Camino Santiago: Carrión de los Condes nach Terradillos de los Templarios, 27 Kilometer, davon 18 Kilometer durch das totale Off.
Gestern läutete ich mit der Einkehr bei den Augustinerinnen einen Tag der inneren Einkehr und des Gebets ein. Die Schwestern empfingen uns Pilger sehr freundlich, mit Tee und Plätzchen. Die Herberge der Schwestern war einfach, wartete dafür mit einem gemeinsamen Abendessen auf. Zuvor gab es die Einladung, an der Vesper, dem Gottesdienst mit Pilgersegen und dem gemeinsamen Singen teilzunehmen. Die Vesper war schlicht, aber in ihrer Schlichtheit sehr tiefgehend. Dazu beigetragen hat die musikalische Gestaltung und der Gesang, aber auch die schöne Kirche.
Nach der Vesper versammelten sich einige Pilger, die Hospitaleros und die Schwestern zum gemeinsamen Singen. Jeder nannte kurz seinen Namen, wo er herkam und warum er den Camino geht. Es wurde aus jedem genannten Land ein Lied gesungen. So kam ich in den Genuss, Lieder aus Italien, Großbritannien, Südkorea, Ungarn, Kanada und den USA zu hören. Die deutsche Schwester und ich sangen von Hannes Wader „Heute hier, Morgen dort…“.
Die Messe war besonders gehalten, da man eine regionale Heilige ehrte. Eine heilige Carmen. Wer auch immer sie war. Beim Abendessen waren wir eine wirklich internationale Tischgemeinschaft. Ich durfte mal wieder feststellen, dass ich zwar ein schlechtes Englisch spreche, es aber reicht, um sich hier auf dem Camino zu unterhalten. – Wenn eine Ordensgemeinschaft schafft, das Wenige, – und in Spanien können sich Kirche und Ordensgemeinschaften nicht auf Kirchensteuer stützen -, jeden Tag neu mit Pilgern, mit Fremden zu teilen, sollte Europa dazu doch allemal in der Lage sein.
Die Augustinerinnen in Carrión de los Condes gehören einer Neugründung an, deren Sitz Avila ist. Die Schwestern halten sich immer nur etwa vier Wochen in Carrión auf und kehren dann zu ihrem Kloster in Avila zurück. Sie wollen so das kontemplative Leben ihres Ordens mit der Aufgabe der Betreuung von Pilgern verbinden. http://monasteriodelaconversion.com
Ich startete heute verhältnismäßig spät in den Tag, nach einem Kaffee. Als ich mich endlich aufmachte, war es schon 6:30 Uhr. Der heutige Streckenabschnitt wartete, wie oben gesagt, mit 18 Kilometern Wegstrecke durch das totale Off auf. Dies war für mich nicht das Problem, auch wenn ich dies überhaupt nicht bedacht habe. Was für mich zum Problem wurde, ist die Tatsache, dass da irgend einer den Weg mit einem Lineal gezogen hat. 18 Kilometer immer geradeaus, da ist man echt glücklich, wenn auf der Hälfte der Strecke eine improvisierte Bar auftaucht. Nach 3,5 Stunden erreichte ich Cazadilla de la Cueza. Da gönnte ich mir erstmal eine Cola, um dann die letzten neun Kilometer in Angriff zu nehmen. Gegen 12:30 Uhr erreichte ich mein Tagesziel Terradillios de los Templarios.
Der Ort gehörte früher dem Templerorden. Der Orden wurde nach den ersten Kreuzzügen als Religions- und Militärorden 1119 gegründet, zum Schutz der christlichen Pilger in Palästina. Der offizielle Name lautete: “Orden der armen Ritter Christi“. 1307 kam es zur kirchlichen Aufhebung des Ordens und der letzte Großmeister der Templer, Jacques de Molay, starb 1314 auf dem Scheiterhaufen. Der Orden verschwand jedoch nie ganz und lebte als christlicher Laienritterorden nach dem zweiten Weltkrieg u.a. in Deutschland wieder auf.
Morgen werde ich bis nach Calzadilla de las Hermanillos laufen und damit die extrem kurze Etappe im Rother Wanderführer verlängern.