Einkaufsbeobachtungen

Von Wolfgang Horn

Wermelskirchen | Heute Mittag. Schon hinter der Kasse eines großen Discounters eine junge Frau in bunten Gewändern, zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt das Handy. Eine junge Mutter. Ein Kind im Kinderwagen, das andere auf dem schmalen Fensterbrett. Es muß gewickelt werden. Sie hantiert mit beiden Babies. Und spricht sehr laut ins handliche Telefon. Den Blick nach draußen gerichtet. Mit Afrika, wie die Lautstärke vermuten läßt. Und in einer Sprache, die der gemeine Dellmann nicht alle Tage hört und nicht versteht.

Mißbilligende Blicke aus der Kassenschlange treffen die laute, junge Frau. Allein: die ist derart mit den Kindern beschäftigt und so sehr auf ihren Gesprächspartner am anderen Ende der Funkverbindung konzentriert, daß sie nichts von der stummen Ablehnung, von der Stille der Erstarrung mitbekommt.

Ein schönes Bild, eigentlich: Eine junge Mutter kauft ein; sie schafft das trotz zweier quirliger Kinder und eines Anrufs womöglich vom anderen Ende der Welt. 

Und dennoch: kein Lächeln, das Verständnis signalisiert, kein Zuspruch, kein Erinnern an die Tage, als die eigenen Kinder, die aus Wermelskirchen, klein waren und nichts als Unsinn im Kopf hatten. Nur schlechte Laune? Weil die Schlange so lang ist? Weil die Frau so laut in einer fremden Sprache telefoniert? Weil sie bunte und weite Klamotten trägt? 

Da endlich. Eine Kundin, erkennbar eine Deutsche im Rentenalter, weist die verbissen stummen Kassenschlangenkameraden zurecht, findet Worte der Zuwendung, zeigt Verständnis für die junge Mutter. Die Antwort? Betretenes Schweigen, weiterhin.

Der alltägliche Rassismus beginnt langsam und schleichend, mit Unverständnis, mit Scheuklapprigkeit, mit der Abwehr des Fremden, der Fremden, mit mangelnder Offenheit, mit dem „Die“ und dem „Wir“, mit dem „Wir-wollen-doch- lieber-unter-uns-bleiben“.

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • christian becker
    • 18.10.18, 7:31 Uhr

    ich weiß grade nicht wie man den Zusammenhang zwischen leuten die bei ihren Handygesprächen die gesamte Umgebung mithören lassen ,und alltäglichem Rassismus herstellt?? missbilligende blicke handelt man sich da immer ein ,nicht nur als Ausländer….

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