VON WOLFGANG HORN
Rheinisch-Bergischer Kreis | Vor 30 Jahren ist geschehen, was für die meisten Zeitgenossen eigentlich völlig undenkbar war: die Mauer in Berlin fiel und der Ostblock samt DDR lösten sich auf. An diesen historischen Einschnitt in die Geschichte Deutschlands und Europas erinnert eine formidable Fotoausstellung des Kulturbüros des Rheinisch-Bergischen Kreises, das im Rahmen des XIII. Forums OstWest die Ausstellung „Aufbruch im Osten. Fotografien von Harald Schmitt“ der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland im Kreishaus in Bergisch Gladbach noch bis zum 30. Juni präsentiert.
Die Aufnahmen des ehemaligen stern-Fotografen Harald Schmitt, so hieß es in der Einladung zur gestrigen Vernissage, dokumentieren Widerstandsmomente im Osten in der Zeit von 1978 bis 1991: Von den ersten Protesten streikender Arbeiter auf der Danziger Lenin-Werft, über die ersten Friedensgottesdienste in Dresden bis zur Entmachtung von Michail Gorbatschow. Durch die Verknüpfung der Fotos aus der DDR mit denen aus umliegenden kommunistischen Staaten wird deutlich, wie sehr die Entwicklung in der DDR und in den osteuropäischen Ländern ineinandergreifen. Die Fotos von Menschen und Orten des Umbruchs lassen die großen Veränderungen in diesem Jahrzehnt, die Europa und die Welt geprägt haben, spürbar werden.
Wirklich schade ist nur, daß die gestrige Vernissage und das anspruchsvolle Rahmenprogramm keinen wirklichen Zuspruch erfahren haben. Keine 30 Menschen verloren sich im großen Saal des Kreishauses und von denen war noch knapp die Hälfte am Programm beteiligt. Etwa die fünf jungen Musiker des Saxophon-Ensembles der Musikschule Leichlingen, The Funkies, und ihr Leiter, Andreas Josephs, die das ganze Unternehmen mit dem richtigen, weil unterhaltsamen Ton versahen, die Kreiskulturreferentin Charlotte Loesch, die gekonnt durchs Programm führte oder der stellvertretende Landrat Ulrich Heimann, Zeitzeuge der Vorgänge vor dreißig Jahren, der in einem kurzen Gespräch mit Frau Loesch beschrieb, wie der Mauerfall den Beginn der politischen Aktivitäten des jungen Heimann markierte. Susanne Riedel vom Haus der Geschichte in Bonn führte kenntnisreich in die Foto-Ausstellung ein und die Historikerin Gabriele Emrich referierte zum Thema „Freiheit, die wir meinen! 30 Jahre Mauerfall und der Rheinisch-Bergische Kreis“. Sie beschrieb unter anderem, wie der Kreis, Bergisch Gladbach und die Stadt Wermelskirchen in jenen Tagen Kontakt aufnahmen zu den ganz jungen, völlig neu errichteten Verwaltungen in Forst an der polnischen Grenze und im Landkreis Senftenberg in der Lausitz, um dort Hilfe zu leisten beim Aufbau neuer Verwaltungsstrukturen.
Diese gut komponierte Rückschau auf ein weltpolitisches Ereignis vor drei Jahrzehnten mit eindrucksvollen Bildern und einem auch für ein „Normalpublikum“ verständlichen historischen Fachvortrag aus der Perspektive eines Landkreises hätte wahrlich ein volles Auditorium verdient. Vor allem auch ein junges Publikum, das über keinerlei Kenntnisse von dieser historischen Epoche aus eigenem Erleben verfügt und das sich einen „Eisernen Vorhang“ gar nicht mehr vorzustellen vermag.
Bleibt zu hoffen, daß die Ausstellung im Erdgeschoß des Kreishauses bis zum Monatsende noch zahlreiche Besucher finden wird. Womöglich entschließen sich ja noch ein paar Lehrer hiesiger Schulen zu einem Spontanbesuch des Kreishauses zusammen mit ihren Klassen.
Hier ein paar Impressionen von der Vernissage: