Die Kulturitiative Wermelskirchen pflegt neben Musik auch das Wort
Von Wolfgang Horn
Wermelskirchen | „Praktische Lebensklugheit“, mit diesem Begriff übersetzen Uwe Christoph und Joachim Schulte das steilere Nomen „Philosophie“ und machen es somit handhabbarer. Christoph und Schulte sind die Erfinder einer Gesprächsreihe, die im kommenden Jahr das bislang hauptsächlich musikalisch geprägte Angebot der Kulturinitiative Wermelskirchen im Haus Eifgen ergänzen wird: das „Philosophische Café“.
Ein gepflegtes Gespräch, sechsmal im Jahr, in einer philosophisch interessierten Runde ohne Anspruch auf akademische Lorbeerkränze. „Wir haben eher ‚Philosophie als Breitensport‘ im Auge, das philosophische Gespräch, an dem sich jedermann beteiligen kann, anspruchsvoll und unterhaltsam, mitunter anstrengend, am Ende aber mit Gewinn für alle Teilnehmer“, erläutert Uwe Christoph aus Odenthal, viele Jahre in strategischen und leitenden Funktionen in der Industrie und Mitglied der Wermelskirchener Kulturinitiative, der schon eine Reihe ähnlicher Veranstaltungen in anderen Städten besucht hatte und durch sie zur jüngsten Idee der hiesigen Kulturnetzwerker angeregt wurde. So gebe es auch keinerlei Zugangsvoraussetzungen für die Teilnahme am Café.
„Was wir allerdings auf keinen Fall wollen, ist eine unverbindliche Plauderrunde, um nicht das Wort ‚Labern‘ verwenden zu müssen“, ergänzt Joachim Schulte, pensionierter Gymnasial-Lehrer für die Fächer Deutsch, Literatur und Sport und nunmehr in vielerlei Handlungsfeldern ehrenamtlich tätig, vor kurzem noch bei der Entwicklung der von so vielen Wermelskirchenern dankbar aufgenommenen Gedenk-Veranstaltung anlässlich der achtzigsten Wiederkehr der Pogromnacht am 9. November.
Uwe Christoph und Joachim Schulte haben sich am Vorbild des Philosophischen Radios mit Jürgen Wiebicke orientiert, das allwöchentlich am Freitagabend auf WDR 5 zu hören ist. „Der gepflegte Austausch mit anderen nachdenklichen Menschen, darum geht es uns.“ Insoweit sei das jeweilige Thema wichtig, das etwa ein Kernbegriff menschlichen Lebens sein könne, eine philosophische Schule, eine philosophische Methode, der eine oder andere Philosoph, ein zentraler Erkenntnisbegriff, was auch immer in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit gewinnbringend behandelt werden könne.
Für ebenso wichtig aber halten die beiden Initiatoren den Umgang der Cafébesucher miteinander und mit dem Thema. Beabsichtigt sei das anspruchsvolle Gespräch, die anregende Debatte, der lustvolle Streit. Weder gehe es um das selbstgefällige Posieren in luftig-akademischen Gefilden noch um den belanglos-beliebigen Austausch von Allerweltsweisheiten.
„Wir wollen mit dem ‚Philosophischen Café‘ keine Meinung generieren und keine abschließende Wahrheit, sozusagen die eine letztgültige Theorie.“ Es gehe, so fährt Uwe Christoph fort, darum, das „Streben zum Philosophieren abwechslungsreich“ einzuüben und zu gestalten. Es sei ja schließlich ein Café intendiert und keine Vorlesung. Es gehe also auch nicht um Priorisierung, um eine Rangfolge der Themen oder philosophischen Schulen. So könnten eine Vielzahl von Themen gleichberechtigt nebeneinander die einzelnen Café-Abende bestimmen, Bildung etwa, Staat, Ideologie, Demokratie, Freiheit, Wahrheit.
Ein schwieriges Projekt, sich der mühsamen Erkenntnis zu verschreiben, der gedanklichen Anstrengung, dem gediegen-respektvollen Austausch in Zeiten der knackig formulierten Übertreibung oder der billigen Unwahrheit etwa in sogenannten „sozialen Medien“.
Joachim Schulte zitiert ergänzend die berühmten drei Fragen von Kant, um sein Interesse am „Philosophischen Café“ zu erläutern: „Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was kann ich hoffen?“ Drei Fragen, die zu der zeitlosen Überlegung führen: „Was ist der Mensch.“ Es gehe um Erkenntnisse, so Schulte weiter, die nicht alleine heute ihren Sinn machen oder morgen, sondern von grundlegenderer Art sind. „Wir versuchen, uns selbst aus etwas größerem Abstand heraus zu sehen, um so etwas mehr von der Unklarheit zu verlieren, der wir als Menschen ausgeliefert sind.“ Es gehe, so führt Christoph den Gedanken weiter, um eine Art von „Selbstverortung“ des Menschen.
Aus diesem Grund haben Christoph und Schulte eine feste Struktur für das „Philosophische Café“ entwickelt. Jeder einzelne Abend wird mittels eines Impulsreferates von fünfzehn bis allerhöchstens 30 Minuten eingeleitet, dem eine Runde mit Verständnisfragen folgt. Erst danach leiten die beiden Moderatoren in das Gespräch über, das über Beiträge in der Reihenfolge der Meldungen entsteht, sich mitunter aber auch in spontaner Rede und Gegenrede ergeben kann. „In manchen Situationen muß das ‚rhetorische Reingrätschen‘ möglich sein“, erläutert Joachim Schulte schmunzelnd.
Der Impulsvortrag kann aus der Runde der Verantwortlichen in der Kulturinitiative kommen, aber auch von Externen vorbereitet werden. Die Teilnehmer am Café können eigene Themen vorschlagen, über die die Verantwortlichen zu entscheiden haben. Mitunter werden für Teilnehmer Lesehinweise, Literaturangaben, Stichworte oder Quellen angegeben.
Das „Philosophische Café“ wird zweimonatlich dienstags Abend zwischen 19 und 21 Uhr im Haus Eifgen stattfinden. Den Auftakt machen die beiden Urheber des Projektes am 8. Januar 2019. Dann geht es um die Kunst: „Ist das Kunst oder kann das weg?“