Wahrheit im Haus Eifgen

VON WOLFGANG HORN

So viel Wahrheit war selten im Haus Eifgen wie gestern Abend beim Philosophischen Café der Wermelskirchener Kulturinitiative. Es ging um die Wahrheit – und nichts als die Wahrheit. Mehr als 40 Besucher und Gäste machten sich gemeinsam mit Uwe Christoph, der das Impulsreferat zum Thema gehalten hatte, und Joachim Schulte, Mit-Gründer des Philosophische Cafés, auf die Suche nach der Wahrheit.

Joachim Schulte und Uwe Christoph

Rücksichtslos sei die Wahrheit, so Uwe Christoph in seiner Eröffnung, die rücksichtslose Übereinstimmung von Tatsachen und Denken, Wahrheit sei, „was der Fall ist“. Und gegen die Wahrheit gerichtet sei als mildeste, als harmloseste Form der Unwahrheit der Irrtum, der den Irrenden in der Auffassung belasse, er vertrete, er denke, was wahr sei. Ärger seien hingegen die Verleugnung der Wahrheit, die Behauptung, also subjektive Meinung, und schließlich die Lüge als vorsätzliche und dreiste Unwahrheit. Natürlich kam Christoph in diesem Kontext auch auf den noch amtierenden amerikanischen Präsidenten zu sprechen, von dem die Washington Post kürzlich meldete, daß er in seiner bisherigen Amtszeit bereits mehr als 10.000 Lügen öffentlich formuliert habe, durchschnittlich mithin 23 solcher Unwahrheiten am Tag.

Das Impulsreferat löste eine breite Debatte aus, in der es unter anderem um die naturgesetzliche Wahrheit ging, um die Schwierigkeiten, Wahrheit zu beschreiben und zu kennzeichnen in politischen oder gesellschaftlichen Kontexten, um sprachliche Unschärfen, um die Interessengeleitetheit von Erkenntnisprozessen. Einig, einer Meinung, war man sich zwar nicht im Publikum. Aber die unterschiedlichen Auffassungen wurden „manierlich“, unaufgeregt, sachlich, würdig, in wahrhaft bürgerlichem Dialog dargelegt. So, wie es das ursprüngliche und erste Ziel der Initiatoren des Philosophische Cafés war: Ein gepflegtes Gespräch, sechsmal im Jahr, in einer philosophisch interessierten Runde ohne Anspruch auf akademische Lorbeerkränze. „Wir haben eher ‚Philosophie als Breitensport‘ im Auge, das philosophische Gespräch, an dem sich jedermann beteiligen kann, anspruchsvoll und unterhaltsam, mitunter anstrengend, am Ende aber mit Gewinn für alle Teilnehmer.“ So hatten Uwe Christoph und Joachim Schulte seinerzeit ihre Intention beschrieben.

Einer Besucherin, zum ersten Mal Gast im Philosophischen Café, entfuhr nach der Debatte der Satz, daß sie endlich mal einer annehmbaren öffentlichen Diskussion beigewohnt habe ohne die rhetorische Übergriffe und verbalen Übertreibungen, wie sie etwa in politischen Debatten mittlerweile leider üblich seien.

Nach drei Veranstaltungen des Philosophischen Cafés, zu den Themen Kunst, Denken und Wahrheit, läßt sich jetzt schon sagen, daß das Angebot der Kulturinitiative offenbar angenommen wird. Dreimal ist es den Veranstaltern nunmehr gelungen, etwa 40 bis 50 Besucher für die doch oft schwierige Diskussion zu versammeln, sie für auch sperrige Themen zu interessieren, in ein Gespräch einzutreten, für das es Spielregeln gibt, damit es bei allen unterschiedlichen Auffassungen respektvoll bleiben kann.

Gestern Abend war nach der eher streng eingehaltenen Zeitvorgabe von 90 Minuten für Impulsvortrag und Debatte bei vielen Besuchern offenbar noch weiterer Gespächsbedarf zu verspüren, weshalb sich in der Gaststube des Hauses Eifgen noch das eine oder andere Grüppchen zusammenfand. Und zu einer solchen Fortsetzung der Diskussion im lockeren Kreis möchten die Initiatioren künftig auch ausdrücklich anregen. Die Gaststube steht offen.

Beim nächsten Mal wird sich der Austausch im Philosophische Café um das Thema „Bildung“ drehen.

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • Walter Schubert
    • 17.05.19, 15:50 Uhr

    Man muss gar nicht mitmachen – zuhören reicht schon aus. Wie angenehm, ruhig und sachlich geht es im Haus Eifgen zu. So ganz anders als in den unsozialen Netzwerken oder den Labershows im TV. Schön, dass es noch Bürger gibt, die eine gepflegte Diskussion schätzen. Klasse – weiter so.

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