Ein Foto erzählt Geschichte
19. August 2003. Das Hamburger Rathaus ist Schauplatz eines Showdowns, wie er in der deutschen Politik noch nie vorkam. Bürgermeister Ole von Beust wirft seinen Innensenator, den Ex-Richter und Populisten Ronald Schill aus dem Amt. Der entert die Pressekonferenz und verkündet vor den verdutzten Journalisten, von Beust pflege ein homosexuelles Verhältnis mit seinem Justizsenator Roger Kusch. Ein Foto dokumentiert das krachende Ende einer “Männerfreundschaft”.
Zum ersten Mal schildert Ole von Beust in einer TV-Dokumentation (Interview: Thomas Schuhbauer), wie es zu dem Foto und dem spektakulären Rauswurf kam – und welches Kalkül der CDU-Politiker damit verbunden hatte, den Rechtspopulisten Schill in die Regierung zu holen. Schill erringt 2001 mit seiner “PRO”-Partei bei der Hamburger Wahl einen Erfolg, der die AfD heute neidisch machen würde: Aus dem Stand 19,4 Prozent.
Was für eine Persönlichkeit ist dieser Schill? Nach dem Rauswurf wird er mit Kokainmissbrauch, Sexabenteuern und peinlichen Auftritten in Reality-Shows von sich reden machen. Vertraute und Parteifreunde wie Dirk Nockemann (damals PRO, heute AfD) sprechen über Schill – immerhin mal oberster Dienstherr der Hamburger Polizei – und seine “Borderline”-Persönlichkeit, seine Sexsucht, seine Unkontrollierbarkeit. Doch war Schill auch rechtsextrem? Und wie passt Schill mit von Beust zusammen, von dem viele wissen, dass er schwul ist?
Im Interview gesteht von Beust ein, dass ein Outing für ihn ein Problem gewesen wäre: “Es gab einmal eine Situation, aber das ist ganz am Anfang meiner politischen Karriere gewesen, dass irgendjemand mal anonym angerufen hat und gesagt, ich habe dich da und da gesehen und dann aufgelegt hat. Das war alles. Und da habe ich schon nasse Hände gekriegt.”
Und tatsächlich will Schill, als es zwischen den beiden kriselt, sogar Polizisten auf das Privatleben des Bürgermeisters ansetzen, wie sein Staatsrat Walter Wellinghausen enthüllt: “‘Er (von Beust) wohnt doch da am Hansaplatz und da sollte man mal Polizeibeamte hinstellen, die was beobachten können. Die auch mal hören sollten, ob Geräusche aus der Wohnung von Herrn von Beust kommen, die man vielleicht auch irgendjemandem zuordnen kann.’ Er (Schill) hatte auch einen bestimmten Verdacht. Und dazu wollte er seine Polizeibeamten, die ihm nahestanden und solche gab es ja auch in seiner Partei, einsetzen.”
“Schill gegen von Beust” erzählt den hanseatischen Politkrimi aus erster Hand. Im Interview u.a.: Ole von Beust, Walter Wellinghausen, Dirk Nockemann, Promi-Wirt Michael Wollenberg, Christian Kersting, damals BILD-Zeitung, und Roger Kusch, der für diesen Film vor der Kamera erstmals über die Affäre spricht.