Sozialen Wandel gestalten

Im Zentrum Wermelskirchens leben zu wenige junge Menschen, gibt es nicht genügend bezahlbaren Wohnraum, fehlen Betreuungsplätze für Kinder und mangelt es an niedrigschwelligen Bildungs- und Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche. Das sind, kurz und holzschnittartig zusammengefaßt, einige Ergebnisse des ungewöhnlich detailreichen Sozialberichts „Motiv Mensch – sozialen Wandel gestalten”, den die Verwaltung des Rheinisch-Bergischen Kreises jetzt veröffentlicht hat. 

Der Kreis hat erstmalig einen Sozialbericht erarbeitet, der die Strukturen in den einzelnen Kommunen und Stadtteilen darstellt. Er weist beispielsweise soziale Ungleichheiten auf und legt dar, in welchen Bereichen Probleme bestehen und was zu tun wäre.

Bei der Vorstellung des Sozialberichts „Motiv Mensch – sozialen Wandel gestalten” sagte Landrat Stephan Santelmann, nunmehr gebe es einen Überblick, wo es den Bürgern im Kreis gut geht – und wo weniger gut. Die Sozialplanung „Motiv Mensch“ ist ein gemeinsamer Prozess des Kreises mit den Städten Bergisch Gladbach, Burscheid, Leichlingen, Overath, Rösrath und Wermelskirchen, der Gemeinden Kürten und Odenthal, der AWO – Kreisverband Rhein-Oberberg, des Caritasverbandes für den Rheinisch-Bergischen Kreis, des Deutschen Roten Kreuz – Kreisverband Rheinisch-Bergischer Kreis, der Diakonie im Rheinisch-Bergischen Kreis, des Paritätische NRW e.V. – Kreisgruppe Leverkusen, Oberbergischer Kreis, Rheinisch-Bergischer Kreis und des Jobcenters Rhein-Berg.

Ziel war, die Angebote und Leistungen zu optimieren – durch die Wahl der richtigen Schwerpunkte, unter anderem in den Bereichen Demografie, Daseinsvorsorge, Gesundheit, Jugendhilfe und Pflege. Wie das Bürgerportal Bergisch Gladbach schreibt, leiste der Sozialbericht Pionierarbeit, denn über ein vergleichbares Datenset verfüge kein anderer Kreis in NRW.

Der kreisweite Sozialbericht, so Landrat Santelmann, biete auch eine Basis für die Beantragung von Fördermittel auf Landesebene.

Insgesamt habe der Rheinisch-Bergische Kreis eine starke Struktur – aber „es gibt Menschen, die abgehängt wurden oder die abgehängt zu werden drohen”, sagte der Landrat. Immerhin 60.000 der insgesamt 280.000 Bürger lebten in den Stadtteilen, die jetzt als problematisch identifiziert wurden.

Hier einige Schlaglichter aus dem Sozialbericht:

  • Während vier Städte im Kreis eine Bevölkerungszunahme zu verzeichnen haben, denen auch für das nächste Jahrzehnt eine positive Bevölkerungsentwicklung attestiert wird, registrierten die Städte Wermelskirchen und Burscheid sowie die Gemeinden Kürten und Odenthal einen Bevölkerungsrückgang. Dieser Trend wird sich voraussichtlich auch in den kommenden zehn Jahren fortsetzen.
  • Die Altersstruktur zwischen den Kommunen im Kreis variiert geringfügig. Während in der Gemeinde Kürten und der Stadt Overath ein relativ hoher Anteil an Personen unter 30 Jahren beheimatet ist, ist in den Städten Bergisch Gladbach, Leichlingen und Wermelskirchen der Anteil an Personen im Rentenalter etwas höher.
  • Im kommunalen Vergleich wiesen insbesondere die Städte Bergisch Gladbach, Leichlingen und Wermelskirchen einen verhältnismäßig hohen Anteil kinderloser Haushalte auf.
  • Im Rheinisch-Bergischen Kreis besitzt knapp 9% der Bevölkerung keine deutsche Staatsbürgerschaft. Im Vergleich dazu liegt die Ausländerquote in Nordrhein-Westfalen mit knapp 12% auf einem deutlich höheren Niveau. Der Ausländeranteil in Wermelskirchen mit etwas über 7% ist unterdurchschnittlich.
  • In NRW waren 2011 6,3% der Bevölkerung ab 15 Jahren ohne Schulabschluss. Dieser Wert wird von den Kommunen im Rheinisch-Bergischen Kreis zum Teil deutlich unterschritten. Kreisweit haben ca. 4,4% der Personen über 15 Jahren die Schule ohne Abschluss verlassen. Auffällig hoch ist der Anteil an Personen ohne Schulabschluss in der ausländischen Bevölkerung in den kreisangehörigen Kommunen. Nur in fünf der acht Kommunen liegt der Anteil unter dem landesweiten Durchschnitt von 29,1%. In Wermelskirchen dagegen bei 36,7%. Deutlich überdurchschnittlich im landesweiten Vergleich ist der Anteil an Ausländern mit Abitur im Rheinisch-Bergischen Kreis insgesamt. Auch hier: unterdurchschnittliche Werte für die Stadt Wermelskirchen.
  • Den höchsten Anteil arbeitsloser Personen zwischen 15 und 25 Jahren hat die Stadt Burscheid mit ca. 3,6%. Auch die Städte Wermelskirchen (2,8%) und Bergisch Gladbach (2,5%) liegen über dem Mittelwert für den Rheinisch-Bergischen Kreis (2,2%). Wermelskirchen weist zudem mit 9,6% einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Arbeitslosen unter 25 Jahren aus.

Für die kleinräumige Analyse der sozialen Lage im Rheinisch-Bergischen Kreis wurde das Kreisgebiet in 87 sogenannte Wohnplätze der Sozialplanung (WPS) eingeteilt. Die Wohnplätze der Sozialplanung variieren hinsichtlich ihrer Bevölkerungszahl. Der bevölkerungsstärkste Wohnplatz ist Wermelskirchen Innenstadt mit gut 15.100 Einwohnern, der bevölkerungsärmste Romaney (Bergisch Gladbach) mit knapp 690 Einwohnern. Im Durchschnitt liegt die Einwohnerzahl pro Wohnplatz bei ca. 3300 Einwohnern. Für diese einzelnen Wohnplätze wurde anhand von 28 Indikatoren erhoben, ob und inwieweit die Werte des jeweiligen Wohnplatzes von den Durchschnittswerten des Kreises abweichen. Ab Seite 75 sind in dem Bericht die Stärken und Schwächen des Wohnplatzes Wermelskirchen-Innenstadt und Wermelskirchen-Ost beschrieben.

Hier einige Kurzergebnisse:

  • Etwas über ein Viertel der Bevölkerung im Wohnplatz WK-Innenstadt ist mindestens 65 Jahre alt. Knapp 10% sind 80 Jahre und älter. Der Anteil an Kindern unter 15 Jahre ist hingegen relativ niedrig ausgeprägt. Der hohe Anteil älterer Personen hängt insbesondere mit dem hohen Angebot an Pflegeeinrichtungen in dem Wohnplatz zusammen. Zudem wurden in den letzten Jahren viele (hochpreisige) barrierefreie Neubauten errichtet, die mit der Chance eines möglichst langen selbstständigen Lebens im Alter eine entsprechende Klientel in den Wohnplatz lockten. Der Fachkräftemangel im Bereich der Pflege macht sich daher in diesem Wohnplatz besonders deutlich bemerkbar.
  • Durch den beschriebenen Zuzug älterer Personen in den Wohnplatz und das neue hochpreisige Wohnangebot gibt es wenig finanzierbaren Wohnraum für sozial Schwächere. Der hohe Anteil Neuzugewanderter, der sich nach dem Zeitpunkt der Datenerhebung durch neue Zuweisungen noch erhöht hat, verschärft die Konkurrenz um günstigen Wohnraum. 
  • Fast alle Kinder aus dem Wohnplatz zwischen 3 und 6 Jahren werden institutionell betreut. Die Betreuungsquote für diese Altersklasse liegt fast 5 Prozentpunkte über dem Kreismittel. Die Betreuungsquote bei den unter 3-Jährigen liegt hingegen unter dem kommunalen und kreisweiten Vergleichswert.
  • Für Kinder und Jugendliche gibt es neben der Kattwinkelschen Fabrik wenig niedrigschwellige Angebote im Freizeit- und Bildungsbereich. Bei den vorhandenen Angeboten handelt es sich zudem nur um Komm-Strukturen.

     

 

Hier der vollständige Bericht „Motiv Mensch – sozialen Wandel gestalten” als PDF-Datei:

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