Von Matthias Dohmen
Unser Buch des Monats: Die Revolution 1918/1919 im Tal der Wupper, aber auch weit darüber hinaus beleuchtet Reiner Rhefus in einem sehr lesbaren und mit zahlreichen Fotos und Faksimiles versehenen Band.
Es handelt sich um eine Veröffentlichung, die schon in der Vorbemerkung, in der Rhefus seiner Mutter Gerda und des „einfachen Sozialdemokraten“ Peter Berten sowie dessen „Lebenslauf eines einfachen Menschen“ gedenkt, aus dem Rahmen des Üblichen fällt.
Rhefus’ Arbeit quillt geradezu über von Verweisen auf belletristische Werke (etwa Gedichte) von Akteuren der damaligen Zeit. Einen immensen Teil des Buches bilden Zitate aus zeitgenössischen Publikationen, vor allem Zeitungen der verschiedenen Richtungen der Arbeiterbewegung des bergischen Städtedreiecks und des heutigen Kreises Mettmann.
Geradezu unglaublich, welche Bedeutung deren Vertreter in Berlin hatten: Auf dem Rätekongress 1918 stellten die Delegierten aus Sachsen wie die Abgeordneten aus dem Bezirk Düsseldorf, zu dem das Bergische Land gehörte, die stärksten Gruppen. Drei der sechs Mitglieder der ersten Weimarer Regierung, nämlich des Rates der Volksbeauftragten, waren Friedrich Ebert (Wahlkreis Elberfeld/Barmen), welcher der erste Präsident der ersten deutschen Demokratie wurde, Wilhelm Dittmann (Remscheid/Lennep/Mettmann) und Philipp Scheidemann (Solingen).
Zu den Aktiva der Untersuchung zählt die Nachzeichnung der Bildung des Arbeitsamts wie auch der Volkshochschule als Ergebnisse einer Revolution, die in der wirtschaftlich-sozialen Hauptsache, der so genannten Sozialisierung, auf der Hälfte der Strecke steckenblieb, in den Kämpfen und Auseinandersetzungen 1920 bis 1923 nicht zu Ende geführt werden konnte und nach 1945 einen fernen Wiederhall in bestimmten Entwicklungen der Ostzone beziehungsweise der DDR fand.
Eine bedeutende Rolle in der bergischen Metropole spielten zur gleichen Zeit Alfred Dobbert, Hermann Herberts und Oskar Hoffmann. Zehn Seiten umfasst das Verzeichnis der „Akteure und Beteiligten“ der Novemberrevolution in Elberfeld und in Barmen, in dem Rhefus Schlaglichter auf Politiker der SPD, der USPD und der KPD wirft, aber auch Anarchisten und Jugendbewegte wie Walter Hammer oder Unternehmer wie Carl Duisberg nennt.
Aber es gibt noch mehr Bergische, die in der Reichshauptstadt an entscheidender Stelle mitmischten, so etwa den heute vergessenen Walter Simons, 1918 Chef der Reichkanzlei, der es übrigens nicht ins Personenregister geschafft hat wie alle Zeitgenossen, deren Name mit G beginnt.
Wilhelm II. fehlt ebenso, obwohl mehrfach im Buch auftauchend. Sein Ende ist eher schmachvoll, und seine bizarren Träume wurden nicht Wirklichkeit: „Er könne an der Spitze des Heeres nach Deutschland marschieren, um dort die Revolutionsherde, ‚Drückeberger’ und‚Deserteure’, mit modernsten Kampfmitteln wie Gas, Bombenflugzeuge und Flammenwerfer bekämpfen“ (Sebastian Haffner, zitiert auf Seite 125).
Es handelt sich also, zusammengefasst, um keine Wuppertaler Geschichte vor dem Hintergrund der reichsweiten Ereignisse der Jahre 1918/1919, sondern um eine Darstellung der Novemberrevolution am Beispiel der Ereignisse um Bergischen Land.
Ein „großer Wurf“, wie ein Rezensent schrieb.
Reiner Rhefus • „Empor aus Nacht zum Licht“. Die Revolution von 1918/1919 im Wuppertal – Schauplätze, Ereignisse, Akteure (= Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Wuppertals) • Essen: Klartext 2018 • 978-3-8375-2028-6 • 456 Seiten • Euro 24,95 • www.klartext-verlag.de