwischen der Redaktion und der WNKUWG offen legen, wenn es diese denn gibt. Stimmt es eigentlich, dass in der Redaktion Mitglieder der WNKUWG arbeiten und mit Henning Rehse manchmal ein Bier trinken gehen? Stimmt es eigentlich, dass man einen Deal mit Henning Rehse hat und sich interne Informationen von Politik und Stadtverwaltung mit medialem Stillschweigen gekauft hat? Es ist jedenfalls sehr offensichtlich, dass die Redaktion versucht, die menschenverachtenden Ausfälle eines Fraktionsführers zu decken. Brüder im Geiste, könnte man da meinen.

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    • Marc=
    • 25.07.19, 13:09 Uhr

    Eben wurde in der Bergischen Morgenpost “Analyse : Stadtrat ist kein Spielball für Fehden” das Kommentarforum geschlossen. (Stand: 13.07 Uhr)

    Ich wittere unbequeme Meinungen!

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    • MarcO
    • 25.07.19, 14:09 Uhr

    Von der Bergischen Morgenpost zensierter Leserbrief:

    Wo ist der investigative und polarisierende Journalismus in unserer Stadt geblieben? Stadtessen läßt man sich immer öfter vor den Karren der Parteien spannen, und kreiert lieber unreflektiert zweifelhafte Gefahrenzehnarien für die noch verbleibenden Leserschaft.

    Das ein Henning Rehse, sitzend in den verschiedenen Fachausschüssen der Stadt, seine menschenverachtende Ideologie mit in die “Neue Kommunalpolitik” einbringt, sollte jedem mal so richtig zu denken geben! Wollen wir das?

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    • Heinz Hansen
    • 25.07.19, 15:31 Uhr

    Herr Galow,

    von Ihnen lese ich immer nur Verschwörungstheorien und Mutmaßungen, keine Fakten. Konzentrieren Sie sich doch mal auf das, was Sie können oder auch nicht und lassen Sie den geneigten Leser selber entscheiden was richtig und was falsch ist.

    MfG

    HH

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      • Mike Galow
      • 25.07.19, 18:17 Uhr

      Keiner zwingt Sie, meine Kommentare zu lesen. Und natürlich sollen die Leserinnen und Leser selber entscheiden, was richtig und falsch ist. Ich habe nur Fragen gestellt und keinem was vorgeschrieben. Also kein Grund für Sie, hier Verschwörungstheorien zu verbreiten.

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    • Walter Schubert
    • 25.07.19, 15:52 Uhr

    Kommentarfunktion gesperrt, zensierte Leserbriefe und kritikfreie Artikel – wer hätte etwas anderes erwartet? Der sogenannte Kommentar der BM-Redakteurin ist völlig am Thema vorbei. Dass eine Rüge im Rat nicht möglich ist weiß auch Jochen Bilstein. Da musste man nicht aufwendig nachforschen. Dass die Aussagen von Herrn Rehse in der BM unwidersprochen bleiben ist die wichtigste Erkenntnis. Vielleicht werden bei dieser Geschichte einige Leser wach und kündigen endlich ihr Abo.

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